Oberbürgermeister Grote macht Ideengebern des preisgekrönten Bücherschrank-Projekts überraschend ein Angebot

Norderstedt. Die Zukunft der Telefonzelle, die das Ehepaar Ostrander zum Bücherschrank umfunktionieren wollte, ist wieder offen. Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote hat sich in den Streit um den Standort eingeschaltet und den bisherigen Plan gestoppt. Der sah vor, die rote Zelle vor dem Gebrauchtwarenhaus Hempels aufzustellen, nachdem sie restauriert ist. Dort sei die soziale Kontrolle durch die Mitarbeiter und die Kunden von Famila gegeben, lautete das Argument der Stadt. Doch dem Ehepaar Ostrander, das die Idee für das Projekt hatte, missfiel der Platz. Er sei zu abgelegen und widerspreche dem Ziel, dass möglichst viele Norderstedter das kleine Literaturhäuschen nutzen. Die Ideengeber gaben das Vorhaben darauf hin auf (wir berichteten).

Grote wollte den Einsatz der Initiatoren und deren ehrenamtliches Engagement aber nicht verpuffen lassen. Auch er und die Mitarbeiter der Verwaltung begrüßen die Idee, die, so der Verwaltungschef, nicht neu sei: „Schon vor fünf Jahren hatte die damalige Leiterin der Stadtbüchereien, Susanne Martin, vorgeschlagen, die Telefonzelle zu einer Tauschecke für Bücher umzugestalten“, sagt der Oberbürgermeister. Schon damals scheiterte das Projekt an Fragen, die auch jetzt wieder im Raum stehen: Wer haftet, wenn im Mini-Bücherschrank etwas passiert, sich beispielsweise jemand verletzt? Wer betreut die Literatur-Zelle, kontrolliert den Bücherbestand, füllt nach, sortiert und ordnet? Und wer repariert oder beseitigt Vandalismusschäden? „Um diesen Problemen so weit wie möglich zu begegnen, wurde ja der Standort vor Hempels ausgeguckt“, sagt Grote.

Nun will er den künftigen Betreibern freie Hand lassen bei der Wahl des idealen Platzes für die Literatur-Tauschbörse. Die Stadt biete den Ostranders oder anderen einen kostenlosen Pacht- und Nutzungsvertrag an. Sie können die Telefonzelle, die ein Gastgeschenk von Norderstedts englischer Partnerstadt Oadby-and-Wigston war, auf einen vier Quadratmeter großen Flecken irgendwo im Stadtgebiet stellen, wenn nicht erhebliche Argumente wie bauliche Gründe oder Sicherheitsaspekte dagegensprechen. Der Vertrag soll über zehn Jahre laufen: „Man muss den Bürgern eine gewisse Zeit zugestehen, damit sie sich an den neuen Anlaufpunkt gewöhnen und ihn annehmen“, sagt Grote.

Die Stadt unterstütze den Vorschlag der Ostranders, indem sie die Telefonzelle auf ihre Kosten reparieren lasse. Immer wieder war die Kabine in den vergangenen Jahren zerstört worden. Scheiben wurden eingeschlagen, der Telefonhörer herausgerissen. Schon lange konnte die Zelle nicht mehr in ihrer eigentlichen Funktion genutzt werden, sie gammelte am Rande des Rathausmarktes vor sich hin. Die Folge ist hoher Aufwand, um das ursprünglich schmucke Häuschen wieder instand zu setzen. Die Arbeiten hat die Stadt an eine Fachwerkstatt vergeben, immerhin rund 5000 Euro werden aus dem städtischen Haushalt dafür ausgegeben. In zwei Wochen soll die Zelle wie neue aussehen.

Möglicherweise wird nun sogar ein Förderkreis gegründet

Unklar ist, ob die Ostranders das Angebot annehmen. „Wir waren natürlich von der Nachricht und der Wende völlig überrascht“, sagt Ute Ostrander. Sie und ihr Mann hätten umgehend eine Mail an den Oberbürgermeister geschickt, sich für dessen Eingreifen bedankt und das Schreiben mit Fragen ergänzt. „Bevor wir uns entscheiden, müssen wir ja erst mal wissen, was an einem solchen Pacht- und Nutzungsvertrag dranhängt. Inwieweit müssen wir beispielsweise für eventuelle Schäden haften“, sagt die Initiatorin.

Klar ist bereits, dass Norderstedt Marketing als Betreiber des künftigen Bücherschranks ausfällt. „Wir haben zwar den Wettbewerb 1001 Euro für eine tolle Idee veranstaltet und mit der Jury dieses Projekt für preiswürdig erachtet. Aber wir wollen uns hier nicht mit fremder Kreativität schmücken“, sagt Carsten Krohn vom Marketingverein. Er werde sich aber am Donnerstag mit den Ideengebern treffen, um über das Projekt zu diskutieren. Grundsätzlich denkbar sei auch, dass sich ein Förderkreis findet und die Betreuung des Bücherschranks auf mehrere Schultern verteilt wird.