Comenius-Austausch – seit 2012 kooperiert das Berufsbildungszentrum mit Schulen in Italien, Österreich und Bulgarien

Norderstedt. Das Berufsbildungszentrum Norderstedt versprüht internationales Flair. Bulgarische, italienische und deutsche Wortfetzen vermischen sich zu einer Einheit, während sich etwa 40 Schüler aus vier Nationen aufgeregt über die Erlebnisse der letzten Monate unterhalten. Nach den Gesprächen zu urteilen, kennen sich die Schüler schon lange. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Die Schüler begegnen sich heute zum vierten Mal. Das Zusammentreffen in Norderstedt läutet die letzte von vier Projektwochen des zweijährigen Comenius-Austauschs ein, an dem sich das Berufsbildungszentrum beteiligt.

Learning by Doing lautet das wichtigste Bildungsprinzip des Pädagogen Johann Amos Comenius, der als bedeutender Wegbereiter des heutigen Bildungssystems gilt. Und Learning by Doing ist auch der Grundsatz des nach ihm benannten Programms. Seit 1997 fördert die Europäische Union die Zusammenarbeit von europäischen Schulen aller Stufen und Formen sowie die Mobilität von Schülern und Lehrern. Dazu arbeiten Bildungseinrichtungen mehrerer EU-Länder unter einem Oberthema zusammen und präsentieren die dabei entstandenen Ergebnisse jeweils während eines einwöchigen Projekttreffens an den Partnerschulen. Die Kosten werden von der Nationalen Agentur Bildung für Europa übernommen. Ziel des Programms ist es, das Verständnis für die jeweiligen Partnerländer zu verstärken sowie andere Kulturen durch die Kollaboration mit Gleichaltrigen aus ähnlichen Ausbildungssystemen kennenzulernen.

Seit 2012 kooperiert die Arbeitsgemeinschaft Europa-Schüler des Berufsbildungszentrums Norderstedt unter der Leitung von Lehrer Dirk Aßmann mit drei Fachberufsschulen aus St. Marco in Lamis (Italien), Wolfsberg (Österreich) und Varna (Bulgarien) zu dem Thema „Handel und Handwerk auf europäischen Märkten“. Neben der Erarbeitung verschiedener Themenschwerpunkte – wie der Vorstellung von wichtigen Betrieben in den Teilnehmerländern – liegt das Hauptaugenmerk der Zusammenarbeit auf dem gemeinschaftlichen Abschlussprojekt. Während der vier Projekttreffen sollte von den Schülern ein landestypisches Utensil für einen „gedeckten europäischen Tisch“ angefertigt werden, der schließlich beim Finale in Norderstedt den europäischen Zusammenhalt darstellen würde.

An der Fachhochschule „P. Giannone“ in Italien, die sich unter anderem auf den Textilbereich spezialisiert hat, gestalteten die Berufsschüler Ende Mai 2013 beispielsweise Stoffdeckchen, die als Telleruntersetzer dienen. Beim zweiten Treffen, Anfang Oktober 2013 in Österreich, sammelten die Projektteilnehmer an der Fachberufsschule Wolfsberg Erfahrungen in der Metallbearbeitung, indem sie Untersetzer für Becher und Gläser fertigt. Und Mitte März 2014 lernten die Schüler an der Fachberufsschule „Nikolay Hristov“ in Bulgarien, Frühstücksbrettchen aus Holz herzustellen.

Jetzt fand das Abschlusstreffen der Projektteilnehmer aller vier Länder in Norderstedt ein. Begleitet von der Europahymne, die Berufsschullehrer Christoph J. Lauff auf dem Saxofon spielte, liefen die Delegationen mitsamt Landesflaggen ins Forum des Berufsbildungszentrums ein und wurden von Schulleiterin Ina Bogalski begrüßt. „Die jungen Leute Europas müssen zusammenarbeiten“, betonte sie und lobte die Beteiligung der vier Berufsschulen an der multikulturellen Verständigung. Auch Anette Reinders, Norderstedter Stadträtin, erklärte, wie wichtig es für junge Menschen sei, Teil eines internationalen Netzwerks zu sein. „Nehmen Sie alle Chancen wahr, die dieser Auslandsaufenthalt Ihnen bietet“, legte der Vorsitzende der Europa-Union Norderstedt, Manfred Ritzek, den jungen Leuten ans Herz. Dazu zähle neben der Lernerfahrung in einem anderen Land auch die Möglichkeit, Freunde in ganz Europa zu finden.

Die Woche am Berufsbildungszentrum stand vor allem unter dem Motto der Handarbeit. So fertigten die Schüler in einem Nähkursus personalisierte Bestecktaschen für das Abschlussprojekt an. Als der gedeckte europäische Tisch schließlich am letzten gemeinsamen Abend enthüllt wurde, gab es viel Applaus von den stolzen Schülern.

„Es ist toll, auf diese Weise die europäische Gemeinschaft zu erleben“, sagte Nikolay Jelev aus Bulgarien. Seine Hoffnungen, durch den Comenius-Austausch mehr über die Kultur anderer Länder herauszufinden und neue Leute kennenzulernen, haben sich erfüllt. Auch die Österreicherin Melissa Staubmann empfiehlt das Projekt weiter. „Es klingt unglaublich, aber trotz verschiedener Sprachen und Charaktere versteht man sich mit jedem. Ich habe Freunde fürs Leben gefunden.“

Da der Comenius-Austausch so gut ankommt, ist für diesen Sommer bereits ein neues Projekt in Planung. Gemeinsam mit Teilnehmern aus der Türkei, Finnland, Italien, Frankreich, Zypern und Tschechien sollen die Norderstedter Schüler fit für den europäischen Arbeitsmarkt gemacht werden.