49-jähriger Wahlstedter starb qualvoll nach einem Trinkgelage und nachdem ein Nachbar ihn heftig getreten und geschlagen hatte

Wahlstedt/Kiel. Es handelt sich um eine äußerst brutale und grausame Tat, mit der sich die große Strafkammer des Kieler Landgerichts unter Vorsitz von Richter Jörg Brommann jetzt beschäftigen musste: Freddie B., 53, aus Wahlstedt soll nach einem Trinkgelage in der Wahlstedter Wohnung seines Nachbarn an einem Abend Anfang März 2014 mit diesem zunächst verbal, wie es in der Anklageschrift heißt, aneinandergeraten sein.

Ausgerastet sein soll der Angeklagte dann, als sein Nachbar ihn unsittlich berührt habe. Freddie B. soll seinem Opfer erst die Fäuste ins Gesicht gerammt haben. Als Peter C., 49, zu Boden ging und es wegen einer kurz vor der Tat erfolgten Knieoperation nicht schaffte, wieder aufzustehen, soll der Angeklagte weiter auf sein Opfer eingetreten und geschlagen haben. Peter C. erlitt schwere Verletzungen und diverse Knochenbrüche im Gesichts-, Hals und Brustkorbbereich. Laut Anklage trat der Tod des Mannes durch einen Sauerstoffmangel ein, der unter Umständen nicht verletzungsbedingt, sondern durch die starke Alkoholisierung des Opfers eintrat. Bei dem Toten wurden 4,22 Promille Alkohol festgestellt.

Nach Verlesung der Anklage, die dem Angeklagten Totschlag vorwirft, erklärt der Verteidiger des Angeklagten, dass sein Mandant nicht in der Lage sei, etwas zu der Tat zu sagen. Das Ganze nehme ihn zu sehr mit. Im Wesentlichen erinnere sich der Angeklagte an den Verlauf der Tat, so wie er in der Anklage beschrieben werde. Er habe jedoch zu keiner Zeit die Absicht gehabt, seinen Nachbarn zu töten, betont der Verteidiger des Angeklagten, der sich Tränen aus den Augen wischt. Der kräftig gebaute Mann, der nach dem Besuch einer Sonderschule ohne Abschluss die Schule verließ und jetzt als Gabelstaplerfahrer in einer Behindertenwerkstatt arbeitet, wirkt sichtlich unruhig und angespannt.

Ein besonders detailreiches Bild vom Tatabend ergibt sich aus der Aussage der Polizistin Simone K., 36. Sie hatte den Angeklagten noch in der Tatnacht vernommen. Freddie B. hatte selbst die Polizei und einen Krankenwagen gerufen – jedoch vehement abgestritten, etwas mit dem Tod seines Nachbarn zu tun zu haben.

Blutspuren im Gesicht und an seinen Strümpfen erklärte der Angeklagte damit, dass er an besagtem Abend Anfang März gegen 22 Uhr die Wohnung des Nachbarn verlassen habe und später in einer Kneipe von zwei Rockern angegriffen und getreten worden sei. Als er nach Hause kam, habe er bemerkt, dass die Tür zur Wohnung seines Nachbarn im Haus nebenan offen gestanden und Peter C. leblos auf dem Boden gelegen habe.

An dem Tatabend sei er zu seinem Nachbarn gegangen, um ihm Fleischsalat zu bringen. Dort seien mehrere Personen gewesen und hätten ihm puren Wodka gegeben, was er nicht gewohnt sei. Er habe sich danach sehr betrunken gefühlt, ergänzt der Wahlstedter, bei dem allerdings nur 0,05 Promille Blutalkohol gemessen wurden.

Die Polizistin berichtete, dass der sich in Widersprüche verwickelnde Angeklagte, der nachweislich als Letzter mit dem späteren Opfer zusammen war, schließlich eingeknickt sei und die Tat gestanden habe. Richtig erleichtert habe der Mann gewirkt, als er sich das Geschehene von der Seele geredet habe. Sein Nachbar habe ihn daran hindern wollen, nach Hause zu gehen, sei hinter ihm hergelaufen und habe ihn festgehalten. Er habe ihn dann unsittlich berührt und sei überhaupt ganz verändert gewesen – so habe er ihn zuvor noch nie erlebt. Er habe Peter C. zwar zunächst in dessen Wohnung zurückgeschubst, ihm aber versucht aufzuhelfen, nachdem er gefallen sei.

Warum der Angeklagte dann so extrem ausrastete, ist bisher ungeklärt. Nach seinen Angaben lebte Peter C. noch, als er die Wohnung verließ und röchelnd gefragt habe: „Warum hast du das getan?“

Der Prozess wird fortgesetzt. Ein Sachverständigengutachten soll im Prozessverlauf klären, in welchem Geisteszustand der Angeklagte sich zur Tatzeit befand.