Die Räume des Bramstedter Torhauses, von den Bürgern Schloss genannt, sollen Anfang Oktober in ihrer ursprünglichen Ausstattung strahlen

Der Paradiesvogel darf wieder fliegen! In mühevoller, akribischer Arbeit haben Kirsten Lehner und Maire Müller-Andrae die Malerei unter sieben dicken Farbschichten wieder freigelegt. Die Restauratorinnen der Lübecker Restaurierungswerkstatt Butt beseitigten mit Skalpell und verschiedenen Lösungsmittelpasten Schicht für Schicht der Farben, die bei Renovierungen auf die kostbare Malerei des Rokoko gestrichen worden waren. Eine Sisyphusarbeit über viele Wochen.

Der Vogel ist Mittelpunkt eines Wandgemäldes auf einer der sechs bemalten Paneelen im Graf-Stolberg-Zimmer des Schlosses zu Bad Bramstedt. „Wir haben von der Stadt Bad Bramstedt und dem Amt für Denkmalpflege in Schleswig-Holstein den Auftrag für eine Befund-Untersuchung in den Räumen des Torhauses zum Bramstedter Schloss erhalten“, sagt Müller Andrae.

Denn diesmal wollte die Stadt ihr Schloss nicht einfach renovieren. Sondern restaurieren und damit auf den möglichst genauen Ursprung zurück führen. Das Schloss ist das ehemalige Torhaus zum Adelsgut, das bereits 1752 abgerissen wurde. Der Bau des ehemaligen Schlosses hatte einen amourösen Grund. Dänenkönig Christian IV. ließ es 1635 für seine Geliebte Wiebke Kruse errichten. Nach dessen Abriss wurde das Torhaus zum Wohnsitz für Amtmann Graf Günther zu Stolberg ausgebaut und avancierte zum Schloss. „Wir haben die Decken und Wände untersucht und stießen bei den Paneelen auf diese wunderschöne, zwar gealterte, doch gut erhaltene Malerei, das ist eine Sternstunde für Restauratoren gewesen, vor allem, als der Auftrag kam, die ganze Malerei freizulegen“, sagt Müller-Andrae, die auf Wandmalerei spezialisiert ist.

„Die Farbschichten sind auch Zeitschichten und spiegeln die Moden der vergangenen Jahrhunderte wider“, sagt die Diplom-Restauratorin. Die Malerei sei reine Dekoration.

„Der Vogel, die Schmetterlinge und Blüten sind ganz entzückende und zart gemalte Motive und man sieht, dass der Maler einen wunderschönen Pinselstrich führte. Es ist sehr selten, eine derart schöne Malerei zu entdecken“, schwärmt die Fachfrau.

Die Restaurierung verfolge aber nicht das Ziel, die Malerei wie neu darzustellen. „Man darf einem Objekt gern das Alter ansehen. Wir beheben die Schäden, die das Objekt verfallen lassen, wollen aber die Aura der Motive erhalten“, sagt Müller-Andrae. Das primäre Ziel sei die Konservierung der historischen Stücke, und dem stehe jegliche Veränderung des Objekts entgegen.

Die Stuckdecke im Graf-Stolberg-Zimmer wurde in den 60er-Jahren bei der letzten Renovierung in Altrosa gestrichen. „Jetzt haben wir festgestellt, dass sie ein helles Grau getragen hat“, sagt Müller-Andrae. Die Paneelen, einige waren auch im Originalzustand ohne Malerei, trugen ein dunkles Grau, einige waren im Original aber auch blutrot. Ob die Malerei immer im Torhaus gewesen ist, oder ob sie 1752 beim Abriss des Schlosses wie andere Einrichtungsgegenstände erst im Schloss aus- und dann im Torhaus wieder eingebaut wurden, ist nicht nachweisbar“, sagt Müller-Andrae. Zu den eingebauten Gegenständen soll beispielsweise der Kamin im neben dem Stolberg-Zimmer gelegenen Kamin-Zimmer gehören, der das Wappen des Dänenkönigs Christian IV. trägt.

Mittlerweile haben die Stuckdecken des Graf-Stolberg- und des Kaminzimmers wieder ihr ursprüngliches Grau erhalten, ebenso die Paneelen, die keine Malerei in ihren Füllfeldern aufweisen. Die Decken sind reich mit zart gearbeiteten, zierlichen, rotierenden Rocaillen geschmückt, die sich zu einer Mittelrosette ranken.

Blutrot hingegen sind die Türen samt Türrahmen und einige weitere Paneelen gestrichen. „Das ist jetzt wieder die Originalfarbe, die wurde in den 60er-Jahren grau übermalt“, sagt Axel Lausch. Der Bautechniker des städtischen Bauamts führt strahlend durch die Räume, die derzeit restauriert werden. Zum Graf-Stolberg- und Kaminzimmer im ersten Stock gehören beispielsweise auch das Gilde- und das Dramburgzimmer im Erdgeschoss, in dem heute ein kleines Museum eingerichtet ist.

„Die unteren Räume sind nicht so reich mit Stuck geschmückt, denn sie waren die Empfangszimmer für das Volk. Die oberen, reich ausstaffierten Zimmer waren hingegen für reichere, angesehene Bürger und den Adel reserviert“, sagt Lausch.

Einer, der ebenfalls mit viel Liebe und Sorgfalt die Restaurierung des Bramstedter Schlosses umsetzt, ist Helmut Deelmann, Restaurator und Stukkateur aus Ahrensbök.

„Wir gehen strikt nach den Vorgaben des Baudenkmalschutz-Amtes vor, um den Zustand möglichst original wieder herzustellen“, sagt Deelmann und arbeitet die Verzierungen im Wappen des Dänenkönigs am Kamin im Kaminzimmer aus.

Zum Originalzustand gehören auch die Schlossdielen aus Kiefernholz, die in den oberen Räumen den Teppichboden ersetzen. „Aber nur in den repräsentativen Räumen, für die anderen wird das zu kostspielig, da verlegen wir erst einmal wieder Teppich“, sagt Lausch. Insgesamt kostet die Restaurierung 130.000 Euro, also 8000 Euro weniger als geplant. 100.000 Euro Fördermittel kommen vom Bundeskultusministerium aus dem Topf der zu fördernden Denkmäler in Deutschland.

Anfang Oktober sollen die vier Repräsentationszimmer des Bramstedter Schlosses wieder strahlen. Eine große Einweihungsfeier ist indes bis jetzt nicht geplant. Hauptsache, der Paradiesvogel fliegt wieder.