Rote Telefonzelle sollte zum Bücherschrank am Rathausmarkt werden. Stadt entschied gegen den Willen der Initiatoren

Norderstedt. Sie wollten die rote Telefonzelle am Rande des Rathausmarktes vor weiterem Vandalismus schützen und ihr zu neuem Glanz verhelfen: Ute und Rock Ostrander hatten die Idee, das Geschenk der Partnergemeinde Oadby-and-Wigston zu einem öffentlichen Bücherschrank umzufunktionieren. Die Kabine, die immer zerstört wurde, sollte mit Regalen für Bücher bestückt werden. Jeder sollte dort ausgelesene Bücher abgeben und sich mit neuen Romanen eindecken können. Kommunale Leseförderung und das alles kostenlos, lautet das Motto für das Projekt, das die Initiatoren in Karlsruhe entdeckt hatten.

Eine Super-Idee, die von allen Seiten Lob bekam, von der Jury des Wettbewerbs 1001 Euro für eine tolle Idee, die das Projekt unter die drei Sieger wählte, und auch von der Stadt. Sie freute sich, dass sie auf diesem Weg ein Dauer-Sorgenkind los werden konnte. Denn die Ostranders sagten zu, sich um den Bücherschrank zu kümmern, ihn mindestens zweimal pro Woche zu kontrollieren und für Ordnung zu sorgen. „Wir hätten mit dem Preisgeld auch die Zelle aufgemöbelt, umgestellt und eingerichtet“, sagt Ute Ostrander.

Doch so weit kam es nicht. Die Idee verpuffte in einem Wust von Kommunikationsproblemen. „Die vielen Missverständnisse und Fehlauskünfte erwecken den Eindruck, dass der Kommunikationsfluss in ihrem Haus nicht reibungslos läuft“, schreiben die Initiatoren in ihrem Brief an Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote und Dezernentin Anette Reinders.

Das Schreiben ist für die Ostranders das unrühmliche Ende ihrer tollen Idee, von der sie sich damit endgültig verabschiedet haben – ein Abschied mit Ärger. „Mit diesem Schreiben möchten wir unsere Verwunderung/Verärgerung über Handlungsabläufe der Stadt Norderstedt bekunden“, heißt es weiter. Zum endgültigen Bruch kam es bei der Frage, wo der neue Bücherschrank aufgestellt werden soll. Die Ideengeber favorisierten einen Standort, an dem die umfunktionierte Telefonzelle sofort ins Auge fällt, sich zwangsläufig ins öffentliche Bewusstsein rückt, weil dort viele Menschen unterwegs sind. Ein solcher Platz ist der bisherige Standort, fanden die Ostranders.

Aus Sicht der Stadt ist das allerdings ein problematischer Platz: „Am alten Standort neben dem Rathaus ist es leider immer wieder zu mutwilligen Zerstörungen und teuren Vandalismusschäden gekommen“, sagt Martin Sandhof, Leiter des städtischen Betriebsamtes. Alternativ plädierten die Initiatoren dafür, die Literatur-Zelle neben dem Vorverkaufshäuschen auf dem Rathausmarkt aufzustellen, auch dieser Vorschlag stieß auf Gegenwehr: „An diesem und anderen Plätzen, die in der Diskussion waren, mangelte es an der notwendigen Infrastruktur, zum Beispiel einen Stromanschluss. Es hätte zu unnötigen Kosten geführt, diese Mängel zu beheben“, sagt Rathaussprecher Hauke Borchardt.

„Das ist Unsinn“, sagt Ute Ostrander. Zum einen gebe es Straßenlampen, die die Kabine beleuchteten, zum anderen könnte man Strom durch eine Photovoltaik-Zelle erzeugen. Doch die Stadt hielt zwar am Konzept fest, fand aber einen anderen, ihrer Meinung nach gut geeigneten Standort: Nun soll die zum Bücherschrank umgebaute Telefonzelle am Gebrauchtwarenhaus Hempels aufgestellt werden, wenn sie aufgearbeitet ist. An der Stormarnstraße gebe es viel „Laufkundschaft“, zum einen die Kaufhaus-Kunden, zum anderen alle, die in den Stadtpark oder bei Famila einkaufen wollen. Der Einkaufsmarkt habe lange geöffnet, die soziale Kontrolle funktioniere auch in den Abendstunden.

Die Ostranders können diesen Argumenten nicht folgen: „Bei Hempels gibt es ohnehin schon jede Menge Bücher, da wird niemand noch extra den Bücherschrank nutzen“, sagt Ute Ostrander, die beklagt, dass sie und ihr Mann über den neuen Standort nicht informiert worden seien. Die Stadt wiederum will zum Schreiben der Initiatoren keinen Kommentar abgeben.

Carsten Krohn von Norderstedt Marketing hingegen äußert sich: „Es ist schade, dass eine tolle Idee, die von engagierten Bürgern mit viel Aufwand und ehrenamtlich vorangetrieben wurde, offenbar an Kommunikationsproblemen im Rathaus gescheitert ist.“ Auch Krohn hält den jetzt ins Auge gefassten Standort an der Stormarnstraße nicht für ideal. Seiner Meinung nach hätte über das interessante Projekt nicht unbedingt so schnell entschieden werden müssen. Norderstedt Marketing hätte möglicherweise Lösungen gefunden, die die Stadt nichts gekostet und die Ideengeber zufrieden gestellt hätten.

Was aus den anderen beiden 1001-Projekten geworden ist, lesen Sie in der nächsten Woche.