Eltern, Lehrer und Schüler der Horst-Embacher-Schule sind von Politikern enttäuscht und fühlen sich unfair behandelt

Norderstedt. „Das Hinhalten und Nichtentscheiden der letzten Jahre sowie das fehlende klare Bekenntnis der politisch Verantwortlichen für unsere Schule haben unserer Schule schwer geschadet.“ Das sagt das Kollegium der Horst-Embacher-Schule, nachdem eine klare Mehrheit der Politiker angekündigt hatte, dass die Gemeinschaftsschule am Aurikelstieg in Norderstedt am jetzigen Standort auf Dauer keine Zukunft haben wird (das Abendblatt berichtete). Diese Aussagen hätten Schüler, Eltern und Lehrer zum jetzigen Zeitpunkt völlig unvorbereitet getroffen. Gerade habe das jahrelange Bemühen, eine intakte Schulgemeinschaft zu etablieren, erste Erfolge gezeigt. „Die Absage an den Schulstandort ist wie eine Hinrichtung ohne Urteil“, sagt der kommissarische Schulleiter Siegfried Hesse.

Er verstehe nicht, warum die SPD mit ihrer Position zum Schulentwicklungsplan schon jetzt an die Öffentlichkeit gegangen sei und sich CDU, Die Linke und die FDP ebenfalls schon geäußert hätten, bevor ein endgültiger Beschluss im Ausschuss für Schule und Sport gefasst worden ist. „Öffentlich das Aus für diese Schule zu verkünden, ohne Beratungen und Beschlüsse abzuwarten, ist ein Schlag ins Gesicht für uns alle. Zu politischem Anstand hätte gehört, Entscheidungen abzuwarten und diese dem Schulelternbeirat und der Schulleitung mitzuteilen, bevor sie öffentlich verkündet werden“, heißt es in der Stellungnahme der 27 Pädagogen, die an der Horst-Embacher-Schule 324 Schüler unterrichten.

Dass die Schule am Aurikelstieg auslaufen wird, ist schon seit Jahren im Gespräch. Geringe Anmeldezahlen lautet das eine Argument der Politiker. Die seien der unsicheren Zukunft und dem schlechten Image geschuldet, hatten Eltern und Schulleiter immer wieder betont. Der schlechte bauliche Zustand ist ein weiteres Argument gegen einen langfristigen Betrieb der Gemeinschaftsschule. Denn auch das Schulzentrum Süd ist in die Jahre gekommen und muss komplett neu aufgebaut werden. Allein das werde Investitionen in deutlich zweistelliger Millionenhöhe erfordern. Und zwei große Bauvorhaben im Schulbereich könne sich die Stadt kaum leisten, zumal auch die anderen Schulen saniert und erweitert werden müssen, heißt es aus der Politik.

Schulleiter Hesse hatte auf der letzten Sitzung des Schulausschusses gefordert, dass die Politiker möglichst noch in diesem Jahr über die Zukunft der Schule entscheiden. Nur so hätten alle Beteiligten Klarheit. Die seit Jahren herrschende Ungewissheit habe Fairness und Chancengleichheit gegenüber anderen Schulen verhindert. „Das können und wollen wir nicht weiter tragen“, sagt das Kollegium.

Pädagogen, Eltern und Schüler verwahren sich ausdrücklich gegen den Begriff „Restschule“, mit dem die CDU-Politikerin und Vorsitzende des Schulausschusses, Ruth Weidler, die Schule tituliert hatte. Sie wollte damit zum Ausdruck bringen, dass sich die Lehrer stärker um schwierige Schüler kümmern, als das an anderen Schulen der Fall ist. Schulleiter Hesse und seine Kollegen sehen das anders, „Restschule“ sei eindeutig negativ besetzt.

„Und wer sich öffentlich so äußert, ist respektlos gegenüber den vielen Kindern und Lehrern dieser Schule. Wir erwarten, dass die verantwortlichen Politiker endlich auch dieser Schulgemeinschaft und den hier verbundenen Menschen mit Anstand und Respekt gegenüber treten und die gleiche Fürsorge zuteil werden lassen, die andere Schulen – aus welchen Gründen auch immer – schon längst in Norderstedt genießen“, sagt das Kollegium. Lehrer, Eltern und Schüler hätten einen Anspruch auf einen „verantwortungsvollen, anständigen und fürsorglichen sowie wertschätzenden Umgang“. Auch Carsten Apsel, der Leiter des Lessing-Gymnasiums, meldet sich zu Wort. Er will dem Eindruck entgegentreten, dass er sich über das drohende Aus für die Horst-Embacher-Schule freue. Wir hatten zu dem Artikel ein Foto mit Apsel und Schülern veröffentlicht und in der Bildunterschrift klar gesagt, dass es von der Politik gute Nachrichten für die Gymnasien gebe, alle vier sollen fortbestehen. „Ich würde mich nie über das eventuelle tragische Schicksal eines Kollegen oder einer anderen Schule freuen. Kollegialität und Solidarität stehen bei mir ganz oben“, sagt Apsel.

„Wir sind enttäuscht und fühlen uns auch getäuscht von der Politik. Die Äußerungen von SPD und CDU sind beleidigend, respektlos und entwürdigend („Restschule“ und Schüler, die an anderen Schulen scheiterten)“, sagt Nadja Golly, Elternvertreterin der Klasse 5b an der Horst-Embacher-Schule. Die Eltern sähen ihre Kinder nicht als Kinder, die an anderen Schulen scheitern, die Schule nicht als Restschule, sondern als Zukunftsschule. Eine Zukunftsschule, die ein pädagogisches Konzept geschaffen habe, alle Kinder zu motivieren und auf einen guten Weg zu bringen. Die niemanden zurücklasse und bestmöglich jedes einzelne Kind unterstützend begleitet.

„Das ist für uns eine Gemeinschaftsschule. Bildung ist für alle da, und Kinder sind unsere Zukunft und im Übrigen auch künftige Wähler. Aber Totgesagte leben ja bekanntlich länger“, sagt die Elternvertreterin.