100 Beamte beim Sommerfest der Bandidos im Einsatz. Rätselraten über die Hells Angels in Norderstedt

Wahlstedt/Norderstedt. Bei Jubiläen geht es bei Rockern ähnlich zu wie bei anderen Clubs: Aus nah und fern kommen Gäste zum Gratulieren und zum Feiern. Doch eines unterscheidet die Feste der berüchtigten Clubs von Skatbrüdern, Gesangsvereinen und Vogelkundlern: Wenn Rockerbanden feiern, ist die Polizei mit einem Großaufgebot im Einsatz. Als die Bandidos am Sonnabend in Wahlstedt zu ihrem Sommerfest einluden, standen an den Zufahrten mehr als 100 Polizisten bereit und kontrollierten jedes am Clubheim ankommende Fahrzeug. Maskierte und schwer bewaffnete Beamte eines Spezialeinsatzkommandos sicherten die Kontrollstellen. 145 Gäste des Clubs, der sich BMC Northgate nennt, wurden überprüft.

Obwohl sich in der Szene herumgesprochen hatte, dass die Polizei massiv präsent sein würde, hatten mehrere Gäste gefährliche Gegenstände bei sich. Die Beamten beschlagnahmten einen Schlagring, der als Gürtelschnalle benutzt wurde. Damit lag ein Verstoß gegen das Waffengesetz vor. Außerdem fanden Polizisten ein Cuttermesser, einen Fleischspieß und ein Springmesser. „Die Gegenstände wurden zur Gefahrenabwehr sichergestellt“, sagte eine Polizeisprecherin. Außerdem erstattete die Polizei Strafanzeige wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Einzelheiten dazu teilte die Polizei nicht mit. Bei Kontrollen vor einem Jahr hatte die Polizei mehrere Messer und ein Axt gefunden.

Die Polizei zählt Rockerclubs wie die Bandidos oder die konkurrierenden Hells Angels zum kriminellen Milieu. Die streng abgeschotteten Vereinigungen machen immer wieder Schlagzeilen mit Gewalttaten und stehen im Verdacht, in Drogen- und Waffengeschäfte verwickelt zu sein sowie eine dominierende Rolle im Rotlichtmilieu zu spielen. Die beiden international vernetzten Vereinigungen werden von anderen Clubs unterstützt. Bei den Bandidos in Wahlstedt sind im selben Haus die Chicanos untergekommen.

Nach schweren Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Rockerclubs in Schleswig-Holstein und Verbindungen der Szene zu Neonazis hatte das Innenministerium eine Null-Toleranz-Strategie verkündet und mehrere Vereine verboten. „Das gilt weiterhin“, sagte ein Polizeiführer in Wahlstedt. „Außerdem werden wir keine Revierkämpfe dulden.“ Die Polizeipräsenz in Wahlstedt sollte auch rivalisierende Clubs wie die Hells Angels davon abhalten, am Clubheim Auseinandersetzungen zu provozieren.

Die Polizei hatte an den beiden Zufahrten Kontrollstellen eingerichtet. Wer das Clubheim ansteuern wollte oder erkennbar zur Szene gehörte, wurde auf einen Parkplatz gelotst. Dort durchsuchten Beamten die Fahrzeuge und überprüften die Insassen. Die Rocker fanden sich offenbar mit den Kontrollen ab. „Die Anreise der Teilnehmer und die Kontrollen verliefen ohne Störungen“, sagte eine Polizeisprecherin.

Die Hells Angels sind der zweite Rockerclub, der im Kreis Segeberg präsent ist. Sie residieren in Norderstedt in der Rockbar an der Ulzburger Straße, die nach Erkenntnissen der Polizei von einem Höllenengel geführt wird. Derzeit prüfen auf Rockerkriminalität spezialisierte Ermittler Hinweise der Angels im Internet, dass die Bar geschlossen wurde. Angeblich habe man den Treffpunkt aufgeben müssen, weil die Polizei die Bar und das Umfeld zum „Gefährlichen Ort“ erklärt hat und damit die Gäste kontrollieren kann.

„Was das bedeutet, wissen wir noch nicht“, sagte ein Beamter. Bislang habe die Polizei „punktuell“ kontrolliert und nach verbotenen Gegenständen gesucht. Die Rockbar habe als Szenetreff gedient. Außerdem seien dort „normale Kneipengänger“ zu Gast gewesen. Zu den Unterstützern der Angels gehören die Red Devils. Sie sind in Alveslohe an der Fischwehrstraße im ehemaligen Clubhaus der Hells Angels untergekommen, bevor diese nach Norderstedt gezogen sind. Auch dort ist scheinbar Ruhe eingekehrt. Der Veranstaltungskalender im Internet ist leer.