Unternehmen im Kreis sehen die Frauenquote gelassen. Gefördert werde nach Können und nicht nach Geschlecht

Kreis Segeberg. „Wollen wir doch erst mal schauen, was genau im Gesetzentwurf der Bundesregierung auf uns zu kommt“, sagt Markus Piazza, Sprecher der Jungheinrich AG. Schließlich müsse nun wegen der geplanten Frauenquote nicht die gesamte Führungsetage des weltweit tätigen Unternehmens mit 12.000 Mitarbeitern, davon 1250 in Norderstedt, umgebaut werden. „Wir reden hier von den Aufsichtsräten, zunächst von nicht mehr.“

Jungheinrich ist eines von 108 börsennotierten Unternehmen in Deutschland, für das der vom Koalitionsausschuss der Bundesregierung beschlossene Gesetzesentwurf vorsieht, dass bei der Neuwahl von Aufsichtsräten eine Frauenquote von 30 Prozent in dem Gremium erreicht werden muss. Am 11. Dezember soll der Gesetzentwurf beschlossen werden, ab 2016 soll er verbindlich gelten.

Probleme bei der Umsetzung sieht Piazza nicht. „Wir haben einen zwölf-köpfigen Aufsichtsrat. Derzeit sitzen in ihm zwei Frauen. Von 2016 an werden es vier sein.“ Bei der Besetzung von Aufsichtsräten habe die Qualifikation einen anderen Stellenwert als etwa auf der Managementebene. „Es braucht betriebswirtschaftlichen Sachverstand – mehr nicht“, sagt Piazza. Der Gesetzentwurf der Koalition sieht auch vor, dass sich die börsennotierten Unternehmen Zielvorgaben für die Frauenförderung auf der Managementebene geben sollen. „Wir fördern in unserem Unternehmen alle qualifizierten Mitarbeiter gleichermaßen – egal ob weiblichen oder männlichen Geschlechts“, sagt Piazza. Mit einem konzernweiten Frauenanteil im Personal von 19,6 Prozent liege Jungheinrich im Durchschnitt der Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie.

Ziemlich unverbindlich sind die Vorgaben für Unternehmen in der Größe zwischen 500 und 2000 Mitarbeitern. Sie sollen den Frauenanteil in ihren Führungsetagen selbst festlegen, müssen darüber aber öffentlich Rechenschaft ablegen. Die Regierung erhofft sich einen Effekt durch den dann entstehenden öffentlichen Druck. Johnson & Johnson Medical in Norderstedt ist ein Beispiel für diese Unternehmen. Der Hersteller von Medizinprodukten beschäftigt in Norderstedt noch knapp 2000 Mitarbeiter. „Die Frauenquote bringt bei uns keine große Veränderung“, sagt Unternehmenssprecherin Lisa Steiner. „Es ist aber in unserem ureigenen Interesse, ein möglichst ausgeglichenes Verhältnis von talentierten Frauen und Männern in Führungspositionen anzustreben, weil wir glauben, dass gemischte Teams am erfolgreichsten sind.“ Was die Geschäftsführung in Norderstedt angehe, so sei hier die 30-Prozent-Quote sogar erfüllt. Neben Dominique Boulet und Volker Coy führt mit Karen Puck auch eine Frau die Geschicke des Unternehmens. „Wir setzen uns seit jeher für Chancengleichheit und die Förderung junger Talente ein – ungeachtet des Geschlechts. Dafür bieten wir beispielsweise ein dynamisches Arbeitsumfeld, das die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördert“, sagt Lisa Steiner.

Bei Tesa SE, der Beiersdorf-Tochter, die ab 2015 mit etwa 800 Mitarbeitern an der Niendorfer Straße einer der großen Arbeitgeber in der Stadt sein wird, liegt die Frauenquote über alle Geschäftsbereiche gemessen schon bei 40 Prozent. Die Forderung im Gesetzentwurf, die Frauen im Unternehmen zu fördern, sieht Tesa-Sprecher Reinhart Martin als erfüllt an. „Gerade in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben wir im Unternehmen viele individuelle Lösungen finden können.“ Wenn bei Bewerbern gleiche Qualifikationen vorlägen, dann entscheide sich Tesa gerne für die weibliche Mitarbeiterin. „Doch wir tun uns schwer, Chemikerinnen, Anwendungstechnikerinnen oder Ingenieurinnen für unsere technischen Unternehmensbereiche zu finden. Wenn dort eine Quote eingeführt würde, hätten wir ein Problem“, sagt Martin.

Eine Frauenquote ist bei der AKN kein Thema. „Wir gucken nicht auf die Quote“, sagt Unternehmenssprecherin Christiane Lage. „Für uns ist die Qualifikation ausschlaggebend.“ Das Kaltenkirchener Eisenbahnunternehmen gehört je zur Hälfte den Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein und beschäftigt 290 Mitarbeiter, von denen die meisten männlich sind. In der Führungsebene seien bereits mehrere Frauen vertreten. Die Abteilungen für Vertrieb und Marketing sowie für Recht und Versicherung werden von weiblichen Mitarbeitern geleitet. Mit Christiane Sorgenfrei stehe eine Frau an der Spitze des Aufsichtsrats. Dem neunköpfigen Gremium gehören drei Frauen an.

Im Klinikum Bad Bramstedt ist der Frauenanteil überdurchschnittlich hoch. Für das Klinikum arbeiten 200 Männer und 784 Frauen. Während in technischen Betrieben wie der AKN die Männer in der Mehrheit sind, arbeiten klassischerweise im medizinischen und pflegerischen Bereich überwiegend Frauen. Auch in der Führungsebene nehmen Frauen wichtige Positionen ein. Die Konzerndirektorin ist weiblich.

Popp-Feinkost in Kaltenkirchen gehört zu einer inhabergeführten Gesellschaft in Niedersachsen mit 3000 Mitarbeitern. In der Führungsetage erfüllt das Unternehmen nahezu die politisch gewollte Quote: 28 Prozent der Chefs sind Frauen. Bei der Gesamtbelegschaft liegt der Anteil bei 39 Prozent, betont Popp-Pressesprecher Lars Birkhofen.