Jedes Jahr führt die Plattdütsche Bühn’ Tangstedt im Herbst ein niederdeutsches Theaterstück auf, in diesem Jahr vom 10. Oktober bis 2. November. Der Titel: „Un nüms will de Vadder sien“. Wer sind die Darsteller? Wer schneidert die Kostüme? Wo und wie oft wird geprobt? Wer hat das Sagen? In lockerer Folge beschreibt das Abendblatt die einzelnen Schritte bis zur Aufführung. Heute geht es um den Kulissenbau.

Tangstedt. Es ist drückend heiß auf dem Heuboden der 119 Jahre alten Bauernstelle von Rudolf Sellhorn, 87. Hoch oben unter dem Dach sind Reiner Westphal und Frank Struckmeyer bei der Arbeit. Sie sind die Kulissenbauer des Vereins Plattdütsche Bühn’ Tangstedt. Unermüdlich messen, sägen und hobeln sie an Holzbrettern herum – solange, bis der Chef sein Okey gibt.

Georg Sellhorn, 61, ist der Regisseur des Lustspiels „Un nüms will de Vadder sien“, das am 10. Oktober im Alten Heidkrug in Kayhude Premiere feiert. „Bis dahin gibt es noch allerhand zu tun“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Das neue Bühnenbild auf der 5,5 mal 4 Meter großen Spielfläche hat er entworfen, Entwurf und Zeichnung schon kurz vor Weihnachten 2013 angefertigt. Es stellt das Wohnzimmer einer gut situierten Familie dar, mit Sofa, Sessel, kleinem Tisch, Schrank, Telefon. Links die Küche und das Esszimmer, hinten Mitte der allgemeine Aufgang, rechts geht es zu den übrigen Wohnräumen. Hier spielt sich das (Theater)-leben der Familie von Anton Stricker ab, dessen Tochter Heidi schwanger ist. Niemand außer ihr weiß, wer der Vater des Kindes ist. Am Hochzeitstag gehen die Probleme los. Seit Wochen wird auf dem alten Bauernhof umgebaut. „Alles wird ausgewechselt: Kulissen, Möbel, Spielfläche, Tür- und Fensterelemente“, sagt Sellhorn. Der gelernte Klempner und Installateur hat die Nase voll von den uralten Sperrholzwänden und Möbeln, die seit der Vereinsgründung 1977 bei vielen verschiedenen Theaterstücken ihren Dienst leisteten.

Rudolf Sellhorn, der Bauer auf dem Altenteil, ist ein Theaterfreund, er stellt Großcousin Georg das Gebäude als Trainingscamp und Lager mietfrei zur Verfügung. Hinten in der Diele wird gerade die Bühne aufgebaut, in den Räumen nebenan sind unzählige Requisiten aufgestapelt: Ein alter Fernseher mit nur einem Programm, eine Registrierkasse, Stehlampen, kleine Tische, Stühle und farbenprächtige Bilder. Die meisten hat Bianca Kleinschmidt gemalt. Seit 13 Jahren gehört sie dem Vorstand an, sie hat für diese Zwecke extra eine Malschule besucht.

In der Kleiderkammer warten Anzüge, Kleider, Strümpfe, Schuhe, Hüte, Blusen, Hosen und „Liebestöter“ auf ihren Einsatz. In der ehemaligen Rübenkammer, heute als Teeküche verwendet, wird das Geschirr aufbewahrt, und in der früheren Knechtekammer türmen sich die Kabelstränge. Für die Installation von Scheinwerfern und Lautsprechern, für Licht- und Tontechnik sorgen Sellhorns Söhne Thomas und Marcus. In der Schrotkammer gibt es Regale mit Schubläden für Nägel, Beschläge, Schmuck, Pinsel und alles, was man für ein Theaterstück gebrauchen kann. Vom ehemaligen Kuhstall geht es hinauf auf den Heuboden. Früher war hier nur ein Loch in der Decke, aber Georg Sellhorn hat auch dieses Problem gelöst. Jetzt führt eine steile Treppe ins Obergeschoss.

Hier ist die Werkstatt, überall stehen alte Öfen, Möbel und Wände herum, hier lagert alter „Plunderkram“. Auch ein Käuzchen schwirrt ab und zu herum. Zum Fundus gehört ein Jägeranzug aus alten Zeiten. Als der einmal bei einer Aufführung benötigt wurde, fragte ein Zuschauer seine neben ihm sitzende Frau: „Ist das nicht der Anzug von Ernst Meyer?“

In den ersten Jahren hat die Plattdütsche Bühn’ Tangstedt sehr spartanisch gelebt, sich mit milden Gaben über Wasser gehalten und mit Sachen, die Vereinsgründerin Leonore Andrée vorfinanziert hatte. Später ließ Georg Sellhorn, seit 1994 im Amt, seine Beziehungen spielen und organisierte von einer Bierbrauerei eine komplette Kneipenausrüstung.

Auch heute ist die Plattdütsche Bühn’ noch auf Sonderangebote angewiesen. Den Schrank auf der neuen Bühne hat Georg Sellhorn für 150 Euro bei Hempels in Norderstedt gekauft. „Das war ein Schnäppchen“, sagt er. Die Tragetasche, die bei der Aufführung mit dem Baby vor der Tür liegt, hat er bei Ebay für 3,50 Euro ersteigert.

Der Fahrplan zur Premiere des niederdeutschen Lustspiels „Un nüms will de Vadder sien“ steht. Die Proben, insgesamt sind es 44, laufen, und Anfang Oktober werden Bühnenbild und Kulissen zum Alten Heidkrug nach Kayhude transportiert.

In der nächsten Folge geht es um die Kostümschneiderin