In Norderstedt gibt es jetzt eine Musterwohnung, die Kunden zeigt, wie gut es sich mit sauberer Luft lebt

Norderstedt . Raumgesundes Wohnen, das klingt komisch und Rainer Jarck weiß das auch. Raumgesundheit will er mit seinem Geschäftspartner Jobst Nagel herstellen; um ihre Firma Greenday zu bewerben, haben sie sich das Wort extra ausgedacht. Ihr Ziel: Wohnungen und Häuser einzurichten, in denen keine Schadstoffe verbaut sind. Helfen wollen sie damit den Menschen, die unter Allergien, Asthma oder ähnlichen Beschwerden leiden. Denn häufig ist daran die schlechte Luft in der Wohnung Schuld. „Unser Körper kann nur mit einer bestimmten Menge an Schadstoffen umgehen“, sagt Rainer Jarck, „sind es zu viele, kommen die Beschwerden.“ Es habe schon immer viele Menschen gegeben, die wegen schlechter Luft krank werden. Zunehmend werde das dank besserer Technologien auch von den Ärzten festgestellt, so Jarck.

In Norderstedt haben Jarck und Nagel jetzt ihre erste Musterwohnung eröffnet. An der Ulzburger Straße 151 wollen sie potenziellen Kunden künftig zeigen, wie gut es sich mit sauberer Luft leben lässt. 70 Quadratmeter hat die Wohnung; in Schlaf-, Wohn- und Badezimmer sind nur Materialen verbaut, die möglichst keine Weichmacher und Lösemittel enthalten. Der Teppich im Arbeitszimmer beispielsweise besteht aus speziellen Fasern, die Feinstaub binden. Dazu kommt eine Wand- und Deckenheizung, die durch die gleichmäßige Wärmeabgabe ständige und übermäßige Luftzirkulation verhindert. So soll der Feinstaub am Boden bleiben und direkt vom Teppich aufgenommen werden. An der Wand wurde eine Farbe verwendet, die kleine Glasperlen enthält und genauso positiv auf das Raumklima wirken soll wie der Bodenbelag. Statt um herkömmliches Laminat, handelt es sich dabei um PVC. Dieser Bodenbelag enthält keine normalen Weichmacher, sondern ein Restprodukt, was bei der Zuckerherstellung aus Rüben anfällt. „Was in normalen Möbeln und Baumaterialien drin ist, ist schon verblüffend“, sagt Jarck.

Kunden können sich von dem Unternehmen einerseits die Luft in den eigenen vier Wänden bewerten lassen. Außerdem können im Internetshop von Greenday schadstoffarme Materialien und Möbel bestellt werden. Zudem beaufsichtigen Jarck und Nagel Handwerker bei Sanierungsarbeiten und Neubauten. Wenn das Haus dann fertig ist, bietet Greenday ein schadstoffarmes Raumgestaltungskonzept an.

Wer will, kann ab sofort vorbeikommen und sich selbst ein Bild machen von den diversen schadstoffarmen Möbeln und Materialien. Für insgesamt 24 Monate hat Greenday die Wohnung gemietet. Selbst Übernachtungen von potenziellen Kunden sind möglich. „Noch“, das gibt Rainer Jarck aber unumwunden zu, „ist die Wohnung nicht frei von Schadstoffen.“ Das sei komplett auch gar nicht möglich, eine geringe Belastung sei immer vorhanden.

Besonders problematisch sind die Möbel. Jarck und Nagel suchen händeringend nach speziell angefertigten Möbelstücken. Während sie bei schadstoffarmen Baustoffen schon fündig geworden sind, gestaltet sich die Suche bei Möbeln schwieriger. „Wir hatten zwischenzeitlich einen Hersteller gefunden. Dort kostet das Sofa aber dann 13.000 Euro.“ Das sei natürlich auch nicht sinnvoll, sagt Jarck.

Denn auf eines legt die Firma Greenday wert: Wer sich die Wohnung oder das neu zu bauende Haus möglichst schadstoffarm einrichten lassen wolle, müsse weder auf ein gutes Design verzichten, noch besonders reich sein. 25 bis 30 Prozent teurer sind die „raumgesunden“ Baumaterialien im Einkauf. „Aber dem Maler ist es egal, mit welcher Farbe er streicht, sein Stundensatz bleibt derselbe“, sagt Jarck. Deshalb seien von Greenday speziell eingerichtete schadstoffarme Räume letztendlich nur zehn Prozent teurer. Besonders achten Jarck und Nagel auf das Schlafzimmer. Hier verbringen die Hausbewohner nicht nur viel Zeit, nachts sei der Körper zudem weniger abwehrbereit als tagsüber. Weichmacher in Kunststoffen und andere Schadstoffe setzen dem Immunsystem dann besonders zu.

Ihre erste Musterwohnung wollen die Geschäftspartner nun auch bald offiziell zertifizieren lassen. Eine Bau-Biologin habe bereits geprüft und sehr gute Werte ermittelt. Seit Kurzem arbeitet Greenday zudem mit dem TÜV Nord zusammen. Der wird die Schadstoffbelastung der Wohnung als unabhängige Institution noch einmal ganz genau messen. Ziel von Greenday ist es, die offiziellen Grenzwerte des Bundesumweltministeriums „mindestens zu unterschreiten“.

Nach unten seien aber Grenzen gesetzt, erklärt Rainer Jarck. „Irgendwann ist es auch eine Frage der Abwägung.“ So würden etwa Teppiche aus Wolle mit Pestiziden behandelt, um sie gegen Mottenbefall zu schützen. „Im Prinzip muss dann jeder abwägen, ob es schlimmer ist, einen Mottenbiss im Teppich zu haben oder das eigene Kind auf einem pestizidbelasteten Teppich spielen zu lassen.“ Letztendlich, sagt Jarck, sei gute Luft eine Frage der Gesundheit.