In unserer Serie „Sattelfest“ stelle wir Ihnen heute den Reitstall Klingenberg im Norderstedter Stadtteil Friedrichsgabe vor

Es ist eine Stunde nach Mitternacht. Jürgen Klingenberg, 57, Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Friedrichsgabe, schläft tief und fest. Plötzlich piept der Funkmeldeempfänger auf dem Nachttisch.

Die Leitstelle „Holstein“ an der Stormarnstraße, immer rund um die Uhr mit zwei, drei Feuerwehrmännern besetzt, meldet sich. Auf dem Gelände des Schulzentrums Nord brennen Müllcontainer, zeigt das Display an.

Mit einem Satz ist Klingenberg aus dem Bett und streift seine Feuerwehruniform über. Wenige Minuten später hat er die Zufahrt zur Moorbekhalle, in der Container brennen, erreicht und erteilt Anweisungen. Innerhalb kurzer Zeit haben seine Feuerwehrmänner die Kunststoffcontainer gelöscht. Die Beamten der Kriminalpolizei Norderstedt ermitteln und glauben, dass Brandstifter am Werk waren.

Kurz nach 2 Uhr ist der Einsatz beendet. Jürgen Klingenberg nimmt die Daten für das Protokoll auf und kehrt auf seinen Hof an der Quickborner Straße zurück. Gleich wieder einschlafen kann er nicht: „Man liegt im Bett und denkt noch einige Zeit an den Einsatz zurück“, sagt der Wehrführer am nächsten Tag.

Der kündigt sich bereits wenig später an: Um 5 Uhr klingelt wie an jedem Morgen der Wecker, um 6 Uhr beginnt der Zehn-Stunden-Alltag im Leben des Reitstallbesitzers Jürgen Klingenberg.

„Ich sehe mich nicht als klassischen Landwirt, eher als Alleinunterhalter auf dem Hof“, sagt er. Er bringt die Pferde auf die Weiden, mistet die 20 – immer belegten – Boxen aus und streut sie ein. Alles allein. Er fegt die Stallgassen sauber und bereitet Heu und Kraftfutter vor. Abends holt er die Pferde von der Weide. Im Sommer, wenn es länger hell ist, bleiben sie bis 22 Uhr draußen.

Auf dem Gelände des Reitstalls, sagt Jürgen Klingenberg, sollen sich die Pferde seiner Einsteller wohlfühlen. Das tun sie auch – zum Beispiel in einem der drei Paddocks oder im Solarium. Durch die Infrarotstrahlung findet eine bessere Durchblutung der Muskeln statt. Auch wird die Milchsäure in den Muskeln schneller abgebaut.

Manche Besitzer haben ihr Pferde schon 20 Jahre auf Hof Klingenberg untergestellt. Lkw-Fahrer Steffen Sahling aus Friedrichsgabe ist seit zehn Jahren dabei. Jeden Tag besucht er seinen treuen Hannoveraner Wallach Samson, er hegt und pflegt ihn. Und wenn er mit dem Lkw auf Dienstfahrt ist, schauen seine Eltern nach dem Tier. Das hat sich seit Jahren so eingespielt.

Samson ist schon 33 Jahre alt und noch bei guter Gesundheit. „Zu meinem Pferd habe ich eine starke Beziehung aufgebaut“, sagt Sahling. „Niemals würde ich auf die Idee kommen, ihn einschläfern zu lassen. Er soll es bis ans Lebensende gut haben.“ Samson ist einer von sechs „Rentnern“, die im Reitstall Klingenberg ihr Gnadenbrot erhalten.

Jürgen Klingenberg ist nur noch Freizeitreiter. Früher, als junger Mann, hat er an ländlichen Springturnieren teilgenommen. Erfolgreich war er auch, davon zeugen die vielen Schleifen, die in der kleinen gemütlichen Reitstube an den Wänden hängen. Hier haben Freunde, Bekannte und Einsteller schon manche zünftige Party gefeiert. Hier liegen auch die Zeitpläne mit den Terminen der auswärtigen Reitlehrer, die regelmäßig zum Unterricht nach Friedrichsgabe kommen – entweder trainieren sie ihre Schüler auf dem Springplatz oder in der großen Reithalle.

Wäre es nach dem Willen seiner Eltern und Großeltern gegangen – Jürgen Klingenberg hätte die von seinem Großvater und Ex-Bürgermeister Hermann Klingenberg gegründete Kokosweberei fortgeführt. Der Familienbetrieb an der oberen Ulzburger Straße beschäftigte in den 50er- und 60er-Jahren zeitweise bis zu 100 Mitarbeiter. An eigenen Webstühlen wurden Fußmatten in Riesenstückzahlen produziert – auch für Länder wie China und Indien.

Der Enkelsohn, der jahrelang als Kfz-Schlosser bei Mercedes-Benz an der Kollaustraße in Hamburg arbeitete, hatte schon früh seine Liebe zu den Pferden entdeckt. 1986 pachtete er 22 Hektar Land von Rinderzüchter Klaus Möller, einem guten Freund seines Vaters, und fing mit zehn Pferden an. Schnell sprach sich herum, dass Klingenberg es gut mit den Vierbeinern meint. Die Boxen in seinen Ställen sind immer voll belegt. „Der Hof und die Pferde sind für mich wie eine grüne Oase“, sagt Klingenberg. „Ich schaue nicht auf die Uhr, ich bin flexibel und sorge dafür, dass im Reitstall immer gute Stimmung herrscht. Wenn man mit Tieren zu tun hat, muss man jeden Tag für sie da sein und sie gut versorgen. Diesen Job möchte ich solange ausüben, bis ich selber Rentner bin. Pferde und Feuerwehr – das passt gut zusammen.“

Am nächsten Montag stellen wir in der Serie „Sattelfest“ den Reitstall Diana in Norderstedt vor.