Ein Norderstedter Anwalt und seine bosnische Frau engagieren sich nach dem Hochwasser auf dem Balkan für die Opfer

Norderstedt. Wenn Roland Harstorff, 44, mit seiner Frau Denana und Gleichgesinnten auf den Straßen von Hamburg stehen, um Spenden für die Flutopfer in Bosnien zu sammeln, dann stößt er nicht selten auf Ablehnung oder Unkenntnis. Flutkatastrophe in Bosnien? „Vielen Passanten muss ich erst mal erklären, um was es überhaupt geht und dass ich ihnen nichts verkaufen will“, sagt Harstorff. Die Deutschen haben die schlimmen Bilder offenbar schnell vergessen, die vor mehr als einem Monat aus Serbien und Bosnien kamen. Jetzt ist Fußball-WM. Aber unterdessen leiden die Menschen in den betroffenen Ländern. „Die Folgen der Überschwemmung sind katastrophal. Und die Hilfe vor Ort ist schlecht organisiert“, sagt Harstorff.

Der Norderstedter Anwalt ist mit einer bosnischen Frau verheiratet. Denana Harstorff hat Familie in Sarajewo. „Glücklicherweise ist von unseren Verwandten niemand betroffen. Trotzdem wollen wir nicht einfach hinnehmen, dass den Menschen in Serbien und Bosnien nicht ausreichend geholfen wird. Das Leid der Menschen in den Hochwassergebieten auf dem Balkan darf nicht in Vergessenheit geraten“, sagt Harstorff. So wie der Norderstedter denken auch zehn bis zwölf andere Bosnier, Serben und Kroaten in Hamburg und Umgebung. „Wir haben uns zusammengetan und entschieden, dass wir etwas unternehmen wollen.“ Eine Allianz von sich ehemals im Balkan-Krieg feindlich gegenüberstehenden Nationalitäten, geeint durch den humanitären Gedanken. Und so stehen das deutsch-bosnische Paar und andere Mitstreiter nun jeden Sonnabend, von 12 bis 16 Uhr, vor dem Mercado in Ottensen und rufen zu Spenden für die Hilfsorganisationen Help – Hilfe zur Selbsthilfe und action medeor auf, die in Hochwassergebieten Nothilfe leisten. „Die Menschen werden dort noch Monate auf Hilfe angewiesen sein. Viele haben durch die Jahrhundertflut ihren Besitz verloren. Deshalb suchen wir das Gespräch mit den Hamburgern und wollen während der Fußball-WM am Ball bleiben“, sagt Harstorff.

Die Langzeitfolgen sind dramatisch. Die Äcker der Bauern sind völlig verseucht

Beim bloßen Geldsammeln wollen es Harstorff und seine Mitstreiter nicht belassen. Sie denken auch über den Transport von Sachspenden in die Region nach. „Das Problem dabei ist nur, dass es viele Streitereien in der Politik vor Ort gibt. Dazu kommt die korrupte Verwaltung. Viele Sachspenden bleiben an den Grenzen hängen und kommen bei den Bedürftigen gar nicht an.“ Die Helfer aus Norderstedt und Hamburg wollen aber nachhaltige Hilfe für die Flutopfer leisten. „Durch die Überschwemmungen sind die Felder der Bauern völlig verseucht. Da wächst über Jahre nichts mehr. Sie brauchen dringend Hilfe.“

In Bosnien ist mehr als ein Viertel der Bevölkerung von den Überschwemmungen in Mitleidenschaft gezogen. Schwer getroffen hat das Hochwasser auch Serbien. Der Schaden dürfte insgesamt bei drei Milliarden Euro liegen. Laut der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung liegt der Schaden in Serbien bei bis zu zwei Milliarden Euro, in Bosnien bei 1,3 Milliarden Euro. Die Landwirtschaft ist in beiden Ländern am stärksten betroffen. In Serbien macht sie rund zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus und in Bosnien etwa sechs Prozent. In Serbien wurden auch die Stromwirtschaft und Kohle-Bergwerke sowie die Infrastruktur schwer getroffen. Experten rechnen durch die Ausfälle der Ernten in der Landwirtschaft auch mit drastischen sozialen Folgen. Lebensmittel wie Obst dürften in den Balkanstaaten deutlich teurer werden, von Preissteigerungen um die 20 Prozent ist die Rede.

Harstorff und seine Mitstreiter haben sich auch vorgenommen, die Partnerstädte von bosnischen oder serbischen Kommunen in Deutschland anzusprechen. „Teilweise sind da schon Hilfsprojekte angelaufen. Aber wir könnten viele Kontakte in der Region vermitteln“, sagt Harstorff.

Wer Roland Harstorff und seine Frau Denana in ihren Bemühungen unterstützen möchte, der meldet sich unter bosnienhilfe@web.de.