Eine Glosse von Manfred Scholz

Bei Geburtstagen und den üblichen Feiertagen haben wir ein volles Haus. Dann versammelt sich die Familienrunde bei uns am langen Küchentisch. Ab sofort gilt dabei eine strenge Regel: Alle Apparate aus! Das hat einen guten Grund. Früher wurde am Tisch nach Herzenslust gelacht und geredet. Bei den letzten Treffen wurde es immer stiller am Tisch: Keiner schaute nach oben, alle starrten auf ihre Smartphones. Der Familiennachwuchs war einfach in den Untiefen der sozialen Netzwerke abgetaucht. Bis mir endgültig der Kragen platzte.

Als älteres Semester habe ich Facebook, WLAN, Smartphone und so weiter erst mühsam lernen müssen – inklusive einiger Katastrophen. Darüber hat sich unser Nachwuchs schlapp gelacht. Die nächste Generation hat das ganze Getippe nämlich spielend leicht gelernt. Jetzt rege ich mich auf, dass sich die Jungen zum Sklaven der sozialen Netzwerke machen. Die Jungen hat es voll erwischt. In der Altersgruppe zwischen 14 und 29 Jahren greift über die Hälfte in jeder freien Minute zum technischen Spielzeug. Das hat der zuständige Bundesverband kürzlich in einer repräsentativen Studie festgestellt. Wegen der sogenannten Handysucht haben Psychologen längst Alarm geschlagen. Was meinte einst Kurt Tucholsky? „Was wäre der Mensch ohne Telefon? Ein armes Luder. Was ist er aber mit Telefon? Ein armes Luder“.

Wehret den Anfängen! Deshalb habe ich zu Haus einen guten alten Bekannten wieder ins Gespräch gebracht. Jahrelang stand unser abgewetzter Spielekoffer vergessen in der Ecke. Als ich ihn auf den Tisch stellte, erinnerte sich der Nachwuchs an die schönen Spielabende aus Kindertagen. Anfangs ungläubiges Staunen! Grummelnd willigten die Jungen den Brettspielen zu. Und heute? Da gibt es bei uns wieder bewegte Duelle bei Dame, Halma oder Mühle. Seit Kurzem spielen wir sogar kleine Turniere aus. Da geht es hoch her! Beim spielerischen Kräftemessen hat der Nachwuchs sogar das Posten und Twittern vergessen.