In Bad Bramstedt sind im Garten des Gemeindehauses an diesem Sonnabend Menschen und Tiere willkommen

Bad Bramstedt. Dass Tiere einen individuellen Charakter haben, könnten Berthold Bonekamp-Kerkhoff und Petra Fenske schon bei ihren Hunden beobachten. Ben und Lotti stecken ihr Terrain ab. Ben versucht der Hündin zu imponieren und fordert sie immer wieder zum Spielen auf. Sie begegnet dem Werben mit demonstrativem Desinteresse. Bis es Herrchen Bonekamp-Kerkhoff, Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde Jesus Guter Hirt, zu bunt wird. Ben muss raus. Aber so ganz ohne ihn will Lotti auch nicht sein. Die Hündin von Petra Fenske, Pastorin der evangelischen Kirchengemeinde Bad Bramstedt, steht wenig später an der Terrassentür. Auch sie will spielen. Und sie muss zeigen, dass sie der Boss ist – auch im fremden Haus. So muss Ben am Ende akzeptieren, dass die braune Labrador-Hündin seinen Spielzeugkorb ausräumt und auf dem Boden verteilt.

„Wenn ich mit einem Tier zusammenlebe, dann merke ich, dass es ein selbstständiges Wesen mit besonderen Eigenschaften ist“, sagt Pastorin Fenske. „Der eine ist so, der andere so.“ Als sie im Frühjahr angesprochen wurde, ob nicht einmal ein Gottesdienst für Mensch und Tier in Bad Bramstedt gefeiert werden könnte, hat sie spontan zugesagt. Und so beginnt am heutigen Sonnabend, 4. Oktober, dem Welttierschutztag, um 14 Uhr im Garten des Gemeindehauses am Schlüskamp ein ökumenischer Gottesdienst, bei dem auch Tiere willkommen sind. Bei schlechtem Wetter geht es in die Maria-Magdalenen-Kirche. Ökumenisch ist der Gottesdienst, weil auch Pfarrer Bonekamp-Kerkhoff gerne mitmachen wollte.

„Wir wollen ein Signal senden“, sagt Pfarrer Berthold Bonekamp-Kerkhoff

„Ich kenne das aus meiner alten Heimat“, sagt der gebürtige Münsterländer. Ein Freund von ihm leite das Institut für Theologische Zoologie in Münster, und ihm selbst seien Artenschutz und artgerechte Tierhaltung wichtig. „Mir ist es wichtig, Tiere als Teil der Schöpfung zu begreifen, die wir beschützen müssen.“ Der Gottesdienst sei daher nicht in erster Linie ein Gottesdienst für die Tiere, sondern die Menschen nehmen diese mit ins Gebet. „Wir wollen ein Signal senden“, sagt der Pfarrer.

Petra Fenske öffnet den Blick auf die Tiere über den liebevollen Umgang mit den Haustieren auf die gesamte Tierwelt. „Die Massentierhaltung hat auch eine Auswirkung auf das Klima“, sagt sie. Nach ihren Informationen lande ein Drittel der weltweiten Getreideernte in den Mägen der Tiere. „Das hat Folgen für die Schöpfung. An anderen Orten der Welt wird Wald für unsere Tierhaltung abgeholzt.“ Und auch die Diskussion um den Vion-Schlachthof in Bad Bramstedt hat die beiden Theologen nachdenklich gemacht. Die Behörden hatten den Schlachthof im Frühjahr eine Zeit lang geschlossen, es waren unter anderem Verstöße gegen den Tierschutz laut geworden. „Da hat man den Eindruck bekommen, dass Arbeitsplätze wichtiger sind als die Schöpfung“, sagt Bonekamp-Kerkhoff, „das muss auch zur Sprache kommen.“ Es gehe dabei nicht darum, sich gegen die Bauern zu positionieren. „Die leiden auch unter der Situation“, sagt Fenske. Auch Bonekamp-Kerkhoff will die Sorgen der Landwirte und ihrer immer größer werdenden Höfe aufnehmen. „Es ist unser Verhalten, mit dem wir etwas ändern können. Wie gehen wir mit den Tieren um? Wie gehen wir mit Fleisch um?“

Mit ihrem ökumenischen Gottesdienst, der von einer zehnköpfigen Gruppe vorbereitet wird, können sich Fenske und Bonekamp-Kerkhoff auf die Bibel stützen. Gelesen wird im heutigen Gottesdienst die Schöpfungsgeschichte, in der auch den Tieren der Segen Gottes zugesprochen wird. Fenske erinnert zudem an Noah und die Arche. Außerdem heiße es laut dem Buch Hiob, dass alle Wesen von Gott den Lebensatem eingehaucht bekommen haben, und in Psalm 36 steht: „Herr, Du hilfst Menschen und Tieren“.

Wie sehr die Tiere wiederum dem Menschen helfen können, haben beide Theologen schon in der täglichen Arbeit – ob im Altenheim oder im Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, das Bonekamp-Kerkhoff leitet – mit ihren Hunden kennengelernt. Zum Gottesdienst werden sie Lotti und Ben allerdings nicht mitbringen. Es wäre zu viel Stress für sie und ihre Tiere. Wer aber will, dürfe heute gerne mit seinem Tier kommen – wenn es weder für das Tier selbst und auch für die anderen Tiere keinen zu großen Stress bedeute, so Fenske.