Ein Milchbauer ohne Kühe – das ist im Grunde genommen gleichbedeutend mit dem finanziellen Ruin.

Todesfelde. Mit diesem Szenario musste sich Dieter Scherrer aus Todesfelde auseinandersetzen, seitdem die Staatsanwaltschaft und das Kreisveterinäramt vor rund vier Monaten die 156 Rinder des Landwirtes beschlagnahmt hatten (das Abendblatt berichtete). Der schwerwiegende Vorwurf: Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Es habe eine Mängelliste gegeben, die Scherrer nicht abgearbeitet hätte, hieß es damals seitens der Behörden. Der Beschuldigte hatte jedoch betont, nicht genügend Zeit für Nachbesserungen, etwa Reparaturen, bekommen zu haben.

Das Landgericht Kiel hat dem Fall nun eine überraschende Wendung gegeben, die Sachlage anders bewertet und das Tierhalteverbot sowohl gegen Dieter Scherrer als auch gegen seinen Sohn Andreas aufgehoben. Letzterer hatte den Hof nach der Beschlagnahmung Anfang des Jahres gepachtet, mehrere Dutzend neue Kühe gekauft und den Betrieb weitergeführt. Zwar hatte auch er ein Verbot hierfür erhalten, doch weil Andreas Scherrer daraufhin Einspruch einlegte, durften die Melkmaschinen zunächst weiterlaufen.

Viele Fragen sind nun, trotz der Entscheidung des LG Kiel, weiterhin offen. Sollte es kein Verfahren gegen Dieter Scherrer geben, bekommt er dann seine Kühe sofort zurück? Derzeit sind diese auf dem Hof des Viehhändlers Bernd Karstens in Groven (Dithmarschen) untergebracht. Gemolken werden die Tiere dort nicht, sie sind trockengestellt.

Wahrscheinlicher ist, dass ein Großteil der Milchkühe nicht mehr für die Produktion geeignet sein wird, also verkauft werden müssen. Ein Gutachter hat den Wert des Bestandes auf 58.000 Euro taxiert – für die Scherrers nicht akzeptabel, sie würden nach eigenen Angaben dann 80.000 Euro verlieren. Ungeklärt ist ferner, wer für die Futterkosten von Bernd Karstens aufkommt – bisher belaufen sich diese auf 138.000 Euro. Darüber hinaus: Sollte Dieter Scherrer vollständig rehabilitiert werden, könnte er durchaus Schadenersatzansprüche gegenüber den Behörden geltend machen. Dabei ginge es um den Verdienstausfall in den letzten Monaten sowie um den mutmaßlichen Wertverlust des Viehbestandes.