Siegfried Lenz’ Roman „Deutschstunde“ hat auf eine erschreckende Art ihre Aktualität behalten. Noch immer gibt es Menschen, deren einziges Lebensgerüst in der Erfüllung ihrer Pflicht besteht.

Norderstedt. Sogar dann, wenn diese Pflicht Familie, Freundschaften, sogar das eigene Leben zerstört und obendrein auf einem mörderischen Regime basiert.

Regisseur Stefan Zimmermann konnte die Fatalität der Pflichterfüllung mit seinen Schauspielern in der „Deutschstunde“ bestens herausarbeiten. Das Publikum im ausverkauften Kulturwerk erhob sich zum Schluss und applaudierte den Schauspielern dankbar für ihr intensives Spiel. Die wiederum schätzten die direkte Nähe zum Publikum im Norderstedter Kulturwerk.

Peter Schultze lieferte für das Bühnenbild karge Holzbauten, angestoßene Holztische und -stühle, eine Staffelei. Durch die Kraft ihres Spiels und mehr noch durch die Kraft der Worte des Schriftstellers entspann sich ein dichtes Spiel um Freiheit und Pflicht, Freundschaft und Schuld, basierend auf dem Anspruch, das wichtige Thema der Deutschstunde als Mahnung ins Gedächtnis den Publikums zu tragen.

Florian Stohr ist Siggi, der sich in seiner Zelle die Verzweiflung über seinen pflichtbesessenen Nazi-Vater von der Seele schreibt und als Erzähler fungiert. Sukzessive und ruhig, manchmal aufbegehrend, entwickelt Stohr, wie sich der Junge aus diesem Zwang befreit. Max Volkert Martens stellt die innere Not des mit Berufsverbot belegten Malers und dessen Zorn über den Freund intensiv dar, ohne je theatralisch zu werden. Beklemmend steigert Stefan Rehberg als Jepsen die Obsession des Mannes, der nichts hat als seine Pflicht, noch weit über die NS-Zeit hinaus. Nicole Spiekermann zeigt sich in ihrer Doppelrolle als lebendige Ditte Nansen und verbiesterte nazistische Gudrun Jepsen sehr wandlungsfähig.

Diese Deutschstunde ist schon jetzt einer der Höhepunkte dieser Theater-Saison in Norderstedt.