Cold Water Challenge der Feuerwehren sorgt für unerwarteten Geldsegen beim Norderstedter Verein Paulinchen

Norderstedt/Kiel. Auf den Videos spielen Retter mit Wasser, springen in Unterhosen ins Pools oder stürzen sich juchzend in eiskalte Baggerseen. Dabei geht es laut und lustig zu. Mittlerweile zeigen Tausende Videos bei Youtube Feuerwehrleute, Rettungsassistenten und THW-Helfer, die beim Cold Water Challenge (CWC) mitmachen. Feuerwehrunfallkasse und so mancher Vorgesetzter betrachtet den Klamauk skeptisch und sorgt sich um Sicherheit und Image der eigenen Organisation, doch die Freunde des CWC weisen auf den Erfolg der Jux-Filmchen hin. Die Aktion hat in diesem Jahr bislang Spenden in Höhe von 26.000 Euro für den Norderstedter Verein Paulinchen eingebracht, der sich um brandverletzte Kinder kümmert.

„Paulinchen freut sich riesig über die vielen, vielen Spenden im Zusammenhang mit der Cold Water Challenge 2014“, heißt es auf der Homepage der Organisation. „Für uns ist das wirklich ein warmer Regen“, sagt Vereinssprecherin Adelheid Gottwald, die bislang 250 CWC-Spenden gezählt hat.

Der Geldsegen kam für die Organisation völlig unerwartet. „Wir haben uns das nicht ausgedacht“, sagt Adelheid Gottwald. „Wir wurden völlig überrascht.“ Zwar haben die meisten Organisationen ihre Filme bereits ins Internet gestellt, Spenden gehen jedoch weiter bei Paulinchen ein. Der Anstieg ist rasant: Vor drei Wochen kamen dank der CWC 3200 Euro auf dem Spendenkonto an. Vor zwei Wochen waren es 10.000. In den kommenden Tagen wird die 26.000-Euro-Marke vermutlich deutlich überschritten.

Paulinchen hat bei den Feuerwehren einen guten Ruf und profitiert von den Regeln des CWC, die zwar nirgends schriftlich fixiert sind, aber von allen Teilnehmer akzeptiert werden und ähnlich wie ein Kettenbrief funktionieren. Wer einen Clip gedreht und veröffentlicht hat, ruft darin andere Organisationen auf, binnen 24 oder 48 Stunden ebenfalls ein möglichst originelles Video zu drehen. Wer diese Frist nicht einhält, muss entweder eine Grillparty organisieren und die Gruppe einladen, von der er nominiert wurde. Alternativ zahlen die Retter eine Spende für Paulinchen – in der Regel 112 Euro. Die Freunde des Klamauks freuen sich außerdem über einen Imagegewinn. „Diese Filme zeigen den Bürgern, dass Ehrenamt auch Spaß machen kann, und Grillfeste dienen ja auch der Kameradschaftspflege“, hatte der Feuerwehrchef im Kreis Segeberg, Rolf Gloyer, vor zwei Wochen gesagt. „Die Feuerwehren brauchen dringend Nachwuchs, da passt es nicht, wenn dieser Spaß verboten wird.“

Geschäftsführer Holger Bauer vom Landesfeuerwehrverband Schleswig-Holstein weiß, dass er den Ruf des Spielverderbers hat. Dennoch haben der Verband und die Unfallkasse der Feuerwehren vor wenigen Tagen mit ihrer Kritik an den Jux-Videos noch einmal nachgelegt und auf ihrer Homepage auf die Probleme hingewiesen. Dabei geht es besonders um die Sicherheit. Als lebensgefährlich bezeichnete er die Aktion einer Feuerwehr, mit Chemikalienschutzanzügen ins Wasser zu springen. Auch ein Bad mit Atemschutzausrüstung berge bei einem späteren Einsatz Risiken, weil die Nässe die empfindliche Technik der Geräte beschädigen könne. Fällt das Atemschutzgerät im Qualm aus, kann der Feuerwehrmann ersticken.

Bauer hat auch Videos von Feuerwehren gesehen, die mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn den nächsten Pool ansteuern. „Das geht gar nicht“, sagt Bauer. „Das ist nicht zulässig.“ Außerdem fürchten er und Landesbrandmeister Delef Radke, dass die angekündigten Grillpartys das Image der Feuerwehrleute als chronische Biertrinker bestätigen. 90 Prozent aller Videos gehen in Ordnung, findet er. „Bei den anderen sind die Kameraden über das Ziel hinausgeschossen.“

Auch innerhalb einzelner Feuerwehren wird der feuchtkalte Spaß heiß diskutiert. Bei der Feuerwehr Norderstedt mit ihren vier Ortswehren gingen die Meinungen deutlich auseinander. Die Harksheider Feuerwehrleute sammelten 250 Euro, die dem Verein Paulinchen übergeben werden. Norbert Berg, Wehrführer im Stadtteil Garstedt, lehnt hingegen die CWC-Aktionen ab. Inzwischen haben sich alle Norderstedter Feuerwehrchefs auf eine gemeinsame Linie geeinigt. Berg: „Weitere Maßnahmen wird es nicht geben.“