Es stinkt nach Schweinekot in der Siedlung um das Feuerwehrmuseum. Jetzt wehren sich die Bürger gegen den Zuchtbetrieb von Bauer Jens-Walter Bohnenkamp

Norderstedt. Es stinkt. Penetrant. Nach Schweinekot. Wenn Ines Elker auf die Terrasse ihres Hauses an der Helene-Weber-Straße geht oder auch nur die Fenster öffnet, dann weht ihr der Gestank entgegen. „Bis zu achtmal täglich. Und manchmal hält es bis zu zwei Stunden an.“ Vormittags, mittags, nachmittags, abends und regelmäßig auch gegen 22 Uhr. „Je wärmer es ist, desto häufiger und intensiver die Emissionen“, sagt Elker. „Nachdem mein Vater mich kürzlich besucht hatte, meldete er sich noch mal am Abend per Telefon: Er hatte den Gestank noch immer in der Nase, sagte er.“

Das Wohngebiet, in dem Elkers Haus steht, erstreckt sich rund um das Feuerwehrmuseum. Und davor, über den Friedrichsgaber Weg hinweg am Rantzauer Forstweg, da steht die Emissions-Quelle für die Geruchsbelästigung. Der Schweinzuchtberieb von Jens-Walter Bohnenkamp, dem Vorsitzenden des Kreisbauernverbandes. „Die Leute wollen alle Vorteile, die ihnen das Leben auf dem Land und nahe der Natur bietet“, sagt Bohnenkamp. „Aber wir Bauern mit unseren Nutztieren gehören auch zu dieser Natur. Da muss man es auch hinnehmen, wenn es mal nach Schweinekot riecht.“

Das hat Bohnenkamp der Nachbarin Ines Elker auch schon gesagt, als die sich persönlich bei ihm beschwerte. Das bringt die Yoga-Lehrerin und zertifizierte Klärungshelferin für zwischenmenschliche Konflikte auf die Zinne. „Ich bin auf dem Land aufgewachsen. Ich weiß, wie es ist, wenn es mal nach Tierkot riecht. Aber was wir hier erleben, ist ein Großbetrieb mit einer Geruchsbelästigung von erheblicher Intensität.“ Elker will nicht abgetan werden als Stadtpflanze, die mit dem Stallgeruch auf dem Land nicht klarkommt. „Der Gestank des Mastbetriebes ist unappetitlich und löst manchmal Übelkeit und Atembeschwerden bei mir aus. Langfristig kann so was Allergien auslösen.“

Die Bürger sollen Kot-Gestank über das Umwelttelefon bei der Stadt melden

Allein ist Elker mit ihrem Protest nicht. „Alle im Viertel regen sich wegen des Gestanks auf. Ich habe mir gesagt, jetzt muss einer mal handeln.“ Elker nutzte die Einwohnerfragestunde im Umweltausschuss der Stadtvertretung und bat die Stadt ganz offiziell um die Überprüfung des Betriebes von Jens-Walter Bohnenkamp. Genehmigungen und eventuelle Emissionsschutzauflagen sollen überprüft werden, Nachweise über die Einhaltung gesetzlicher Richtwerte und die Ergebnisse regelmäßiger Kontrollen werden gefordert.

Politik und Verwaltung reagierten hilfsbereit. Herbert Brüning, Leiter des für Umweltbelange zuständigen Amtes Nachhaltiges Norderstedt, will die Anfrage direkt an das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume weiterleiten. Außerdem bat er Elker und die übrigen Anwohner, Geruchsbelästigungen jederzeit über das Umwelttelefon der Stadt (040/53595333) zu melden. Norbert Pranzas, Stadtvertreter der Linken und selbst Umweltgutachter beim Bau von Großbetrieben, berichtete von der Einführung des Filtererlasses in Schleswig-Holstein. Großbetrieben ab 2000 Zuchtsauen wird darin der Einbau von Filteranlagen vorgeschrieben, die den Gestank verhindern. Kleinere Ställe soll es nur treffen, wenn sie in einem Umkreis von 350 Metern dauerhaft Anwohner stören.

Jens-Walter Bohnenkamp sieht die anstehende Kontrolle durch das Landesamt und auch den Filtererlass mit Gelassenheit. „Ich hätte keinen Euro am Standort Rantzauer Forstweg investiert, wenn es hier irgendwelche Emissionsprobleme geben würde.“ Er sei ein Kleinbetrieb mit seinen 130 Zuchtsauen. Die Bebauung am Feuerwehrmuseum sei 550 Meter entfernt. Der Filtererlass greife also bei ihm nicht. Die letzte Vergrößerung seines Stalls läge 16 Jahre zurück. Damals wurden alle Emissionsgutachten erbracht.“ Er weiß: Wenn es warm ist und, wie an etwa 73 Prozent der Tage im Jahr, der Westwind bläst, dann stinkt es der Nachbarschaft. „Aber die Diskussion darüber läuft in Deutschland generell völlig aus dem Ruder. Die Mastbetriebe stehen derart negativ im Fokus. Eigentlich war mir klar, dass es mich irgendwann trifft“, sagt Bohnenkamp.

Er tue alles, um die Emissionen auf seinem Hof gering zu halten. „Aber ich muss eben regelmäßig die Schweinegülle von der Vorgrube in Behälter umfüllen. Da lassen sich Emissionen nicht verhindern.“ Teure Filteranlagen könne er sich gar nicht leisten. „Und bei dem Stallsystem, das ich habe, bekomme ich auch gar keine Genehmigung für den Einbau“, sagt Bohnenkamp. Die Filter wären für ihn also das wirtschaftliche Aus.

„Kein Freibrief für stinkende Kleinbetriebe“, sagt Norbert Pranzas

Stadtvertreter Norbert Pranzas sieht das ganz nüchtern. „Dann wäre es eben das Aus für den Bauern.“ Es könne aber nicht sein, dass Kleinbetriebe, die nicht unter die Auflagen des Filtererlasses fallen, zu einem größeren Emissionsproblem würden als die regulierten Großbetriebe. Norbert Pranzas: „Betriebe wie die von Herrn Bohnenkamp dürfen keinen Freibrief bekommen, wenn sie gleichzeitig Anwohner mit Gestank belästigen.“ Die Politik wolle die Ergebnisse der Prüfung abwarten und dann weitere Schritte prüfen.