Stunden vor dem Achtelfinalspiel Deutschland gegen Algerien eine WM-Kolumne zu schreiben, die erst am Morgen danach erscheint, ist eine kitzlige Aufgabe.

Man stelle sich vor, ich verkünde hier Hurrameldungen, obwohl sich unsere Jungs vielleicht im Match irre blamiert haben. Oder sie liefern die Glanzleistung des Jahres des Jahres ab und ich nörgele herum. Mein Text muss also unverbindlich bleiben, trotzdem darf er Sie nicht langweilen – allmählich verstehe ich, welche Qualen unsere Politiker im Wahlkampf erleiden. Zumal die dann noch nicht mal öffentlich zugeben dürfen, dass sie auch nicht wissen, wie die von ihnen angesprochenen Dinge ausgehen werden.

Niemand wählt einen Politiker, der freimütig erklärt: „Ich würde es mal soundso versuchen, hab aber keine Ahnung, ob’s funktioniert.“ Man konsultiert ja auch lieber einen Arzt, der nach eindeutiger Diagnose eine Therapie mit Erfolgsgarantie in Aussicht stellt. Wir möchten Schwarz oder Weiß und nicht die graue Wirklichkeit, die meistens aus Kompromisslösungen mit Folgeschäden besteht. Und deshalb, genau deshalb sind Fußballspiele mit K.-o.-Modus so großartig. Kein Dahinsiechen mit Gnadenrettung wie beim HSV in der Vorsaison, auch keine permanente Dämmerung wie bei der FDP. Kein Subventionsmodell, keine Reanimation als Dauerlösung, kein Aussitzen des Problems.

Als einziges Zugeständnis bestenfalls Verlängerung und Elferschießen, dann ist es geklärt: Es gibt einen Sieger und einen Verlierer. Kompromisslos – und hoffentlich ohne Folgeschäden. Wenigstens ist doch mal dieser Tag Schwarz oder Weiß.