Als würde eine riesige Familie ihren heimgekehrten Sohn feiern.

Norderstedt. Auch wenn es nur ein Gastspiel war. Statt wie in den letzten 20 Jahren ein Heimspiel. Die Stimmung in der Vicelin-Schalom-Kirche am Immenhorst 3 brodelte, als Michael Schirmer in die Saiten seiner Gitarre griff, und alle fühlten sich zu Hause bei ihrem Pastor, der das Wort vom „Beten und feten“ für die Vicelin-Kirche prägte. Wenn es auch der ehemalige Pastor ist.

Schirmer rockte, was die Saiten seiner Gitarren hergaben, kongenial begleitet von Markus Weber, der mit Eleganz und Kraft, Freude an der Improvisation und Humor den Vicelin-Flügel spielte, und Stefan Schmidt, der fröhliche Mann am Schlagzeug. Doch auch die balladesken Klänge feierte das Trio mit hoher Sensibilität, gestattete sich Ausflüge in Lyrik und Melancholie.

Doch das alles war gar nicht die Aufgabe des Trios Schirmer, Weber, Schmidt. Sondern, die Vicelin-Voices zu begleiten. Der gemischte Chor der Vicelin-Kirche wird von Anette Arhelger geleitet, Michael Schirmers Ehefrau. Die Lehrerin und Chorleiterin ist zwar ihrem Ehemann nach Hamburg-Altona gefolgt, doch für den Chor kommt sie gern nach Norderstedt zurück. Und das lohnt, wie der Chor beeindruckend hören ließ. Schließlich hat Anette Arhelger ihn auch aufgebaut.

Die fast 40 Sängerinnen und Sänger haben das Programm für ihr diesjähriges Jahreskonzert in der Vicelin-Kirche auch für ihr Konzert beim Gospel-Kirchentag in Kassel vom 19. bis 21. September einstudiert. So überwogen im ersten Konzertteil Gospels und Spirituals. Im zweiten Teil sorgten dann die drei Rhythmus-Boys als Chorbegleiter und mit einigen Soli für Schwung.

„Sie können unsere Rhythmusgruppe zwar nicht sehen, dafür aber umso mehr hören“, leitete Anette Arhelger den zweiten Set ein. Begleiteten die Drei den Pop-Song „Man In The Mirror“, der dem Chor flott und mit Esprit gelang, noch recht zahm, so gab es ab „Plenty Good Room“ kein Halten mehr. Der Saal brodelte.

Die Sänger ließen den glory train mit Bravour abdampfen, bestens angetrieben vom Musiker-Trio, das mit einem fetzigen Intro vorpreschte. Der Chor, der nicht nur mit Kongruenz und Rhythmik in Stimme, Armen und Beinen begeisterte, zeichnet sich auch durch eine klare Aussprache und durch die Fähigkeit einer steten Ausdruckssteigerung aus.

Nach der wilden Zugfahrt und vor einem Geburtstagsständchen für Sängerin Anke folgte „He Is Always Close To You“, der dem Chor als Hymne an Gottes Fürsorge gelang. In „Washing Of The Water“ wurde wieder gerockt, was die Kehlen und Stimmbänder, Saiten, Teller und Tasten hergaben. Allerdings gönnten sich Chor und Musiker einen fein besinnlichen Ausklang des Songs. Mit den letzten Titeln „With Or Without You“, „Jesus On The Mainline“ und „This Is The Lord’s Doing“ bis zum Mirror-Song als Zugabe legte der Chor noch einmal alle Kraft und Leidenschaft in die Stimmen.