Sie sind die Männer fürs Grobe: Herbert Freitag und seinen Kollegen von der Sperrmüllabfuhr des Wege-Zweckverbands

Erst am Ende der Tour gibt es ein wenig Ärger. Als Herbert Freitag und seine drei Kollegen in Ellerau gerade Sperrmüll in den Wagen werfen, kommt eine ältere Frau dazu. „Wie lange dauert das denn noch? Die drei Wagen versperren hier alles“, schimpft sie. In der Tat: Die vier Mitarbeiter des Wege-Zweckverbandes der Gemeinden des Kreises Segeberg (WZV) sind mit drei großen Wagen gekommen und stehen nun hier wie an vielen anderen Stellen zuvor für eine kurze Zeit an der Straße. Ein Wagen ist für den Elektroschrott, einer für Metallschrott und der Wagen mit der Presse für den üblichen Sperrmüll vorgesehen. In einer engen Wohnstraße bleibt da nicht mehr viel Platz für Autofahrer.

Dass sich einige wenige aufregen, kennen die Müllmänner. Freitag und seine Kollegen bleiben ruhig, einer von ihnen, Oliver Wulff, erwidert nur: „Bis wir fertig sind.“ Und das ist nicht lange, denn die vier in ihren orangefarbenen Hosen und T-Shirts arbeiten schnell, zuverlässig und meist mit einem Lächeln auf den Lippen. Das ist an diesem Tag auch kein Wunder, schließlich gibt es außer der schimpfenden Frau keine unschönen Zwischenfälle auf der Straße. Auch der Müll hält sich in Grenzen, den die Müllwerker an diesem Tag abzuholen haben. Knapp 40 Adressen in Kaltenkirchen, Alveslohe und Ellerau stehen auf dem Plan, jeder Kunde des Wege-Zweckverbands kann einmal im Jahr zwei Kubikmeter Müll kostenlos nach Anmeldung abholen lassen.

Der Tag beginnt für die vier Müllmänner um Herbert Freitag, der den Lkw für Elektroschrott steuert, um 6Uhr in Bad Segeberg. Noch vor dem Berufsverkehr geht es los, diesmal in den Westen des Kreises. In Kaltenkirchen wird gestartet, die Route ist vorher festgelegt, die Straßen, Kundennamen und Telefonnummern stehen auf einem Zettel auf einem Klemmbrett im Wagen. Wenn etwas unklar ist, verständigen sich die Fahrer über Funk. Der hilft auch beim Einparken.

Als es in Kaltenkirchen an einer Stelle eng wird, dirigiert Freitag seinen Kollegen Andreas Albrecht per Funk direkt vor seinen Wagen. Dann werden die gelben Signalleuchten angeschaltet, er steigt aus und hilft beim Einladen des normalen Sperrmülls. „Wir fahren immer im Verbund“, sagt er. „Jeder lädt ein, was in sein Fahrzeug gehört, und ansonsten beladen wir zusammen den Sperrmüllwagen.“

Freitag und seine Kollegen erkennen meist sofort, was einer alleine schleppen kann und was besser zu zweit getragen werden sollte. Sie wissen, dass sie immer wieder den Weg von den Sperrmüllhaufen an den Grundstücken zum Fahrzeug gehen müssen und laden sich nur so viel auf, dass sie sich nicht überlasten. Denn niemand weiß, was der Tag sonst noch so an Müll bringt. Da passt es, dass die heutigen Möbelstücke meist nur aus Spanplatten bestehen. „Früher war alles schwer“, sagt Freitag. „Bis zu schweren Öfen war alles dabei.“ Heute sind es meist nur die sperrigen Sofas, bei denen ein Müllmann alleine passen muss.

Die Männer lieben’s deftig: In der Pause gibt es Hot Dogs und Schaschlik

Wenn das ehemals gute Stück aus dem Wohnzimmer dann langsam von der Presse zerdrückt wird und einer dabei das Sofa festhält, dann fällt auch schon mal der eine oder andere lustige Spruch. Bei Herbert Freitag und seinen Kollegen Andreas Albrecht, Oliver Wulff und Roland Niemann herrscht eine gute Stimmung, es wird immer wieder gescherzt und gelacht. Das steigert sich, als die vier sich gemeinsam mit zwei Kollegen am Ohland-Center zur Pause treffen. Kaltenkirchen ist jetzt kurz vor 10 Uhr bereits leer geräumt, nun gibt es die verdiente Stärkung: Hot Dogs, Schaschlik, Würstchen. Müllmänner lieben es deftig. Danach eine Zigarette – und weiter geht’s.

Dass es bei der Arbeit stinkt, ist normal. Herbert Freitag empfiehlt dagegen die gleiche Strategie wie gegen Regen und Kälte: „Einfach nicht dran denken.“ Das gleiche gilt für das Abladen auf dem Gelände der Firma Brockmann in Nützen. Bevor der Sperrmüllwagen weiter nach Alveslohe fährt, wird die Ausbeute des frühen Vormittags abgeladen. Die Halle ist voller Müllberge, ein süßlich-bitterer, leicht verfault-gammliger Geruch liegt in der Luft. Hier kommt alles zunächst einmal auf einen großen Haufen, dann werden die verwertbaren Stoffe – Kunststoffe, Metall, Holz – in der Sortieranlage herausgeholt.

Fahrer Roland Niemann lässt die Umgebung kalt, als er schaut, ob der Wagen leer ist. Bei ihm scheint die Strategie der Müllmänner zu funktionieren. Sollte er sich vor den Abfallbergen ekeln, merkt man es nicht. „Das war nicht viel, normalerweise hätten wir noch nicht kippen müssen“, sagt er. Aber wenn der Wagen weiter weg auf einmal voll ist, dann würden die Fahrer viel mehr Zeit verlieren. Also nehmen sie den kurzen Umweg in Kauf und fahren dann über die B4 nach Alveslohe.

Das kommt selten vor: Die Profis in Orange finden eine Hausnummer nicht

Dort herrscht dann erst einmal Verwirrung. Die Hausnummer auf dem Plan dürfte falsch sein, zumindest finden die Fahrer sie nicht. Dabei kennen sie sich im ganzen Kreis Segeberg aus, manche wüssten sogar, welche Nummer in einer Straße wo liegt und welche Nummer gegenüber ist, meint Freitag. Er selbst kennt sich zwar gut aus, kann in diesem Fall aber ebenso wenig helfen wie die vermeintlichen Nachbarn. Oliver Wulff ruft beim Kunden an. Ohne Erfolg.

Bei der nächsten Adresse in einer Kurve steht etwas mehr. Hier wird wieder deutlich: Die Arbeit der Müllmänner ist gefährlich, dass alle in Signalfarben gekleidet sind, ist wichtig, gerade beim Aussteigen müssen Freitag und Co. aufpassen. Auf der viel befahrenen Straße in Alveslohe werden die Sperrmüllwagen zuweilen recht schnell überholt. Zu schnell. Und Rücksicht nehmen viele nicht. Freitag sagt verärgert: „Wir holen auch bei denen ihren Scheißdreck ab.“ Ein wenig mehr Achtung voreinander wäre ihm wichtig.

Auch wenn es nach seiner Überzeugung im Straßenverkehr härter zugeht als früher, Freitag macht seine Arbeit gerne. Vor 27 Jahren fing für ihn beim Wege-Zweckverband alles an. Damals musste er nach der Zeit bei der Bundeswehr feststellen, dass die Landwirtschaft zu Hause in Wulfsfelde (Gemeinde Pronstorf) als Haupterwerb keine Zukunft hat. Heute hält er sich ein paar Hochland-Rinder und würde gerne auch zwei Schweine laufen lassen. „Das ist wegen der vielen Vorschriften aber kaum zu machen“, sagt er auf dem Weg zur nächsten Adresse. Da hingegen ist der Müll schon weg. „Das war nur eine Regentonne. Die hat Olli allein geschafft“, funkt Roland Niemann. „Wenn du den Olli von der Leine lässt...“, frotzelt Freitag zurück. Die Stimmung bleibt gut unter den vier Kollegen.

Am nächsten Sperrmüllhaufen wird dann auch einmal der Kran am Wagen für Metallschrott aktiviert. Per Fernsteuerung hebt Andreas Albrecht den Schrott auf und lädt ihn ab, während ein paar Autofahrer wenden und einen anderen Weg wählen. Denn durch den Kran dauert es länger als sonst. Am Straßenrand schaut ein kleiner Junge auf seinem Dreirad fasziniert zu. „Jungs wollen gerne Müllmann werden“, sagt Freitag. „Sie sind von den großen Fahrzeugen und den blinkenden Lichtern fasziniert.“ Der Berufswunsch hält bei den meisten aber nicht lange an. Freitag und seine Kollegen beweisen allerdings, dass der Beruf trotz allem Dreck, Gestank und dem zunehmenden Verkehr auf den Straßen auch Spaß machen kann.