Eine Glosse von Manfred Scholz

Der deutsche Mann liebt seinen Wagen, die Kinder und seine Frau – in dieser Reihenfolge. Nirgendwo weltweit wird dem Auto so viel Liebe, Zärtlichkeit und Interesse entgegengebracht wie bei uns. Ich muss da passen. Ich brauche keine schwere SUV-Karosse, weil ich nie durchs Gelände brettere. Ich lebe auch ohne diese teuren Oberklassenmodelle mit ihrem ganzen Schnickschnack. Die meisten von denen – aber dies bleibt unter uns – sind sowieso noch nicht abgezahlt. Diese rollenden Wunder der Technik geben dem Fahrer Status und Respekt – suggerieren jedenfalls die Hersteller. Brauche ich nicht! Ich hol’ mir mein Selbstwertgefühl woanders. Klar: Das Auto macht uns mobil. Und: Es macht unabhängig von unzufriedenen Lokführern oder Piloten. Auch die Talfahrt der Benzinpreise ist ein Pluspunkt.

Ich hab’ nichts gegen meine Landsleute, die ihr Auto lieben. Sollen sie doch! Ich habe aber etwas gegen den buchstäblichen Überholzwang hierzulande. Es bereitet den Fahrern Seelenqualen, einen Wagen vor sich zu haben, der ihnen die ungebremste Fahrt auf dem Asphalt nimmt. Jeder vor ihrer Kühlerhaube ist ein Spaßkiller! Er demütigt sie! Es wird als vorsätzliche Freiheitsberaubung empfunden. Die Deutsch-Raser müssen einfach überholen! Auf der Autobahn nervt dieser Drängler – auf anderen Straßen ist dieser Überholzwang leichtsinnig bis gefährlich. Denn wer steht bei der nächsten Ampel vor einem? Der Fahrer, der uns vor wenigen Minuten halsbrecherisch überholt hat. Dumm gefahren, Jungs.