... mit Landwirt Carsten Piehl bei der Rapsernte in der Gemeinde Schmalfeld

Bei der Rapsernte ist der Staub überall. Deswegen macht Carsten Piehl sauber, bevor er zum nächsten Acker aufbricht. Nachdem er das Mähwerk auf dem bereitgestellten Hänger abgelegt und befestigt hat, werden die Scheiben des großen neuen Mähdreschers geputzt. „Am Ende der Rapsernte freut man sich über ein Gewitter, damit alles wieder sauber wird“, sagt Piehl augenzwinkernd. Insgesamt 150 Hektar Raps hat er dieses Jahr geerntet und dies nicht nur auf den eigenen Flächen, die er und sein Zwillingsbruder in und um Leezen-Heiderfeld bewirtschaften. Gemeinsam mit zwei weiteren Landwirten bildet er eine Maschinengemeinschaft, für einen von ihnen drischt er an diesem Tag den Raps auf vier Äckern in Schmalfeld. Außerdem arbeitet er auch noch als Lohnunternehmer für etwa zehn weitere Kunden. Während der Ernte ist da viel zu tun, vor dem Raps war die Gerste dran und danach kommen noch Weizen und Roggen. Aber erst einmal geht es zum dritten Acker des Tages direkt durch Schmalfeld.

Der breite Mähdrescher nimmt fast die gesamte Straßenbreite ein

Der breite Mähdrescher des amerikanischen Herstellers John Deere nimmt fast die gesamte Straßenbreite ein, dennoch versucht ein Autofahrer noch kurz vor dem Ortsschild zu überholen. Das klappt im zweiten Anlauf, hier ist es noch breit genug. Später im Wohngebiet ist dann kein Vorbeikommen mehr, aber zur Mittagszeit in den Ferien ist hier ohnehin nicht viel los. Piehl bleibt aufmerksam. Er fährt teilweise mit Absicht in der Mitte, damit kein Autofahrer auf die Idee kommt, ein waghalsiges Überholmanöver zu starten, erzählt er später. Kurz nach dem Ortsausgang biegen Piehl und sein Kollege, der mit dem Traktor das Mähwerk transportiert hat, auf den nächsten Acker ab. Schnell wird alles wieder montiert und es geht von vorne los.

Piehl steuert die große Maschine mit dem 7,5 Meter breiten Mähwerk direkt an den Rand des Ackers und fängt mit dem Dreschen an. Zunächst einmal rund um den Acker, mehr als vier Hektar vom reifen Raps sind aufzunehmen. „Ich muss mir Wendeplatz und auch einen Platz für die Anhänger schaffen, damit ich den Raps loswerde“, erklärt Piehl. Währenddessen passt er auf, weder zu weit an den Knick zu kommen noch etwas vom Raps stehen zu lassen. Aber es gibt noch mehr Herausforderungen, denn kurz darauf muss er abrupt abbremsen. „Da sind zwei Erdhaufen, das erzählt einem ja keiner“, sagt er. Zum Glück hat er das Hindernis schnell gesehen, umfährt die Haufen, um danach mit dem Umrunden des Ackers fortzusetzen.

Die moderne und geräumige Kabine ist klimatisiert, es gibt sogar ein Kühlfach

Der heiße Sommertag macht dem 35-Jährigen dabei kaum Mühe. Die moderne und geräumige Kabine ist klimatisiert, unter dem Sitz des Beifahrers gibt es ein Kühlfach, und viele Parameter der Arbeit werden dem Fahrer auf mehreren Anzeigen präsentiert. So wie zum Beispiel die Ertragsmenge. Am Rand des Ackers ist sie recht gering. „Der Knick zieht die Nährstoffe ab und ist Konkurrent der Kulturen“, erklärt Piehl. Während er am Rand des Ackers hochgerechnet knapp drei Tonnen pro Hektar drischt, werden es ansonsten etwa vier Tonnen pro Hektar sein. Überhaupt der Knick. Er gehöre selbstverständlich zu unserer Kulturlandschaft in Schleswig-Holstein, sagt Piehl. Das führe allerdings zu Nachteilen bei der Wirtschaftlichkeit, die er selbstverständlich in Kauf nimmt. Allerdings ärgert er sich wie viele seiner Kollegen über den Knickerlass des Landes und fürchtet eine Enteignung der landwirtschaftlichen Flächen durch Minister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen). „Hier gibt es fast einen Meter Abstand zum Knick“, stellt er mit Blick auf den Acker fest. „Ich kenne keinen Kollegen, der den Knick schädigt.“ Also sei der Erlass unnötig.

Kurz nach dem aufkommenden Ärger freut sich Piehl über ein Naturschauspiel. Ein Storch kommt angeflogen. „Der ist immer mit dabei“, sagt er. Der große Vogel wolle von dem durch das Dreschen freigelegten Boden profitieren. „Dieses Jahr haben wir viele Erdkröten.“ Allerdings scheint das am Rand abgeerntete Rapsfeld kein gut gedeckter Tisch für den Storch zu sein. Er zieht schnell wieder ab, kommt später aber wieder. Für Carsten Piehl hingegen ist nun der Tisch oder besser der Kofferraum gedeckt. Die Frau seines Kollegen ist mit dem Auto und jeder Menge belegter Brötchen eingetroffen.

Piehls Werkzeug ist ein Mähdrescher vom Gegenwert eines Doppelhauses

„Bei meinem Beruf kann ich während der Arbeit in der Natur picknicken, wo gibt es das schon?“, sagt Piehl. Es ist ihm anzusehen, dass er die Arbeit liebt. Zwar saß er am Vortrag bis 2 Uhr nachts auf dem Drescher und stand morgens um 5 Uhr wieder auf dem Hof, da er Schweine verladen musste – neben 270 Hektar Land gehören auch 2000 Mastschweine zum eigenen Betrieb. Aber für Carsten Piehl ist die Landwirtschaft Beruf und Leidenschaft zugleich. Eine Kanne Kaffee nimmt er gleichwohl gerne mit auf den Drescher. Zweieinhalb Stunden Schlaf – die vier Wochen alte Tochter sei in der Zeit immerhin ruhig geblieben – gehen auch an ihm nicht spurlos vorbei. „Manchmal wünscht man sich schon einen Regentag, damit man mal durchschnaufen kann.“

Generell ist aber die Erntezeit für ihn die Zeit, in der sich die Arbeit eines ganzen Jahres auszahlt – oder eben auch nicht. Erst jetzt könne er sehen, ob er gut gearbeitet hat, meint Piehl. Sein neues Werkzeug ist dabei ein Mähdrescher vom Gegenwert eines Doppelhauses. „Man braucht ihn vier Wochen, dann steht er elf Monate auf dem Hof“, sagt er. Mit der Maschine sei er dabei doppelt so schnell wie vorher, die technische Entwicklung sei enorm. Drei Hektar schafft Piehl mit dem neuen Mähdrescher in der Stunde und natürlich registriert die Maschine selbstständig, wie gut gefüllt die Speicher sind.

„Wenn er zu drei Viertel voll ist, blinkt meine Rundumleuchte, wenn er voll ist, gibt es Dauerlicht“, erläutert Piehl. Da er sich gerade weg von der Einfahrt zum Acker bewegt, wo bis gerade eben noch der Hänger stand, kommt ihm nun der Angestellte seines Kollegen mit Traktor und Anhänger entgegen. Kurz darauf fährt er parallel zum großen grünen Mähdrescher. Piehl befüllt den Hänger nun beim Fahren. Da er auf dem Acker immer unter fünf Stundenkilometern unterwegs ist und er zudem jahrelange Erfahrung auf der Maschine hat, erscheint auch dies wie die gesamte Arbeit von Carsten Piehl fast spielerisch – die vielen modernen Hilfsmittel, das Bedienelement in der rechten Hand und das kleine Lenkrad in der linken tun dabei das ihrige dazu. Gefahren wird aber immer noch manuell. Piehl verlässt sich nicht auf den Autopiloten, die Steuerung über GPS funktioniere noch nicht richtig.

Auch in der modernen Landwirtschaft wird Augenmaß gebraucht

Während der Hänger zur Zwischenstation nach Stuvenborn gebracht wird, erntet Piehl weiter den Acker ab. Endstation für den Raps ist übrigens die Hamburger Ölmühle. Nachdem er sich genügend Platz geschaffen hat, fährt er immer auf und ab. Das sei besonders effektiv, erklärt er und passt nebenbei auf, dass er die deutlich sichtbaren Fahrwege von der richtigen Seite anfährt und mäht. Denn sonst würde er den Raps nicht aufnehmen, sondern auf dem Feld niederdrücken, erläutert er.

Auch dies zeigt: In der modernen und technisierten Landwirtschaft braucht es Menschen wie Carsten Piehl, die nicht nur die Maschine genau kennen, sondern ihr Handwerk mit Augenmaß und Leidenschaft ausüben – und dafür gerne viele Stunden in der Erntezeit auf den Äckern der Region unterwegs sind.