Der Käse-Markthändler Jens M. aus Tangstedt verkaufte Zugekauftes als Hausgemachtes auf Märkten in der Region

Norderstedt . Wenn es mal ein besonderer Käse sein soll, dann geht der Kunde zum Käsehändler auf dem Wochenmarkt. Denn da ist manches hausgemacht. Genau damit hat der Käse- Markthändler Jens M., 60, aus Tangstedt über Jahre auf Wochenmärkten im Kreis Segeberg und in Hamburg auf dem Fischmarkt geworben. Vor dem Amtsgericht Norderstedt stellte sich nun heraus, dass dies in vielen Fällen gelogen war.

Fest steht nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft, dass der gelernte Molkereifachmann im Zeitraum von 2008 bis 2012 von seinem mobilen Verkaufsstand aus Käseprodukte verkaufte, die er als „hausgemacht“ oder „selbstgemacht“ bezeichnete, obwohl er außer einer Sorte Frischkäse die gesamte Ware auf Großmärkten erwarb, aus der Originalverpackung löste, etwaige Stempel des Herstellers entfernte und zu teilweise völlig überhöhten Preisen an seine Kunden verkaufte.

Laut Anklage gab der Käsehändler seinen angeblich selbst hergestellten Käsesorten neue Namen. So wurde aus einem angekauften Havarti ein „Kaltenkirchener Tilsitter“, aus einem in Wirklichkeit aus Bayern stammenden Wildblumenkäse wurde der „Torfkäse“ und so der Anschein erweckt, er stamme aus der eigenen Käserei in Tangstedt. Bei einer Razzia im April 2012 auf dem Hof des Angeklagten fand das Gesundheitsamt außerdem einige Käsesorten, die gesundheitsbedenkliche Schimmelspuren aufwiesen.

Jens M. ist vor dem Amtsgericht Norderstedt erst zu einer Aussage bereit, nachdem mit Richter Jan Willem Buchert eine Verständigung im Strafverfahren, ein sogenannter Deal, ausgehandelt wurde. Amtsrichter Buchert stellte dem Käsehändler für den Fall eines Geständnisses eine Geldstrafe von nicht mehr als 120 Tagessätzen in Aussicht.

Das Geständnis des Angeklagten fällt dann allerdings halbherzig aus. Jens M. gibt sich reuig, sagt, es tue ihm leid, dass er den Eindruck erweckt habe, den Käse selbst hergestellt zu haben. Der Käse sei schließlich in einer kleinen Meierei produziert worden, und so habe er angenommen, ihn als hausgemacht bezeichnen zu dürfen. Der Angeklagte gibt zu, die Originalverpackungen der aufgekauften Käse entfernt zu haben, was ohnehin nötig gewesen sei, denn er habe den Käse lagern und weiter reifen lassen und ihn dann überwiegend als Schnittkäse verkauft.

Vielleicht wäre der Betrug des Käsehändlers gegenüber seinen Kunden nie aufgefallen, wenn sich Jens M. nicht irgendwann mit einem seiner Mitarbeiter überworfen hätte. Er kündigte dem Mann, und der rächte sich mit einer Anzeige bei der Polizei. Vor Gericht werden mehrere ehemalige Mitarbeiter des Angeklagten als Zeugen befragt. Sie alle bestätigen das Entfernen der Verpackungen und die Umbenennung der Käsesorten. Fragen der qualitätsbewussten Kunden, ob man die Käserei von Jens M. besichtigen könne, sei der Chef immer gekonnt ausgewichen, sagten seine Mitarbeiter aus. Besonders detaillierte Angaben dazu machte der gekündigte Mitarbeiter, der die Anklage ins Rollen gebracht hatte.

Auch die ehemalige Ehefrau des Angeklagten wird vor dem Amtsgericht gehört. Sie zeigte sich noch immer schockiert vom sozialen Abstieg ihres Mannes. Jens M. hatte sie 2011 kennengelernt. Anfang 2012 war die Frau zu dem Angeklagten gezogen und musste nach kurzer Zeit erkennen, dass ihr neuer Mann völlig pleite war. Man habe sich von Tag zu Tag gehangelt, immer am Rande des Existenzminimums, berichtete die Zeugin.

Der nächste Schock folgte, als im April 2012 plötzlich Staatsanwaltschaft, Polizei und Gesundheitsamt vor der Tür standen und alles durchsuchten und durchwühlten, so die Ex-Frau. Die Polizei habe sogar ihren privaten Laptop beschlagnahmt. Dabei habe sie keine Ahnung von den Täuschungen ihres Mannes gehabt. Kurz nach der Razzia hatte sie sich von dem Angeklagten wieder getrennt.

Jens M. befindet sich seit Ende letzten Jahres in Privatinsolvenz, musste seinen Hof verkaufen und lebt dort zur Miete. Den Käseverkauf betreibt er weiterhin, lässt aber die Bezeichnung selbstgemacht weg und verfügt über so wenig Einkommen, dass er sich nicht einmal eine Krankenversicherung leisten kann.

Wegen Verstoßes gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, das irreführende Bezeichnungen von Lebensmitteln verbietet, wird der Angeklagte zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 10 Euro, also einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt, die er in Raten zu monatlich 50 Euro abstottern darf.

Die Umbenennung des Käses sei noch legal gewesen, so Richter Buchert, aber den Eindruck der eigenen Herstellung zu erwecken, um höhere Preise zu erzielen, sei eine bewusste Irreführung der Kunden gewesen.