Kirchliche Friedhöfe reagieren auf neue Bestattungskulturen. Zwei Drittel der Verstorbenen werden in Urnen beigesetzt

Kreis Segeberg. Grabarten gibt es mittlerweile viele. Wenn ein Toter bestattet werden muss, steht auf den Friedhöfen der Region nicht nur das klassische Wahlgrab zur Auswahl. Auf dem Friedhof der Emmaus-Gemeinde in Garstedt beispielsweise werden solch klassische Gräber mit Stein und Beet davor kaum noch gewählt. Immer mehr Flächen werden deswegen frei und bieten Verwalter Stephan Jansing neue Gestaltungsmöglichkeiten. So sind zuletzt die beliebten neuen kreisrunden Gräber mit einem kleinen Baum in der Mitte, das Urnengemeinschaftsgrab, eine Anlage mit einer Skulptur in der Mitte sowie einem Steinkreis für Urnen- oder das Staudengrab für Erdbestattungen entstanden.

Die Auswahl der Gräber ist also groß, und gerade deshalb empfiehlt Birgit Ruge, die den Friedhof der Kirchengemeinde Henstedt-Ulzburg verwaltet, sich frühzeitig in der Familie mit dem Thema der Bestattung zu befassen. Immer wieder erlebt sie Hinterbliebene, die mit der Ausnahmesituation überfordert sind. Als beispielsweise vor Kurzem ein Angehöriger große Probleme mit dem Wunsch der Verstorbenen nach einer anonymen Beisetzung hatte, fand sie eine Lösung. Die Bestattung fand nun im Urnenreihengrab statt, das wenig gepflegt werden muss, bei der der Hinterbliebene aber einen Anlaufpunkt für die Trauer hat.

Generell hat Birgit Ruge festgestellt: „Es ist vorbei mit anonym.“ Damit die Hinterbliebenen aber dennoch nicht viel Arbeit mit der Grabpflege haben, sind etwa Urnengemeinschaftsgräber entstanden. Hier kann eine größere Zahl an Verstorbenen bestattet werden, ihre Namen werden auf einer Stele festgehalten, und die Hinterbliebenen wissen, wo genau „ihre“ Urne liegt. „Wenn Leute zu mir kommen, dauert es heute mindestens eine Stunde, ich zeige die verschiedenen Stellen, überrede die Menschen aber nicht zu einer bestimmten Form“, sagt Ruge. Sie fühlt sich dabei zuweilen ein wenig wie eine Seelsorgerin, ist aber auch froh, dass sie den kurzen Draht zu Pastor Andreas Spingler hat. Er ist für sie jederzeit ansprechbar und hat es von der Erlöserkirche nicht weit zur Kapelle und dem Büro der Friedhofsverwaltung an der Götzberger Straße.

Wie wichtig der Ort zum Trauern ist, ist auch beim Spaziergang über den Garstedter Friedhof deutlich zu sehen. Beispielsweise als ein älterer Mann zu einem der drei anonymen Urnenfelder des Friedhofes geht. Er hält kurz inne und beugt seinen Kopf leicht nach unten. Eine Blume hat er diesmal nicht mitgebracht, er könnte sie zu den anderen am Stein am Ende des Feldes ablegen. Das Blumenmeer dort zeigt: Angehörige von Menschen, die anonym bestattet wurden, brauchen ebenfalls einen Platz für die Erinnerung. Auch deshalb haben viele Kirchengemeinden Vorbehalte gegen die anonymen Bestattungen, die einst stark im Trend waren. Mittlerweile ist ihre Zahl auf 20 Prozent gesunken. Dazu sagt Pastor Martin Lorenz von der Emmaus-Gemeinde: „Wir empfehlen den Menschen, ganz nach ihrem Bauchgefühl zu gehen.“ Wichtig sei, dass die Hinterbliebenen die Sensibilität entwickeln, was für die Familie jetzt dran sei.

Direkt neben dem anonymen Grabfeld gibt es in Garstedt ein weiteres Urnenfeld. Hier sind viele Steine in den Boden eingelassen, die an die Verstorbenen erinnern. An manchen Steinen stehen Blumen, auch dies weist darauf hin, dass viele Trauernde den einen konkreten Ort brauchen. „Wenn wir Rasen mähen, nehmen wir die Blumen weg und legen sie an den zentralen Ort auf dem Feld“, erklärt Verwalter Stephan Jansing. Bei den neuen Grabformen wie dem Baumgrab ist es deshalb möglich, nicht nur Blumen abzulegen, sondern auch selbst ein wenig zu pflanzen. Und mit dem neuen Staudengrab hat er auch eine Alternative für diejenigen entwickelt, die eine Erdbestattung wollen. „Viele Leute wollen sich nur einäschern lassen, weil das Grab keine Arbeit machen soll“, sagt Jansing. Mit dem Staudengrab gibt es deshalb auch für diese Menschen eine Alternative. Die Hinterbliebenen können sich an der Gestaltung beteiligen, müssen es aber nicht. Mit dem Betrag für das Grab kaufen sie gleich die Pflege mit ein.

Auf den kirchlichen Friedhöfen der Region zeigt sich zudem, dass immer weniger Menschen in der Kirche sind. In Garstedt ist es nur noch die Hälfte. Pastor Lorenz bekommt auch zuweilen die Anfrage, Menschen zu bestatten, die nicht in der Kirche sind. „Ich mache das natürlich“, sagt er. „Ich frage immer, was Jesus denn in solch einer Situation gemacht hätte.“

Birgit Ruge hat in Henstedt-Ulzburg einen anderen Trend beobachtet: „Es gibt immer weniger Trauerfeiern. Es gehört für mich dazu, traurig zu sein, aber auch bei der Feier daran zu erinnern, wie viel Freude der Mensch in das Leben gebracht hat.“