Eine Glosse von Beatrice Maass

Manchmal wäre ich gern so ein Ordnungs-Freak, jemand, der alles im Griff hat, der das Wort Chaos nur als Begriff, nicht aber als Gefühl und Zustand seiner heimischen Umgebung kennt. Ich wäre gern so eine Frau, die zum Kochen über ihre Schürze noch ein Geschirrhandtuch schlingt, um sie vor Flecken zu schützen. So jemand – stelle ich mir vor – sucht nie etwas. Solche Frauen kennen nicht die Panik, die in mir aufkeimt, wenn ich Post vom Finanzamt bekomme, das Unterlagen nachfordert. Sie weiß nicht, wie es ist, wenn man sein altes Auto verkaufen will, es jedoch hinauszögert, weil man nicht weiß, wo der verdammte Fahrzeugbrief abgeblieben ist.

Schon der Gedanke an eine bevorstehende Suchaktion löst bei mir Panik aus. Tage, ja Wochen, verdränge ich das Problem. Abends im Bett sinne ich darüber nach, wo ich suchen könnte. Vor meinem geistigen Auge gehe ich sämtliche Schubladen und Ordner durch – und bin um meinen Schlaf gebracht. Wenn es gar nicht mehr anders geht, tigere ich durch die Wohnung, reiße ein ums andere Mal Schubladen auf, gehe unzählige Papierstapel durch, krame in Taschen und suche an den unwahrscheinlichsten Orten. Ich verzweifle an mir selbst.

Wehe jemand aus meiner Familie spricht mich während solcher Phasen auch nur an. Ich befinde mich im Such-Tunnel, bin zu keiner menschlichen Kommunikation fähig – bis ich fündig werde! Und wo? Meist dort, wo ich zuerst gesucht habe. Ich bin also ordentlicher, als ich selbst denke.