Die Hot Rods von Wenckstern sind mittlerweile weltweit unterwegs. Die Firma gewann jetzt den Idee-voraus-Preis

Norderstedt. „Wir haben es nur mit lächelnden Leuten zu tun. Da ist es doch klar, dass die Arbeit Spaß macht“, sagen Maik Wenckstern und Jan Rüchel. Die beiden stellen her, was den Menschen die Freude ins Gesicht zaubert: Hot Rods von Wenckstern. So heißen die Mini-Flitzer, die in einer Norderstedter Werkstatt zusammengeschraubt werden. Ganz individuell, mal mit grünen Flammen an der Schnauze des weißen Chassis, mal ganz in Schwarz mit Ledersitzen, mal als Pick-up mit Ladefläche, mal mit Rallyestreifen als Klein-Rennwagen.

Keine Exoten, sondern straßentaugliche Fahrzeuge, die inzwischen in vielen Städten als touristische Attraktion die Blicke auf sich lenken. Die Hot Rods laden ein zu einer ganz besonderen Stadtrundfahrt, ein Begriff, den die Norderstedter Autobaumeister allerdings nicht besonders schätzen. Sie sprechen lieber von Erlebnistour, die die Fahrer in Hamburg per Durchsage im Helm nicht nur an ungewöhnliche Punkte wie den Schuppen 51 bringt. „Uns geht es hauptsächlich um den Fahrspaß“, sagen Rüchel und Wenckstern, die das Unternehmen mit zehn Mitarbeitern leiten.

Mit ihren Mini-Flitzern haben Büchel und Wenckstern jetzt gleich zwei Preise abgeräumt: den Tourismus-Preis 2014 des ADAC und den Idee-voraus-Preis von Norderstedt Marketing. Der Marketingverein vergibt die Auszeichnung seit 2009 jährlich an Unternehmen, die innovative Projekte oder Produkte entwickelt haben. Die Wenckstern-Chefs nahmen den Preis, der mit einem Medienpaket im Wert von 10.000 Euro verbunden ist, beim Abend der Norderstedter Wirtschaft entgegen.

Wer in den 2,10 Meter langen und nur 81 Zentimeter hohen Flitzer steigt, denkt, er sitzt wie im Gokart direkt auf der Straße, spürt jedes Schlagloch, genießt aber auch das ganz spezielle Fahrgefühl: Der Viertakter mit seinen 13,6 PS röhrt und knattert, der 100-Kilo-Zwerg kann es beim Start an der Ampel durchaus mit den großen Brüdern aufnehmen, schafft in der Spitze immerhin 88 km/h, und das mit einem Schwergewicht von 150 Kilo an Bord. „Wir sind mit den Hot Rods auch auf der Autobahn unterwegs“, sagt Rüchel, eher der Techniker im Führungs-Duo, das geschäftlich zweigleisig auf der Überholspur unterwegs ist.

Da sind zum einen die Touristen-Flitzer an den Vermietstationen, die Wenckstern von Partnern betreiben lässt. „Die suchen wir nicht danach aus, ob sie gute Kaufleute sind. Wichtig ist für uns die Liebe zum Fahrzeug, die Vermieter müssen Benzin im Blut haben“, sagt der 49 Jahre alte Rüchel. So wie er und sein Kompagnon. Wenckstern, 52, hat schon als Vierjähriger bei seinem Vater hinten auf dem Motorrad gesessen, ist wie Rüchel bekennender Biker, Schrauber und Autodidakt. Da liegt ein technischer Beruf nahe. Er sei Florist, sagt er, grinst: „und Finanzwirt“. Aha, der Mann fürs Kaufmännische also.

Im Mai 2013 starteten die City-Flitzer in Hamburg zu den ersten Erlebnistouren, und dann wollten sie alle haben, denn jeder, der einen Führerschein hat, kann sich hinters Lenkrad setzen: Flensburg, Berlin, Dresden, Frankfurt, Koblenz, Konstanz, München, Salzburg und Mallorca – die Manufaktur liefert europaweit. Immer mindestens zwölf Hot Rods pro Vermietstation. 2015 wollen die beiden Manufaktur-Chefs Stationen in Hannover, Düsseldorf, Essen und Goslar, auf Gran Canaria und auf Sylt eröffnen, Kapstadt und Sydney stehen auch auf dem Programm.

Das zweite Standbein ist die individuelle Fertigung. Wer Aufsehen erregen will, bestellt sich seinen ganz persönlichen Wenckstern, in Grün, Weiß oder Rot, mit oder ohne Sonderlackierung, als Showmodell oder mit Sportauspuff und speziellem Kühlergrill. „Wir produzieren exklusiver als Ferrari“, sagen die Unternehmer, die sichtlich Spaß am florierenden Nischengeschäft haben, die Bodenhaftung aber nicht verlieren, wie sie betonen. Insgesamt rollen schon 250 Hot Rods von Wenckstern über die Straßen. Wer sich für eins der rasanten Mini-Autos zum Einstiegspreis von 14.500 Euro entscheidet, kauft die Garantie aufzufallen gleich mit. Und das ist ja manchmal gewollt, so sind die Rods genauso begehrt für Werbeauftritte wie für Junggesellen-Abschiede.

Die eigenen Erlebnisse füllen locker ein Buch, sagen Rüchel und Wenckstern. Das wollen sie vielleicht auch mal schreiben, wenn sie Zeit haben. Doch die fehlt, die Nachfrage wächst, und doch: Ein paar Anekdoten müssen sein. Wie die vom Mittvierziger, der mit seiner Frau auf Einkaufstour war, und Rüchel in dessen Hot Rod solange verfolgt hat, bis der ihm an einer roten Ampel einen Flyer in die Hand drücken konnte. „Der wollte unbedingt ein solches Fahrzeug haben“, sagt Rüchel. Oder der Busfahrer, der drei Grünphasen ignorierte und Rüchel seelenruhig ausfragte, obwohl der Bus voll war.

Doch bis die schnellen Seifenkisten auf die Straße durften, dauerte es. 2009 wurde die Idee geboren – ein Rasenmäher hat Pate gestanden, einer auf dem man sitzen und durch den Garten sausen kann. Er habe gewettet, dass er „so was“ auch für die Straße zugelassen bekomme. Ein mehrjähriger Prozess begann. Material, Form, Antrieb, Motor, viele Fragezeichen und ein TÜV-Mann, der nicht gleich den Kopf geschüttelt und sie vom Hof gejagt, sondern das Projekt intensiv unterstützt habe.

„Die Zulassung für ein einzelnes Fahrzeug zu bekommen, ist schon nicht ganz leicht, aber wir wollten eine Kleinserie fertigen, und da sind die Anforderungen nochmals höher“, sagt Wenckstern. Glasfaserverstärkter Kunststoff war das Material der Wahl für die Außenhaut, leicht, splitterfest, stabil, aber auch flexibel. Die Karosserien entstehen gleich gegenüber, „Das Blechwerk“ liefert die Chassis. Auch die Motoren stammen aus Fremdproduktion wie die Rahmen – bisher, denn: „Gerade haben wir das Zertifikat für unseren ersten eigenen Rahmen bekommen“, sagt Wenckstern. Die Technische Universität in Osnabrück hat ihr Okay gegeben. „Die Tests waren wie eine Operation auf einer Intensivstation, an jeder Ecke ein Kabel“, sagt Rüchel. Nun tüfteln er und sein Partner an einer Elektro-Version der Hot Rods.