Landesverband der Gewerkschaft GdP befragt erstmals ihre Mitglieder und bezeichnet Ergebnisse als „alarmierend“

Bad Bramstedt. Als gut bezeichnet die Gewerkschaft der Polizei (GdP) die Arbeitsbedingungen in den Wache schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Doch seit jetzt gehen die Vertreter der Polizisten einen deutlichen Schritt weiter: Angesichts weiter zunehmender Arbeitsbelastungen spricht der stellvertretende Landesvorsitzende, Torsten Jäger, von einer Gefahr für die innere Sicherheit. Bei einer Umfrage hat die Gewerkschaft Rückmeldungen bekommen, die selbst erfahrene Funktionäre überrascht haben.

Die schlimmste Informationen: Immer häufiger schaffen es die Dienststellen nicht, ihre verbindliche Mindeststärke beim Personal einzuhalten. Dann sind weniger Polizisten im Dienst als vorgeschrieben. „Das hat auch uns erschreckt“, sagte Jäger am Donnerstag bei einer Landeskonferenz der GdP in Bad Bramstedt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Damit unsere Polizei auch zukünftig einsatzfähig bleibt“.

Der Landesverband hat die 3500 Polizisten in Schleswig-Holstein befragt, die im Schichtdienst arbeiten. 650 haben geantwortet und über die stetig wachsenden Belastungen im Dienstalltag geschrieben. „Manche sagen: Schichtdienst bis der Arzt kommt“, berichtet der Landesvorsitzende Manfred Börner. Hier die Ergebnisse im Detail:

55 Prozent halten die Nicht-Planbarkeit der Dienste für belastend. „Manchmal kann man heute nicht sagen, wann man morgen Dienst hat“, sagt Börner.

65 Prozent klagen über eine wachsende Arbeitsverdichtung.

70 Prozent sind mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unzufrieden.

Je nach Art des Schichtdienstes empfinden 70 bis 80 Prozent den Personalmangel als belastend. Manche Schichten sind unterbesetzt. Die Folgen hält Börner für gravierend: Die Anforderungen an den Beamten, der im Dienst ist, steigt. „Sie müssen mehr leisten als sie können“, sagt er. Außerdem werde es für die Polizisten in dieser Situation immer schwieriger, bei steigender Gewaltbereitschaft die eigene Sicherheit zu gewährleisten.

Die Gewerkschafter gehen davon aus, dass die wachsende Belastung im Dienst die Gesundheit der Polizisten gefährde, sie aber trotzdem zur Arbeit gehen. „Die Hälfte der Befragten fühlt sich nicht voll einsatzfähig“, sagt Börner. „Das ist aus unserer Sicht ein Alarmsignal.“

Die Psychologen Hiltraud Grzech-Sukalo kritisiert besonders die wöchentliche Arbeitszeit von 41 Stunden, die im Schichtbetrieb immer wieder zu Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz führe. Die Schichtpläne der Polizei sind ihrer Ansicht nach weder gesundheits- noch sozialverträglich.

Die Psychologen lobte die GdP für die Umfrage und bewertete die Ergebnisse als Einstieg für weitere Untersuchungen und Schlussfolgerungen. Bislang hätten sich die Polizisten daran gewöhnt, die Situation am Arbeitsplatz klaglos hinzunehmen. Sie kritisiert besonders, dass manche Polizisten bis zum Pensionsalter von 62 Jahren im Schichtdienst arbeiten müssen, weil der Nachwuchs bei der Polizei fehle und damit immer weniger junge Leute nachrücken.

Börner sieht nur einen Ausweg aus der Misere: „Es muss Geld in die Hand genommen werden.“ Der Gewerkschafter hält es für zwingend, die Wochenarbeitszeit und die Lebensarbeitszeit zu verkürzen – auch wenn diese Forderung in Zeiten der Schuldenbremse und des allgemeinen Personalabbaus im Land kaum in die politische Landschaft passe. Mit der Schichtarbeit sollte spätestens ab dem 55. Lebensjahr Schluss sein, fordert Manfred Börner und verweist auf die Bundeswehr und Piloten, die ähnliche Regelungen eingeführt haben.

Die Landesregierung fährt jedoch einen entgegengesetzten Kurs. Nach Börners Berechungen fehlen jetzt schon 160 Stellen. Weitere 122 und damit 1,5 Prozent der Belegschaft sollen zusätzlich wegfallen.

„Die Politik bestreitet nicht, dass wir zu wenige sind“, sagt der GdP-Landesvorsitzende. Doch gleichzeitig werde auf die Schuldenbremse verwiesen.