Das überragend herausgespielte 4:0 der Jogi-Jungs gegen Portugal stürzt die Republik in kollektiven Freudentaumel.

Überall im Lande rasten die Massen aus. In Bad Bramstedt bildet sich auf der Verkehrsachse zwischen Bleeck und Kirche spontan ein Auto-Corso aus 5 (in Worten: fünf) Fahrzeugen. Man mag sich gar nicht ausmalen, was in diesem Städtchen passieren wird, sollte unsere Mannschaft die nächste Partie mit 8:0 gewinnen. Die pure Anarchie, vermutlich. Aber ich will nicht mäkeln. Endlich darf man mal rundum zufrieden sein, für ein paar Stunden oder sogar für ein paar Tage. Dafür ist eine WM nämlich gut. Volksverdummung, urteilen Kritiker nicht ganz zu Unrecht – die Probleme gehen schließlich weiter.

Kriege und Krisen machen keine Pause, nur weil irgendwo ein Sportfest stattfindet. Leider machen die auch keine Pause, wenn wir uns täglich darüber aufregen. Wir brauchen aber mal eine Pause. Dringend. Und wenigstens für ein paar Stunden oder sogar für ein paar Tage das beruhigende Gefühl: Alles läuft gut. Wir können zwar selbst gar nichts dafür, dass es beim deutschen Fußballteam gut läuft. Für die Kriege und Krisen können wir jedoch auch nichts. Also bitte: Kleine Zufriedenheitspause. Und internationale Pressekommentare genießen, zum Beispiel vom britischen „Telegraph“: „Thomas Müller trägt keine Ohrringe, Diamanten oder Designer-Haarschnitte, aber im Schönheits-Wettbewerb mit Christiano Ronaldo liefert der Deutsche einen eindrucksvollen Beweis, dass sich Effektivität immer gegen Style durchsetzt.“

Diese Erkenntnis macht Hoffnung. Sogar für den nächsten Bramstedter Auto-Corso.