Die Landesregierung will 500 Menschen in Boostedt unterbringen. Für die Städte im Kreis eine erhebliche Entlastung

Norderstedt/Boostedt. Vielleicht muss Norderstedt die Option Turnhalle bei der Unterbringung von Flüchtlingen doch noch nicht ziehen (wir berichteten). Die Landesregierung hat angekündigt, in den leer stehenden Gebäuden der Rantzau-Kaserne in Boostedt etwa 500 Flüchtlinge unterbringen zu wollen. Für die Städte und Kommunen im Kreis Segeberg könnte das eine Entspannung der Situation bedeuten. Nämlich dann, wenn die 500 Menschen auf das Kontingent angerechnet würden, das der Kreis insgesamt von den im Land ankommenden Flüchtlingen aufzunehmen hat.

„Sollte die Kaserne in Boostedt in Zukunft voll nutzbar sein, um dort Flüchtlinge unterzubringen, könnte der Kreis Segeberg dort einen erheblichen Teil der ihm zugewiesenen Menschen unterbringen. Dies würde für die Stadt Norderstedt bedeuten, dass sich unser Kontingent zunächst erheblich verringert“, sagt Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote. Die Unterbringung der Flüchtlinge in Boostedt sei aber keine Dauerlösung, betont Grote.

„Die Boostedter Kaserne würde uns in Norderstedt bei der Planung ein wenig Luft verschaffen. Und in die Turnhalle müsste zunächst keiner einziehen“, sagt Thomas Jäger, SPD-Stadtvertreter und Mitglied des Kreis-Sozialausschusses. Dort hatte Landrat Jan Peter Schröder die Abgeordneten über die Pläne der Landesregierung in der Boostedter Kaserne informiert.

Laut Jäger habe Schröder es als beschlossene Sache bezeichnet, dass die 500 Flüchtlinge im Falle ihres Einzuges in Boostedt dem Kreis Segeberg angerechnet würden. Entsprechend käme die Aktion alles Städten und Gemeinden zugute. In den Nachbarkreisen würde diese geplante Regelung bereits für Verstimmung sorgen, weil dort die Lage nach wie vor angespannt bleibe.

Im Innenministerium gibt man sich defensiver bei der Frage nach Anrechnung: „Ob es sie geben wird – so wie das ja auch bei der zentralen Aufnahme in Neumünster der Fall ist – wird einer der Punkte sein, die bei einem Bezug der Kaserne diskutiert werden müssen“, sagt Ove Ralph, Sprecher des Ministeriums in Kiel. Doch ob überhaupt und wenn ja, wie schnell die Kaserne für die Flüchtlinge bezugsfertig gemacht werden kann, stehe noch nicht fest. Der Bundeswehr liegt derzeit eine „Anfrage auf Amtshilfe“ vor, über die das Bundesverteidigungsministerium entscheiden muss. In der Rantzau-Kaserne könnten in vier Blöcken zwischen 450 und 500 Menschen untergebracht werden. „Wann die Entscheidung fällt, ist noch offen“, sagt Ullrich Burchardi vom Landeskommando Schleswig-Holstein. Laut Innenministerium prüfe das Kommando für territoriale Angelegenheiten in Berlin die Angelegenheit. Eine Antwort wird in diesem Monat erwartet.

Wenn das Ministerium die Gebäude für die Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung stellt, müssten die Immobilien aus dem militärischen Sicherheitsbereich ausgegliedert und mit einem Zaun von der Kaserne getrennt werden. Auch eine eigene Zufahrt sei erforderlich. „Das wäre alles sehr aufwendig“, sagt ein hochrangiger Offizier gegenüber dem Abendblatt. „Doch der politische Druck ist groß.“ Die Gebäude der Kaserne stehen leer, da die beiden in Boostedt stationierten Bataillone für Instandsetzung und Logistik aufgelöst werden. 2015 soll die Bundeswehr endgültig aus der Kaserne ausziehen.

„Das Ministerium strebt an, die Kaserne so schnell wie möglich als Untermieter zu beziehen. Unabhängig von der Entscheidung der Bundeswehr bereiten wir die nötigen Schritte auch jetzt schon vor“, sagt Ministeriums-Sprecher Ralph. Damit meint er nicht nur die zivile Einrichtung für die Kasernen-Gebäude, sondern auch die Klärung der Fragen, wie die Betreuung der Kinder und Jugendlichen vor Ort und die „vernünftige Sicherung der Anlage durch Polizeibestreifung“ aussehen könnte.

Die Stadt Norderstedt arbeitet unterdessen mit Hochdruck an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten. Neben Wohnungen und öffentlichen Einrichtungen wird nun auch die Umwandlung von Büroräumen zu Wohnzwecken geprüft. Oberbürgermeister Grote: „Im bestmöglichen Fall gelingt es uns, in diesen Bürogebäuden auch Deutsch-Seminare und Kinderbetreuung anzubieten.“ Die Investitionen für den Neubau von Unterkünften oder die Umgestaltung von Büros seien erheblich. „Wir rechnen mit mehreren Millionen Euro“, sagt Grote.

Auch was die ständige Betreuung der Flüchtlinge vor Ort angeht, wird die Stadt offenbar auf den Kosten sitzen bleiben. „Es wird keine Umverteilung der Landesmittel für die Betreuung der Flüchtlinge vom Kreis auf die Städte und Kommunen geben. Diese Service-Leistung bleibt bei der Kreisverwaltung“, sagt Thomas Jäger.

Die Gemeinde Trappenkamp, Kaltenkirchen und auch Norderstedt hatten dies beantragt, um vor Ort feste Betreuer für die Flüchtlinge einzustellen. Momentan bietet der Kreis Segeberg nur stundenweise Betreuung an allen Standorten an.