Die Norderstedter Gemeinde hat sich von einer Flüchtlingskirche zum Familienzentrum für alle entwickelt

Norderstedt. Die Bilder aus den Anfangstagen wirken wie aus einer vollkommen anderen Zeit. Und eine vollkommen andere Zeit waren sie sicherlich auch, die 1950er-Jahre im Norderstedter Stadtteil Harksheide, der damals noch eine wachsende Gemeinde im Kreis Stormarn war. Eine Gemeinde mit vielen Flüchtlingen, die Wunden aus dem Krieg waren noch spürbar. Für die Flüchtlinge, aber auch für die Einheimischen wollten Hugo Hischer und seine Mitstreiter eine geistliche Heimat schaffen. Am 3. Oktober 1954 wurde die Falkenbergkirche vom zuständigen Propst Karl Hasselmann aus Blankenese geweiht. Bereits ein kurzer Blick auf die Bilder von damals macht deutlich, wie sehr sich die Kirche, aber auch die Gemeinde selbst gewandelt hat.

Stand die schlichte Backsteinkirche mit ihren hohen Fenstern 1954 noch allein auf einem ehemaligen Exerzierplatz der Waffen-SS, ist sie heute von einem großen Gemeindezentrum umgeben. „Durch die Kirche konnte soziales Leben erst richtig stattfinden“, sagt Pastorin Antje Maria Mell. Sie bereitet gemeinsam mit Dorothea Twesten aus dem Kirchengemeinderat, den beiden anderen Pastoren der Gemeinde und vielen weiteren Ehrenamtlichen die Jubiläumsfeier Anfang Oktober vor.

An drei Tagen sollen dabei viele Erinnerungen wach werden. Neben einer Fotoausstellung und einem Film, den der Sohn des erstens Pastors Hischer gedreht hat, wird der Kirchenhistoriker Stephan Linck über die Situation der Flüchtlinge nach 1945 in Schleswig-Holstein referieren.

Und auch bei der Predigt gibt es ein Wiedersehen. Karl-Günther Petters, Propst im Ruhestand aus Hamburg, wird sie halten. Er war in den 1970er-Jahren Pastor in der Gemeinde, als sich die Flüchtlinge und die Einheimischen langsam mischten und das kirchliche Zentrum gebaut wurde. „Es war eine Zeit mitten im Umbruch: eine Flüchtlingsgemeinde und Aufbruchswillige junge Familien aus Hamburg in ihren Einfamilienhäusern“, erinnert er sich heute. Er habe viel Engagement erlebt und auch viel Bereitschaft, in der Gemeinde anzupacken und Neues zu wagen. Dies zeichne die Gemeinde bis heute aus. Die umstrittene Umbauung der Kirche habe viel dazu beigetragen, dass sich in Norderstedt ein Zentrum entwickeln konnte, das bis heute hervorragend funktioniere.

Auch wenn die Kirche in Harksheide eine Kirche für alle sein will, mit den Flüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten bleibt sie besonders verbunden. Sichtbares Zeichen ist das Denkmal vor der Kirche, hörbares Zeichen sind zwei Glocken aus dem schlesischen Geischen. Sie wurden im August 1954 im Glockenstuhl der Kirche aufgehängt. Ein Jahr zuvor war die Kirchengemeinde selbstständig geworden, zuvor gehörte das Gemeindegebiet zu Garstedt, Hugo Hischer war dort zweiter Pastor. Aus der Falkenbergkirche selbst entwickelte sich wiederum zum einen das Vicelin-Haus im Süden und zum anderen das Albert-Schweitzer-Haus im Norden, das seit 2007 wieder zur Gemeinde Harksheide gehört.

Nach den Problemen der vergangenen Jahre, in der zwei Jahre lang kein eigenes Leitungsgremium existierte, kann die Gemeinde unter dem neuen Kirchengemeinderat und dem jungen Pastorenteam wieder neu anpacken. „Wir überlegen derzeit, wie wir die Angebote im kirchlichen Zentrum noch besser mit der Gemeindearbeit verbinden können“, nennt Pastorin Mell dabei einen Aspekt, der in der Zukunft verbessert werden soll.

Eine weitere Aufgabe bleibt konstant bestehen: Die alten Gebäude müssen für die Zukunft fit gemacht werden. Und während Kirche und kirchliches Zentrum passend zum Jubiläum gerade eine kleine Schönheitskur verpasst bekamen, ist die Zukunft von altem Pastorat und Jugendhaus noch offen.

In Harksheide gibt es auch künftig viel zu tun.