... mit Kevin Preher auf und um den Jahrmarkt in Kaltenkirchen. Der Schausteller aus Schmalfeld und seine Frau verkaufen Mix-Getränke und Pizzabaguettes

An seinem Stand ist Kevin Preher ganz in seinem Element. „Junge Frauen, das Slush nicht vergessen!“, ruft er zwei Mädchen zu, die gerade an seinem Stand auf dem Kaltenkirchener Jahrmarkt vorbeikommen. Kevin Preher ist Schausteller und verkauft sein Slush mit großer Leidenschaft. Die Mädchen gehen vorbei, zwei Kinder mit ihrer Großmutter nicht. „Was soll es denn sein? Bei uns könnt ihr die Sorten nach Belieben mischen“, erklärt er den Geschwistern Eileen und Eliah. Slush ist eine Mischung aus Eis und Getränk – und es gibt jede Menge Geschmacksrichtungen. Eileen beispielsweise wählt Zitrone, der Bruder Erdbeere. Bei der zweiten Sorte sind sich beide einig: Blaubeere soll es sein. Türkis-blau wie das Logo des Herstellers Monster Slush und wie Kevin Prehers Poloshirt.

Seit drei Jahren verkauft der Schmalfelder auf Volksfesten das Produkt an seiner selbst gebauten Bude. Sie ist nach seinen Angaben die größte ihrer Art in Deutschland. Insgesamt 18 Slush-Maschinen stehen auf der Theke und rühren permanent in der Slush-Masse. Sie wird auf null Grad abgekühlt und hat dadurch eine schlammartige Konsistenz. Daher auch der Name: Slush bedeutet im Englischen so viel wie Schneematsch. Neben Blaubeere, Zitrone und Erdbeere warten bei Preher auch Lemon Gras, Cola, Kirsche und Maracuja auf ihre Liebhaber. Er ist immer darauf bedacht, etwas Neues anzubieten und stolz darauf, dass viele der Sorten ohne künstliche Farbstoffe auskommen. Zudem verkauft er Mehrwegbecher, deren zweite Füllung kostet nur noch die Hälfte. „Wir wollen Müll vermeiden“, sagt er.

Während der Volksfeste lebt die vierköpfige Familie im Wohnwagen

Kevin Preher ist von ganzem Herzen Schausteller und geht mit der Zeit, Umweltbewusstsein und Facebook-Seite (Stichwort: „Monsterslush on tour“) inklusive. Er hat das Leben auf den Volksfesten der Republik von klein auf an kennengelernt. „Meine Mutter hat 37 Jahre lang auf dem Dom eine Fischbude gehabt“, erzählt er auf der Fahrt zu seinem neuen Stützpunkt in der Schaustellersiedlung in Schmalfeld. Während der Volksfeste leben er und seine vierköpfige Familie mit Hund normalerweise im Wohnwagen direkt hinter dem eigenen Geschäft, während des Kaltenkirchener Jahrmarktes aber im eigenen Haus. „Im Wohnwagen ist es gemütlicher“, meint Preher. Aber er hat den 15 Tonnen schweren Wohnwagen vor dem Jahrmarkt in Kaltenkirchen bereits zum nächsten Festplatz gebracht, seine Frau Jenny Petter fuhr mit dem Mercedes und einer Bude hinterher. Bevor es zum größten Weinfest der Welt, dem Bad Dürkheimer Wurstmarkt, geht, gibt es Slush in Kaltenkirchen. In Bad Dürkheim werden dann Pizzabaguettes verkauft. Während seine Eltern früher noch mit nur einem Geschäft auskamen, müsse er mehrere Eisen im Feuer haben, erklärt Preher.

Die Kinder sind auf den Festen immer mit dabei. Tochter Melissa muss wegen der Fahrt nach Rheinland-Pfalz ausnahmsweise die Schule wechseln. Ansonsten besucht sie die Gemeinschaftsschule am Marschweg in Kaltenkirchen. Auch wenn sie auf dem Hamburger Dom stehen, bringen die Eltern sie jeden Morgen dorthin. Geschlafen wird dann auf dem Heiligengeistfeld. „Die Fahrten leisten wir uns“, sagt Kevin Preher. „Ich selber habe noch 16-mal im Jahr die Schule gewechselt.“ Er selbst bleibe mit seinen Buden meist in der Region um Hamburg, da klappt das mit dem Schulbesuch in Kaltenkirchen gut. Und unterhalb der Woche verbringt die Familie viel Zeit auf dem eigenen Anwesen mit Wohnhaus, Halle und Werkstatt. Kevin Preher versucht, möglichst alle Reparaturen alleine zu machen und baut seine Buden selbst.

Derzeit liegt in der Werkstatt ein Teil des Ice-Cream-Kiss-Standes. Es hat eine deutlich sichtbare Delle. „Da ist uns ein Bierwagen reingefahren, das Geschäft ist gerade einmal ein Jahr alt“, sagt Preher und ärgert sich. Mitten in der Saison muss er sich mit der kaputten Bude herumschlagen. Das bedeutet weniger Einnahmen – bei hohen laufenden Kosten für die vielen Fahrten, die Altersvorsorge oder auch die Versicherungen für Fahrzeuge und Geschäfte. „Das sehen viele Leute nicht und schimpfen über die Preise“, sagt Preher.

Der Zusammenhalt unter den Kollegen ist groß, doch die Konkurrenz steigt

Auch aufgrund der gestiegenen Kosten sei es für die Schausteller heute schwerer als früher, erzählt Preher und nimmt auf seiner Terrasse neben dem Teich Platz. Sein vierjähriger Sohn Phil ist mitgekommen und turnt herum. Am Nachmittag wird er mit der Schwester und den Eltern auf den Festplatz fahren. „Die Schausteller-Kinder fahren auf den Karussells meist umsonst“, erzählt Preher. „Wir passen auch untereinander auf die Kinder auf.“ Der Zusammenhalt der Kollegen sei immer noch groß, aber die Konkurrenz und der Neid steige. Er selbst müsse heute mehr machen, um das gleiche Geld zu verdienen. „Wir haben noch nie so viele Veranstaltungen angefahren wie heute.“

Mittlerweile hat auch Prehers Frau Jenny Petter auf der sonnigen Terrasse Platz genommen. Sie schält Kartoffeln und bereitet das Mittagessen vor. Auch sie stammt aus einer Schaustellerfamilie, die seit vielen Generationen über die Volksfeste tingelt. So lernte sie auch ihren Mann kennen und lieben. Mittlerweile führen beide gemeinsam das Geschäft. „Wir kennen es nicht anders, wollen es aber auch so“, sagt sie. Werden die Kinder einmal folgen? „Wenn sie es nicht wollen, dann müssen sie natürlich nicht“, sagt Jenny Petter. „Wichtig ist uns, dass sie eine Lehre machen.“

Für Tochter Melissa, die derzeit in die siebte Klasse geht, stehe bald das erste Praktikum an. Vielleicht werde sie bei einer Steuerberatung reinschnuppern oder sich im Einzelhandel ausprobieren, sagt ihre Mutter. Beides Dinge, die auch bei der Schaustellerei gut zu gebrauchen seien. Wie wichtig gute Bildung ist, weiß Jenny Petter genau. Sie hat einen Realschulabschluss, weil sie nicht so oft die Schule wechseln musste. Heute ist sie im Betrieb für die Buchhaltung zuständig. Aber sie steht natürlich auch vor und hinter dem Slush-Stand und wird im Advent zum ersten Mal auf dem Weihnachtsmarkt im Herold-Center Pizzabaguettes backen.

Davor stehen aber noch einige Volksfeste an. In Kaltenkirchen gibt es dabei auch ein Familientreffen. Kevin Prehers Schwiegervater ist mit seinem Double Jump aus Soest gekommen. Nachdem die Familie Tochter Melissa am Marschweg abgeholt und den Mercedes hinter den Buden auf dem Festplatz geparkt hat, treffen sie den 65-jährigen Hermann Petter. Er spaziert über den Weg auf dem Platz, grüßt mal hier mal da und hält gelegentlich an zum Plausch. Die Schausteller kennen sich, auch wenn Petter zum ersten Mal in Kaltenkirchen ist.

„Ich bin in achter oder neunter Generation Schausteller“, erzählt Petter. „Ich wollte nichts anderes machen, mein Sohn und meine Töchter auch nicht.“ Er könne sich nicht vorstellen, jeden Morgen am Fließband zu stehen. Seit er 18 ist, tingelt er mit dem eigenen Karussell über die Feste, der einzigartige Double Jump ist bereits sein achtes Geschäft. „Man muss das lieben, sonst geht es nicht“, sagt er. Sein Schwiegersohn ergänzt: „Wer damit nicht aufgewachsen ist, kann unser Leben schwer verstehen.“ Bei ihm kribbele es nach der Winterpause zwischen Weihnachten und März immer wieder aufs Neue. Er ist mit umgebundener Geldschürze beim Slush-Verkauf in seinem Element. „Wenn die Gäste dann mit einem Lächeln vom Kirmesplatz gehen, ist das für uns eine große Freude.“