Er hatte einen Ladendieb bei Rewe im Norderstedter Herold-Center verfolgt und wollte ihn stellen

Norderstedt. Es war Ende September 2012, als der Detektiv der Lebensmittelkette Rewe im Herold-Center in Norderstedt einen Mann beobachtete, der sich aus einem Regal eine Dose Red Bull nahm und diese an Ort und Stelle öffnete und austrank. Durch einen anderen Vorfall abgelenkt, verlor Muhammed G., 26, den Dieb aus den Augen. Umso mehr staunte G., als der Dieb anderthalb Stunden später wieder in den Laden marschierte, sich dieses Mal eine Packung Tabak und Zigarettenpapier griff und ohne zu bezahlen davonging.

Der Rewe-Detektiv verfolgte den Dieb, sprach ihn an und bekam zur Antwort, er solle sich „verpissen“. Ehe er sich versah, erhielt G. dann ohne Vorwarnung einen so heftigen Faustschlag ins Gesicht, dass er mit blutender Nase zu Boden ging. Mithilfe eines Security-Mannes gelang es wenig später, den dreisten Dieb, der nach Aussage von Zeugen ohne Schuhe unterwegs war, zu stellen und der Polizei zu übergeben.

Vor dem Norderstedter Amtsgericht fand die Angelegenheit nun ein Nachspiel: Bekim G., 29, musste sich wegen Dienstahls geringwertiger Sachen und Körperverletzung verantworten. Wortreich erzählt der im Kosovo geborene Angeklagte davon, dass er am Tattag gerade zum ersten Mal seit längerer Zeit eine Therapie in Rickling für ein Wochenende unterbrechen durfte. Er leide unter anderem an einer Psychose und habe damals zu wenig Medikamente erhalten. Plötzlich habe er das dringende Bedürfnis nach einer Zigarette verspürt.

Er habe dann vor dem Herold-Center rauchen wollen, als ihm der Detektiv mit erhobenen Fäusten entgegengekommen sei. Dieses Verhalten habe er als Angriff gewertet und sich nur verteidigen wollen. Es sei also eine Notwehrhandlung gewesen.

Der Security-Mann Peter G., 39, aus Neumünster gibt als Zeuge an, einen lautstarken Streit zwischen beiden Männern gehört und gesehen zu haben und wie der Detektiv zu Boden ging. Der Angeklagte habe den Eindruck gemacht, neben sich zu stehen. Nicht nur weil er auf Strümpfen unterwegs gewesen sei, sondern auch, weil er, wie der Zeuge Muhammed G. berichtete, bei Ausführung der Diebstähle ganz ruhig gehandelt und sich nicht um die anderen Kunden im Laden gekümmert habe.

So stellt sich die Frage der Schuldfähigkeit des seit Jahren wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung befindlichen Angeklagten. Der anwesende Gutachter bescheinigt dem Angeklagten eine schwere Persönlichkeitsstörung, die zurzeit in Rickling behandelt wird. Im Ergebnis war der seit Jahren von Sozialhilfe lebende Mann nur vermindert schuldfähig gewesen.

Richter Jan Buchert berücksichtigt zugunsten des Angeklagten auch, dass die Tat lange her ist und der Angeklagte geständig war. So kommt der junge Mann, der sich wortreich entschuldigte und Besserung gelobte, mit einer Geldstrafe von 300 Euro davon.