... mit Wolfgang Schultz vom Sether Menüservice. Er und seine Mitarbeiter sorgen dafür, dass Kindergartenkinder und Senioren jeden Tag etwas Warmes zu essen bekommen

Im ehemaligen Hotel Fürstenhof an der Sether Hauptstraße geht es geschäftig zu. Frauen und Männer laufen durcheinander. Jeder weiß, was er zu tun hat. Die einen kochen, die anderen bereiten sich für die Auslieferung vor. Mit neun Touren geht Essen von hier aus in alle Richtungen auf die Reise: Nach Norderstedt ebenso wie nach Wahlstedt, Ellerau und Pinneberg. Eine Tour geht gar nach Rendsburg. In der Küche brutzeln die letzten Frikadellen des heutigen Tages. Dazu gibt es Kartoffeln, Soße und Gemüse.

Als alles gar ist, wird es sorgsam in große Metallbehälter gefüllt und schnell in Thermoboxen abgepackt, die es zwei Stunden lang warmhalten. Das Essen muss bei den Kindergärten, Schulen und Altenheimen noch mindestens 65 Grad warm sein. „Das schaffen wir immer, wir erreichen oftmals 70 Grad“, sagt Wolfgang Schultz. Er hat mit Partner Michael Krause das Unternehmen im vergangenen Jahr gegründet und wird heute die Tour nach Norderstedt fahren. Neben drei Thermoboxen aus Styropor für zwei Kindergärten braucht es auch noch einige der kleinen Wärmeboxen für die Privatkunden. Die meisten haben heute aus den vier Menüs des Tages die Frikadellen gewählt. Hausgemacht mit Kartoffeln, Soße und Sommergemüse.

Ob Altenheim oder Kindergarten: Das Essen muss pünktlich geliefert werden

Zurück in die Küche: Damit die Behälter befüllt werden können, stellt Angelika Krause die Boxen auf die Arbeitsfläche. Die Beilagen werden eingefüllt, schließlich packt Koch Vitali Schumann die Frikadellen dazu. Blitzschnell füllt er je zwei Stück in die Porzellanbehälter. Angelika Krause schließt sofort den roten Deckel und dann die Box. Auch die Privatkunden wollen warm essen. Frisch gekocht, versteht sich und spätestens um 12.30 Uhr. Während große Anbieter von „Essen auf Rädern“ mehrere Zehntausend Gerichte täglich auslieferten und dabei gar nicht so frisch seien könnten wie die Sether, kochen und liefern sie „just in time“. „Das ist wie in der Autoindustrie“, sagt Schultz über sein „Nischenprodukt“.

Als seine Essen fertig sind, muss er sich beeilen. Gekonnt verstaut er die drei große Boxen für zwei Kindergärten, das frische Obst als Nachtisch und die kleineren Boxen für die Privatkunden im grünen Renault-Kombi. Bei einer Vollbremsung sei ihm einmal die Vanillesoße durchs Auto geschwappt, erzählt Schultz. Ansonsten sei zum Glück noch nicht so viel passiert, das Essen immer angekommen. Meist klappt das auch pünktlich, stellt er fest. Wenn nicht, dann sei das nicht die Schuld des Menüservices. Zum Beispiel beim Stromausfall eines Morgens in der Küche. Alle Essen kamen später, erinnert sich Schultz. „Im Altenheim war ich um 13.15 Uhr, ich habe gedacht, die lynchen mich.“ Schließlich erwarteten gerade die Alten pünktlich ihre Mahlzeit. Auch in den Krippen müssen die Fahrer genaue Zeiten einhalten, denn wenn das Essen zu spät kommt, schlafen die ersten Kinder schon.

Von den Mitarbeitern werden oft „individuelle“ Lösungen erwartet

Der Chef kennt jede der neun Routen, weiß um die besten Abkürzungen und hat sich auch besondere Lösungen einfallen lassen. Eine wartet bereits bei der ersten Lieferadresse in Itzstedt. Vor der Tür steht ein kleiner Tisch mit der Box vom Vortag. Schultz tauscht aus und erklärt: „Wenn ich klingeln würde, müsste ich lange warten. Die Kundin ist langsam zu Fuß und kann sich kaum bücken. Da habe ich ihr vorgeschlagen, den Tisch hinzustellen.“

Bei der nächsten Adresse gleich um die Ecke muss er aufpassen. Die Bundesstraße 432 ist viel befahren. „Das ist gefährlich hier“, sagt er, als er die frischen Frikadellen an die Tochter der Kundin ausgehändigt hat – auch so eine individuelle Lösung. „Viele der alten Leute bekommen nicht mehr viel mit“, erklärt er und hat zur Illustration auch gleich eine weitere Geschichte auf Lager: „Letztens hat mich ein älterer Herr um halb zehn am Abend angerufen und sich beschwert, dass er kein Essen bekommen hat.“ Als er der Beschwerde nachging, wurde klar: Das stimmt nicht. „Der Mann ist dement, er hat keinerlei Zeitempfinden mehr.“ Eine andere Kundin beschwerte sich, weil das Essen kalt gewesen sei – sie hatte es vergessen und erst am nächsten Morgen gegessen. „Damit umzugehen ist schwierig“, sagt Schultz.

Einige Minuten, nachdem der Kindergarten in Kayhude sein Essen bekommen hat, stellt Schultz seinen Wagen in Glashütte ab. Hier wohnt die Kundin im Vorderhaus. Die alte Dame sitzt auf dem Sofa und schaut teilnahmslos nach draußen. Schultz grüßt sie durchs Fenster, eine Antwort bekommt er nicht. „Wenn wir bei ihr klingeln würden, wäre sie ganz verwirrt“, sagt er. „Es ist gut, wenn sich die Angehörigen darum kümmern.“ Die wohnen im Hinterhaus, hier stellt Schultz das Essen ab. Auf dem Weg zum nächsten Kunden bekommt er einen Anruf. Ein Fahrer hat ein Essen vergessen. Schultz regelt das. So ein Fall dürfe nicht passieren, kommt aber immer mal wieder vor, sagt er. Dann klingelt es wieder. Der Kartoffelbauer aus Wakendorf I ist dran und meldet die nächste Lieferung. „Bei mir laufen die Fäden zusammen“, sagt Schultz. Er müsse aber nichts aufschreiben. „Ich habe ein phänomenales Gedächtnis.“ Erst im heimischen Büro in Hamburg-Poppenbüttel sortiert er die Gedanken, schreibt alles auf und organisiert dann, was eben so alles zu organisieren ist.

Die Kunden können in der Woche zwischen vier Gerichten auswählen

Zum Beispiel die Menüs: Sie werden auf Grundlage der Vorschläge der Köche etwa drei Wochen im Voraus geplant. Die Zutaten bestellt Schultz bei den Lieferanten, außerdem akquiriert er neue Kunden. „Wir vereinbaren dann ein kostenloses Probeessen zu einem günstigen Preis.“ Bisher habe er bei den Institutionen immer Erfolg gehabt, auch die Privatkunden sind ihm und seinem Team treu und bekommen sieben Tage die Woche ihre Mahlzeit frisch angeliefert. Und manchmal werden Sonderwünsche erfüllt – wie beim nächsten Kunden in Harksheide. Er hatte sich zu Weihnachten einen Lammschulterbraten gewünscht. „Das haben wir zum Extrapreis möglich gemacht.“

Normalerweise wählen die Kunden von Montag bis Freitag aus vier Gerichten, am Wochenende sind es zwei. Wie die Privatleute wählen auch die Institutionen ein bis zwei Gerichte im Voraus. Heute werden in Harksheide am Regenbogen-Kindergarten Frikadellen gegessen. Schultz fährt an der Grundschule Harkshörn vorbei direkt vor die Tür, nimmt die Wärmebox heraus und bringt sie zusammen mit den Äpfeln als Nachtisch hinein. In der Küche warten elektrische Wärmebehälter auf das Essen. Normalerweise mit Wasser gefüllt, heute nicht. „Kein Problem, das mache ich schnell rein“, sagt Schultz. Dann nimmt er die alten Gefäße mit und ist schnell wieder im Auto.

Dort stapeln sich die leeren Boxen mit Geschirr, das die Kunden oft schon abwaschen. „Wir müssen das aber ohnehin noch einmal mit der Maschine spülen“, erklärt Schultz auf dem Weg zur nächsten Kundin. Sie lebt in einem seniorengerechten Wohnblock in Norderstedt-Mitte. „Für mich wäre das nichts“, sagt er. Oft sind hier die Fahrer des Menüservice der einzige Außenkontakt der Kunden. Er kenne gerade die Privatleute mittlerweile gut, auch wenn selten Zeit für ein Gespräch bleibt.

Wolfgang Schultz hat noch einiges zu tun, das Ausfahren ist für ihn der entspannteste Teil des Tages. „Ich mache alles, was gemacht werden muss“, sagt er. Im Notfall schält er auch Kartoffeln, und einmal stand er mit seinem Partner gar in der Küche. Auch aus eigener Erfahrung weiß also, welche Leistung die Köche erbringen.

Als Wolfgang Schultz gegen ein Uhr wieder am Firmensitz ankommt, bereiten sie schon den kommenden Tag vor. „Unsere Küche muss sich jeden Tag neu beweisen“, sagt Schultz. Auch am nächsten Tag wollen wieder viele jungen und alte Menschen satt werden – die genaue Zahl der Abnehmer bleibt Betriebsgeheimnis.