Soso, die deutschen Volksfeste sollen also in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen werden.

Münchener Oktoberfest, Cannstatter Wasen oder Hamburger Dom sind demnach sozusagen ein Inbegriff deutscher Kultur. Auf den Punkt gebracht: Fragwürdige Bratwürste spachteln, mit reichlich Bier nachspülen, im Karussell durchmischen und dann alles im hohen Bogen wieder raus gilt demnächst als ebenso schützenswert wie das Wattenmeer, das Mittlere Rheintal oder der Kölner Dom.

Gut, die Befürworter des Antrags argumentieren mit der langen Tradition dieser Volksfeste. Wenn es für die Unesco-Liste reicht, dass etwas immer schon so war, hätte ich gleich noch einen Vorschlag: Den HSV. Seit 1000 Jahren in der 1. Liga, seit 500 Jahren ohne Sieg – alle Kriterien erfüllt. Weltkulturerbe, glasklar. Aber bleiben wir bei den Volksfesten. Gesetzt den Fall, die werden tatsächlich zum Weltkulturerbe erklärt: Gilt das dann auch, zum Beispiel, für den Kaltenkirchener Jahrmarkt? Den gibt es bestimmt schon lange, der erfreut die Menschen ebenfalls erfolgreich mit dem Bratwurst-Bier-Karussell-und raus-Syndrom und sollte der Welt demzufolge unbedingt erhalten bleiben. Nur: Was passiert, wenn alle Rummelplätze dieser Republik plötzlich Weltkulturerbe wären?

Gar nichts mehr. Dann darf man nämlich nichts mehr daran ändern, sonst geht der schöne Weltkulturstatus flöten. So wie in Dresden beim Bau der Elbtalbrücke. Wir dürften zwar vielleicht das ganze Jahr Karussell fahren, aber es gäbe niemals ein neues. Wer will denn das? Wer steckt überhaupt hinter dem Bestreben, die Volksfeste zum Kulturgut zu erklären? Ach so: Der deutsche Schaustellerverband. Alles klar. Sehr schlau eingefädelt. Es geht also wieder mal nur um Profitmaximierung: Man deklariert uralte Fahrgeschäfte zum Kulturgut, dann braucht man keine neuen zu kaufen. Und Sie drehen dann auch nächstes Jahr noch Ihre Runden in der gleichen, abgenudelten Raupe mit dem mottenzerfressenen Verdeck, unter dem Sie schon vor 50 Jahren die schöne Belinda das erste Mal geküsst haben – damals, nach der Tanzstunde. Hach, das waren Zeiten. Wissen Sie was? Wir erklären unsere Jugend zum Weltkulturerbe.

Dann dürfte niemand jemals etwas daran ändern. Komm her, Belinda.