Stefan Bauer hat die ersten 100 Tage als Rathauschef in Henstedt-Ulzburg hinter sich. Die ersten Wochen waren eine turbulente Zeit für ihn

Henstedt-Ulzburg. Direkt neben dem PC-Keyboard steht auf dem Schreibtisch ein spezieller „Erste-Hilfe-Behälter“ mit der Aufschrift „Seelentröster“. Immer wenn es nötig wird, kann Stefan Bauer, 45, hineinlangen, sich ein Stückchen Schokolade nehmen und etwas Seelenfrieden finden. In den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit hat er vermutlich häufiger zugegriffen – so genau sagt er es nicht. Aber turbulent war die Zeit für den neuen Bürgermeister von Henstedt-Ulzburg, der von den Geheimnissen einer Gemeindeverwaltung vor seinem Dienstantritt am 1. Mai nur wenig wusste, allemal. Den Status eines Verwaltungsfachmannes hat er noch nicht erreicht, aber er ist auf dem Weg dorthin: „Ich bin in viele Themen eingetaucht und werde zunehmend handlungssicherer“, sagt er und schränkt sofort ein: „Ich bin aber noch weit davon weg, alle Dinge zu durchdringen.“ Er gibt sich selbst ein Jahr, um als Bürgermeister von Henstedt-Uzburg sattelfest zu werden.

Vom Polizeioberrat und Leiterdes Fachkommissariats Cybercrime im Landeskriminalamt Hamburg zum Bürgermeister der größten Gemeinde Schleswig-Holsteins und des nach Norderstedt zweitgrößten Ortes im Kreis Segeberg – das ist ein gewaltiger Schritt für jemanden, dem auch die kommunalpolitischen Gepflogenheiten noch relativ unbekannt sind. Stefan Bauer ist mit Gelassenheit an seine Aufgabe herangegangen und hat schnell festgestellt, dass es eine feste Größe in seinem neuen beruflichen Umfeld gibt: „Ich habe eine funktionierende Verwaltung mit tollen Mitarbeitern kennengelernt.“ Er hat mit allen Fraktionen Gespräche geführt und will die Kontakte vertiefen, indem er zu regelmäßigen Gesprächsrunden mit den Fraktionsvorsitzenden einlädt. Seine eigene Parteilosigkeit hält er für einen Vorteil. „Wenn ich an dieser Stelle jetzt Zweifel bekäme, hätte ich ein Problem.“ In seinem Lebenslauf auf der offiziellen Stefan-Bauer-Website ist denn auch immer noch zu lesen: „Parteilos aus Überzeugung.“

Die Fachbereichsleiter im Rathaus werden mit ihrem neuen Chef in November eine zweitägige Klausurtagung absolvieren. Ob sich an der Arbeitsstruktur im Rathaus anschließend etwas ändert, weiß Stefan Bauer noch nicht. Er selbst hat in seinen ersten Dienstwochen versucht, „problemlösungsorientiert“ zu arbeiten und bietet sich als permanenter Ansprechpartner für die Mitarbeiter auf allen Ebenen an. Eine Änderung im Rathaus stellt er allerdings bereits konkret in Aussicht: Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter soll speziell dafür ausgebildet werden, sich um die Fördermöglichkeiten, die die Europäische Union bietet, zu kümmern. Denn dieser Bereich wurde, wie sich im Zuge der Überlegungen für eine Haushaltskonsolidierung herausgestellt hat, von der Verwaltung bisher vernachlässigt.

Ansonsten wurde Stefan Bauer von seinem neuen Job mit großer Intensität überrollt. „Ich bereue meine Entscheidung nicht, aber Bürgermeister ist man entweder ganz oder gar nicht.“ Er will ganz Bürgermeister sein und dennoch versuchen, sich selbst Grenzen zu setzen, um nicht über seine Kräfte gehen zu müssen. Dazu gehört, dass er sich in seinem Terminkalender auch mal eine Stunde für ein privates Essen mit seiner Frau frei hält, aber auch die Vorgabe, dass er seinen Dienst erst gegen 8.30 oder 9 Uhr antritt. „Der Beruf ist eine Herausforderung für die ganze Familie.“ Von der erhält er viel Unterstützung, sie baut ihn auf, wenn er erschöpft oder niedergeschlagen nach Hause kommt. Mit seinem Dienstanzug streift er dann auch den Bürgermeisterjob ab, beim Spaziergang mit dem Hund kann er abschalten und nachdenken. Aber diese Momente sind rar. Sie bieten ihm Gelegenheit, seine neue Position gedanklich zu verarbeiten. Denn so richtig gewöhnt hat er sich daran noch nicht: „Ich bin immer noch verwundert, wenn die Menschen in einem Saal bei meinem Auftauchen plötzlich klatschen.“

Ein freies Wochenende hat er bisher nicht gehabt, Urlaub hat er im Oktober: Eine Woche auf Motorradtour, eine Woche mit seiner Frau in den Süden. Während dieser Zeit wird er im Rathaus von seiner Stellvertreterin Elisabeth von Bressensdorf vertreten, die von Stefan Bauer auch sonst eingebunden wird. So wie mit ihr steht er auch mit den beiden anderen stellvertretenden Bürgermeistern, Wilhelm Dahmen und Rudi Hennecke, im Dialog.