Bei der Explosion eines Gasautos wurden zehn Retter verletzt – jetzt werden die Einsatzregeln geändert

Kreis Segeberg. Die Feuerwehren in Norderstedt und Umgebung reagieren auf die schwere Explosion eines mit Gas betriebenen Autos. Für die Norderstedter Feuerwehrmänner gelten seit Montag verschärfte Regeln im Umgang mit brennenden Pkw. Fortan werde man sich brennenden Fahrzeugen nur noch mit voller Schutzausrüstung nähern, sagte Gemeindewehrführer Matthias Huhn. Zu dieser Schutzausrüstung gehören auch Atemschutzgeräte und Helme. Für die Feuerwehrmänner, die die Unfallstelle absichern, gelte zudem ein vergrößerter Sicherheitsabstand von 15 Metern. „Eventuell werden wir die Löscharbeiten auch aus der Deckung heraus durchführen“, so Huhn. Zudem sollen sich die Feuerwehrleute dem Auto künftig von vorne nähern. Ähnliche verschärfte Vorsichtsmaßnahmen kündigte auch Kreiswehrführer Rolf Gloyer an.

Am 15. August war bei Rohlstorf ein 53-Jähriger mit seinem Gas betriebenen Ford Focus mit rund 80 Stundenkilometern gegen einen Baum geprallt. Das Auto war in Flammen aufgegangen und kurz darauf explodiert. Der Fahrer starb noch an der Unfallstelle, fünf Einsatzkräfte der freiwilligen Feuerwehr wurden bei der Explosion schwer verletzt, fünf weitere leicht. Autos, die nach Unfällen explodieren, gibt es in der Regel nur im Fernsehen. Das gilt auch für die Tanks von Gas betriebenen Autos, die auch einem Brand standhalten sollen. „Wir haben uns auf die Einschätzung der Experten verlassen“, sagt Huhn. Die Feuerwehrleute trugen bei der Explosion schwere Verbrennungen im Gesicht davon. Durch die Atemschutzmasken und Helme sowie den vergrößerten Sicherheitsabstand sollen solche Brandverletzungen künftig verhindert werden. Der Feuerwehrmann, der am nächsten zum explodierenden Auto stand, trug eine Atemschutzmaske und erlitt keine Brandverletzungen.

Ursache für die Explosion war eine Kautschuk-Ablagerung

Die Ursache für die Explosion des Gastanks war laut Bericht des Dekra eine Kautschuk-Ablagerung am Überdruckventil des Gastanks. Durch die Kollision mit dem Baum seien Bremsflüssigkeit und Getriebeöl ausgetreten. Aufgrund der starken Deformation des Fahrzeugs habe sich dieses Gemisch an heißen Bauteilen des Motors entzündet. Der Gastank würde normalerweise einem Brand Stand halten. Doch die Kautschuk-Ablagerungen im Inneren eines Schlauches, der sich vor dem Überdruckventil befand, verstopften dieses und führten zum explosionsartigen Aufreißen des Gastanks.

Ob die Kautschuk-Ablagerungen durch den Aufprall in den Schlauch gelangten oder sich bereits vor dem Unfall dort festgesetzt hatten, ist unklar. „Wir können nicht mit Sicherheit ausschließen, dass so etwas wieder passieren kann“, sagt Huhn, der auch eine Kfz-Werkstatt betreibt. Kreiswehrführer Gloyer ist der gleichen Meinung. Die Feuerwehr hoffe zwar, dass die Explosion ein Einzelfall war. „Generell gehen wir aber immer vom größten Risiko aus“, so Huhn.

Selbst bei intensivsten Kontrollen sei es nicht feststellbar, ob sich im Inneren eines Schlauchs am Ventil des Gastanks Kautschuk festgesetzt habe, sagt Christian Schäfer, technischer Experte des ADAC. Es müsse jetzt darüber debattiert werden, ob die Ventile routinemäßig nach einer gewissen Zeit ausgetauscht werden müssen. „Als übervorsichtiger Autofahrer“, könne man das Ventil austauschen lassen, so Schäfer. Allerdings sei die Explosion des Gastanks der einzige Fall dieser Art – und das bei mehr als 700.000 Autos, die mit Gas betrieben werden.

Schon unmittelbar nach dem Unglück entbrannte zudem eine Diskussion über eine Kennzeichnungspflicht für Gasautos. Der Landesfeuerwehrverband Schleswig-Holstein sprach sich ebenso dafür aus wie die Feuerwehr-Unfallkasse Nord. Eine freiwillige Kennzeichnungspflicht gibt es bereits. Es handelt sich dabei um die vom ADAC eingeführte Rettungskarte, die bald von einer elektronischen Datenabfrage anhand des Kennzeichens ersetzt werden soll. Auch innerhalb der Feuerwehren im Kreis Segeberg wird eifrig diskutiert, wie man eine Kennzeichnungspflicht umsetzen könnte. „Aufkleber kommen nicht in Frage“, sagt Huhn, die seien bei einem Brand sofort unlesbar. Kreis- und Norderstedter Gemeindewehrführer sind sich einig: Sobald die elektronische Datenübermittlung des KBA an die Einsatzkräfte möglich ist, wäre das die beste Lösung. „Allerdings können wir nicht erst einmal zwei Minuten warten, bis jemand am Computer nachgeschaut hat, ob es sich um ein Gasauto handelt“, sagt Gloyer.

Diskussion um Kennzeichnungspflicht für Gasautos ist in vollem Gange

Für Gloyer gibt es noch ein anderes Problem: „Gasautos wären bei einer sichtbaren Kennzeichnung gebrandmarkt“, sagt er. Seine Befürchtung ist, dass Ersthelfer in diesem Fall nicht mehr oder nur noch zögerlich helfen könnten. „Das darf auf keinen Fall passieren.“ Generell brauche es eine bundesweite Lösung für das Problem.

Viele Bürger und Feuerwehrmänner sammeln unterdessen Spenden für die verletzten Einsatzkräfte. Acht der Männer sind wieder zu Hause, einer in der Reha-Klinik und ein weiterer muss aufgrund seiner schweren Brandverletzungen in stationärer Behandlung bleiben. Spenden sind möglich an: Sparkasse Südholstein, Konto 510486111, BLZ 23051030, Stichwort „Einsatz Rohlstorf 15. 8. 14“.