Harksheider Gemeinschaftsschüler tragen Tische und Stühle vom alten Gebäude in den 600 Meter entfernten Neubau

Norderstedt. Die Karawane zieht sich über mehrere Hundert Meter an der Straße Am Exerzierplatz entlang: Jungen und Mädchen mit Stühlen und Tischen in den Händen, auf einem Skateboard oder einer Sackkarre – eine ganze Schule zog am gestrigen Donnerstag um. 470 Schüler und 39 Lehrer der Gemeinschaftsschule Harksheide legten persönlich Hand an, um das Inventar vom alten ins neue Schulgebäude zu transportieren. 600 Meter mussten die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen zwischen dem Altbau an der Straße Fadens Tannen und dem neuen Komplex zurücklegen.

„Wir haben den Umzug bewusst so gestaltet, dass die Kinder aktiv mithelfen müssen. So können sie ganz bewusst von ihrer neuen Schule Besitz ergreifen“, sagte Schulleiterin Barbara Schirrmacher, die froh ist, dass Schüler und Lehrer nun endlich das neue Gebäude beziehen können. Das ist eine Mixtur aus der ehemaligen Hauptschule Falkenberg, die modernisiert wurde, und Anbauten.

Der Ortswechsel musste zweimal verschoben werden, im Vorjahr stoppte ein Feuer das Projekt. Der Brand, der nach den Ermittlungen der Kripo bei Dachdeckerarbeiten im sanierten Altbau der ehemaligen Hauptschule ausbrach, dehnte sich rasend schnell aus. Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote spracht von einem Millionenschaden. Teile des Daches und Zwischendecken waren eingestürzt, der Trakt war vollständig verrußt und stand unter Wasser. Sachverständige ermittelten, um Gutachten für die Versicherungen zu fertigen, der Bau stand über Monate still. Dabei wollten Schüler, Lehrer und Eltern im Oktober die Eröffnung der neuen Gemeinschaftsschule Harksheide feiern.

Zwar hatte die Verwaltung zugesagt, dass die letzten Handwerker am 31. Oktober verschwunden sein sollen, doch dieser Termin konnte nicht gehalten werden. Noch sind Restarbeiten zu erledigen, sind Maler im Gebäude, müssen die Geländer fixiert werden. Gerüste versperren den Blick auf die Fassade, ein Container, mit Schutt beladen, steht auf dem Vorplatz, auch der Schulhof ist noch nicht fertig. „Wir hätten uns gewünscht, dass die Stadt ihre Zusage eingehalten hätte. Nun müssen wir damit leben, dass der Unterrichtsbetrieb immer mal wieder gestört wird“, sagt die Schulleiterin.

Dennoch überwiege die Freude über die schmucken neuen Räume. Kollegium wie Schüler seien erleichtert, dass die Enge im bisherigen Gebäude nun der Vergangenheit angehöre – die Schüler mussten phasenweise auf den Fluren und in Containern lernen, die Mensa war ein Provisorium.

Rund zwölf Millionen Euro hat die Stadt in den Neu- und Umbau investiert, energetische Sanierung inklusive. Entstanden ist ein Neubau mit viel Glas und deutlich mehr Platz als bisher. „Es ist toll, dass die Scheiben bis zum Fußboden reichen“, sagt Niklas Heitmann, 14. Das bringe nicht nur viel Licht in die Klassenräume, man können auch sehen, was draußen passiert und von draußen in die Klassen gucken. Die Flure sind breiter, Herzstück ist das Forum mit großer Bühne, das, wie Barbara Schirrmacher sagt, ausreichend Platz für größere Veranstaltungen biete.

Direkt an den Klassenräumen kleben die kleineren Differenzierungsräume, in denen Schüler individuell gefördert und gefordert werden können und sollen – die Differenzierung ist ein Kernstück des gemeinsamen Lernens in den Gemeinschaftsschulen. „Optimal wäre für jede Klasse ein Differenzierungsraum, oder doch zumindest ein solcher Rückzugsraum für zwei Klassen, das war aber baulich und finanziell nicht zu realisieren“, sagt die Schulleiterin. Im neuen Schulkomplex gibt es acht Differenzierungsräume für 19 Klassen. Alle Unterrichtsräume sind mit Active Boards ausgestattet, Kreide und Tafel sind Geschichte. Der PC macht den Lernstoff anschaulich.

Die Türen zu den Klassenräumen sind zwar nicht schusssicher, aber speziell gesichert, sodass Amokläufer nicht hineinkommen. Die Türen lassen sich nur per Transponder öffnen. Ein Blick durch die schmale Scheibe neben der Tür verrät, wer draußen steht. Die drei Naturwissenschaftsräume liegen jetzt direkt nebeneinander, was Barbara Schirrmacher als weiteren Vorteil des neuen Gebäudes sieht. Sport treiben die Schüler in der Dreifeldhalle der ehemaligen Hauptschule und einer der beiden kleineren Turnhallen am bisherigen Standort. Die andere wird die Grundschule Falkenberg nutzen.