Angeklagter, 70, buchte sich unter falschem Namen ein und verschwand, ohne zu bezahlen

Norderstedt. Wolfgang M., 70, aus Hamburg ist der Ansicht, dass ihn das Leben ungerecht behandelt hat und daher nahm er sich das, was ihm seiner Meinung nach zustand: In einem Zeitraum vom 26. September bis zum 8. Oktober letzten Jahres mietete er sich ein komfortables Hotelzimmer in einem Hotel gehobener Klasse in Norderstedt und ließ es sich gut gehen.

M., der von 160 Euro Rente monatlich lebt, checkte unter falschem Namen mit angeblichem Wohnsitz in Hannover ein, während er in Wahrheit in einer Notunterkunft in Hamburg untergebracht war. Beim Auschecken hinterließ der Rentner eine offene Rechnung von 1125 Euro. Mit Hilfe von Fingerabdrücken auf dem Anmeldeformular wurde der Betrüger gefasst und saß jetzt vor dem Amtsgericht in Norderstedt auf der Anklagebank.

Wie sich dort herausstellt, ist der harmlos und gebrechlich wirkende Angeklagte strafrechtlich gesehen alles andere als ein unbeschriebenes Blatt: Im vergangenen Jahr verurteilten ihn zwei Hamburger Gerichte wegen gleich gelagerter Betrugsfälle, das heißt, M. mietete sich zweimal für einige Wochen in bequemen Hotels in der Hansestadt ein und bezahlte anschließend die Rechnungen nicht. Die letzte Verurteilung erfolgte im September 2013 und schon wenige Tage später checkte der Angeklagte in Norderstedt im Hotel ein – eine Tat, die an Dreistigkeit kaum zu überbieten ist.

Der Angeklagte gibt die Betrügereien offen zu, wirkt aber nicht gerade reumütig. Er sei als Maschinenassistent bis zum Jahr 2008 zur See gefahren, lange Jahre für eine schwedische Reederei und dafür erhalte er aus Schweden keine Rente. Die schwedischen Rentenanwartschaften für deutsche Arbeitnehmer seien per Gesetz für wertlos erklärt worden, erklärt der Verteidiger. Das Vorstrafenregister seines Mandanten enthält 30 Eintragungen, wobei sich seit 2008, dem Zeitpunkt der Rente, die betrügerischen Hotelanmietungen häuften. Von den hierfür in Hamburg verhängten zehn Monaten Freiheitsstrafe saß der Angeklagte bisher vier in der Untersuchungshaft ab. Der Antritt der Reststrafe in einer mit Sicherheit nicht besonders komfortablen Gefängniszelle steht noch an. Es macht nach Ansicht des Verteidigers keinen Sinn, hier noch eine Freiheitsstrafe oben draufzusatteln. Sein Mandant habe nämlich inzwischen ein möbliertes Zimmer bekommen, wo er sich zu Hause fühle. Daher habe er keine Veranlassung mehr, weiterhin betrügerisch Hotelzimmer anzumieten.

Nach einigen Bedenken beschließt Richter Jan Buchert, dieses Verfahren im Hinblick auf die noch abzusitzende restliche Freiheitsstrafe einzustellen. Verdient habe der Angeklagte das eigentlich nicht, so der Richter. „Ich erwarte von ihnen, dass sie jetzt nicht mehr straffällig werden“, ermahnt er den Rentner abschließend.