St.-Petrus-Kirchengemeinde in Henstedt-Rhen will zweite Pfarrstelle durch Spenden attraktiv machen

Henstedt-Ulzburg. Den alten Pastorenspruch kann auch Michael Schulze zitieren: „Selig sind die Beene, die stehn vorm Altar alleene.“ Aber Schulze, der seit 17 Jahren in der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde St. Petrus auf dem Rhen wirkt, möchte nicht länger alleine als Seelsorger für die Gemeinde da sein. Er braucht Verstärkung. Denn ihn erreichen weitaus mehr Anfragen, als er bewältigen kann. Das ist ihm auch vom Kirchenkreis bescheinigt worden, denn der Kirchengemeinde steht eine halbe Stelle zusätzlich zu. Da fängt aber das Problem schon an: Wer bewirbt sich für eine halbe Pfarrstelle? Und, um es mit Michael Schulze zu sagen: „Was ist die Hälfte von unendlich?“ Die halbe Pfarrstelle auf dem Rhen war bereits im vergangenen Jahr im kirchlichen Amtsblatt ausgeschrieben, beworben hat sich niemand. Nun will die Gemeinde dafür sorgen, dass ihre halbe Pfarrstelle zu einer ganzen wird.

Zum einen hilft dabei die benachbarte Kirchengemeinde Henstedt-Ulzburg, genauer der Bezirk Henstedt. Auch an der dortigen Erlöserkirche fehlt rechnerisch ein Viertel Pastor, und so soll der neue Kollege von Michael Schulze auch Pastor Andreas Spingler in Henstedt entlasten. Das letzte Viertel wollen die Rhener nun über Spenden finanzieren. Ein Faltblatt ist erstellt und wird an die Haushalte der Kirchengemeinde verteilt. Dabei geht es Schulze nicht nur um die Seelsorge, bei der er derzeit die Überlastung am stärksten spürt. „Der neue Pastor oder Pastorin soll eine Person mehr sein, bei der sich alle Aufgaben verteilen“, sagt er.

Ob es die Gottesdienste oder die Amtshandlungen wie Taufen, Beerdigungen und Hochzeiten sind, Schulze braucht bei allen Dingen Entlastung, die den Pastorenberuf ausmachen. Zwar seien die derzeitigen Sommerferien relaxed, aber es gebe auch Zeiten, in denen er vom frühen Morgen bis in die Nacht arbeitet. „Ich wünsche mir mehr Zeit für Gespräche“, sagt Schulze. Nachgespräche bei Beerdigungen gebe es derzeit so gut wie nie, dabei seien diese besonders wichtig. Zudem müsse er immer wieder Gespräche verschieben, weil dringliche Aufgaben dazwischenkommen. „Die Pflicht ist nicht das Problem“, sagt er mit Blick auf die Gottesdienste und die sonstigen „normalen“ Aufgaben des Pastors. „Aber die Seelsorge ist auch Pflicht.“ Damit er dafür mehr Zeit bekommt und seine derzeitige Ausbildung, mit der er als Seelsorger noch besser werden will, nutzen kann, soll die Gemeinde nun Geld sammeln.

„Wir brauchen 30.000 Euro als Sockelbetrag, um das Amtszimmer einzurichten und für spendenarme Zeiten“, sagt Schulze. Das Geld soll über einmalige Spenden hereinkommen. Monatlich würden dann noch 1500 Euro benötigt, gerne per Dauerauftrag. Ein ehrgeiziges Ziel, zumal die Gemeinde bereits jetzt viel Geld neben den obligatorischen Kirchensteuereinnahmen aufbringt. „Ohne Spenden hätten wir keinen angestellten Musiker und keinen Küster“, erläutert Schulze. Auch der Jugendarbeiter werde zum Teil durch Spenden finanziert. Und beim Pastor gibt es dann noch eine besondere Hürde: „Er ist ein Beamter. Wenn kein Geld mehr rein kommt, müssten wir erst den Jugendarbeiter oder die Sekretärin entlassen, die sind ja alles keine Beamten“, erläutert Schulze. In seinen Augen ist das Sammeln von Spenden für die Gemeinde vor Ort sinnvoll. „Weltweit liegt den Menschen ihre Kirche vor Ort am Herzen.“ Das deutsche Modell der Kirchensteuer habe Vorteile, unter anderem das relativ gute Gehalt der Pastoren. „Wir werden aber in Zukunft doppelgleisig fahren müssen“, sagt Schulze.

In der ganzen Nordkirche ist das Fundraising mittlerweile angekommen, unter anderem gibt es im Landeskirchenamt eine eigene Arbeitsstelle. Wie viele Pfarrstellen dabei durch Spenden teilfinanziert sind, kann Frank Zabel, der Sprecher der Nordkirche, allerdings nicht sagen. Die Kirchenkreise seien Träger der Stellen und würden mit den Gemeinden im konkreten Fall eine Vereinbarung abschließen. „Nach unserer Schätzung handelt es sich aber nur um einzelne Stellen“, sagt Zabel. Altholstein Propst Kurt Riecke, der auch für die Kirchengemeinde St. Petrus zuständig ist, findet es eine gute Idee, die Pfarrstelle durch Spenden aufzustocken. „Die Grundversorgung wie Amtshandlungen, also Sonntagsgottesdienste, Taufen, Beerdigungen und Hochzeiten, wird immer gewährleistet bleiben“, sagt er. „Wenn aber eine Gemeinde mehr und besondere Schwerpunkte setzen möchte, beispielsweise einen Jugenddiakon, einen Kirchenmusiker oder eben einen Pastor finanzieren möchte, dann führt an solchen Aktionen in Zukunft nichts vorbei.“

Für Michael Schulze und seine Kirchengemeinde wird es jetzt spannend. Etwa 9000 Euro haben sie bereits eingesammelt, in den nächsten Wochen und Monaten muss also noch mehr an Geld zusammen kommen, damit die Stelle besetzt werden kann. Vielleicht klappt das im Frühjahr durch einen Berufsanfänger, der als Pastor zur Anstellung direkt nach dem Vikariat kommen könnte, überlegt Pastor Schulze.