Nun ist sie wieder da, die Zeit der Erntedankfeste.

Landesweit und somit auch hier bei uns im Norden feiert man die Erträge der Landwirtschaft. Die Ernte ist heil in der Scheune oder wo auch sonst immer, der Bauer hat fertig und spannt erst im Märzen die Rösser wieder an. Okay, irgendwas wird er zwischendurch noch zu tun haben: Formulare ausfüllen für die nächsten Subventionsanträge, protesthalber eine Fuhre Mist vor dem Reichstag auskippen (weil die Formulare so blöd sind) oder – so ganz entspannt büttenwardermäßig – auf ein, zwei Doppelkorn die Dorfkneipe heimsuchen.

Schon gut – bitte nicht hauen. Zugegeben, ich habe überhaupt keine Ahnung von Landwirtschaft. Aber wenn ich „Erntedankfest“ höre, steigt in mir der pure Neid auf. Das zeichnet in mir das Bild einer sinnvollen Aufgabe, die man zu aller Zufriedenheit abgearbeitet hat. Um sich nun mit gebotenem Stolz zurückzulehnen und zu genießen, bis man sich der nächsten sinnvollen Aufgabe zuwenden wird. Die meisten Menschen erreichen diesen Zustand nie. Der Maurer feiert vielleicht in einem Haus ein Richtfest, denkt aber dabei schon an die Wand, die im Bau nebenan längst hochgezogen sein müsste. Die Köchin verteilt die letzte Nachtischportion, während bereits das dreckige Geschirr vom Hauptgang in die Küche rollt. Und bevor man mir ein gestriges Geschlechter-Rollenbild vorwirft, sei angemerkt: Das Beispiel funktioniert auch mit Maurerin und Koch. Irgendwas ist immer, es hört nie auf, Tretmühle. Wahrscheinlich ist das auch bei Landwirten so, und das wäre dann mal wieder eine Illusion weniger. Bauern ackern immer weiter. Warum dann also Erntedankfest? Stellt man diese Frage dem Vertreter einer Kirche, scheint die Antwort berechenbar. Umso beachtenswerter sind die Worte des Norderstedter Pastors Hans-Christoph Plümer, gesprochen anlässlich des hiesigen Erntedankfestes im Rathaus. Plümer beschränkte sich nicht auf Lobpreisungen, sondern forderte dazu auf, „nicht jene zu vergessen, die nichts haben“ – und mit ihnen zu teilen. Für diesen Gedanken darf man die Tretmühle getrost mal kurzfristig stoppen.

Respekt, Herr Pastor.