Landesverband fürchtet Imageschaden wegen der Cold Water Challenge

Kreis Segeberg . „Und... Action!“ Mehrere Hand- und Actionakameras kommen zum Einsatz: Feuerwehrleute, die in einem mit Wasser gefüllten Kipplader stehen, ein besetztes Schlauchboot, das auf dem Hof der Feuerwehr im Wasser schlingert – die Freiwillige Feuerwehr Harksheide im Einsatz. Und zwar in einem ganz besonderen Einsatz: Die Norderstedter Wehr beteiligt sich mit einem spaßigen Videoclip an der Aktion „Cold Water Challenge“ zugunsten von Paulinchen, der in Norderstedt ansässigen Initiative für brandverletzte Kinder. Die Meinungen über derartige Spaßfilme der Feuerwehren sind geteilt: Der Landesfeuerwehrverband kritisiert die Aktionen.

Im wahrsten Sinne wie die Feuerwehr verbreitete sich die Aktion. Inzwischen haben sich viele Hundert Berufs- und Freiwillige Wehren an der Aktion beteiligt. Auch aus dem Kreis Segeberg gibt es inzwischen kaum eine Feuerwehr, die ihr Filmbeiträge nicht in die bekannten Internetportale – zum Beispiel Youtube – hochgeladen hat. Die Mitglieder der Garstedter Wehr stürzen sich, wunderschön choreografiert, in die Fluten des Stadtparksees, die Friedrichsgaber Wehr planscht in einem kleinen Plastikswimmingpool, junge Männer der Glashütter Wehr toben mit Badehosen bekleidet durchs Wasser.

Das Prinzip dieser Aktionen: Eine Feuerwehr dreht ein kurzes Video, das sich in irgendeiner Form um das Thema Wasser dreht. Am Ende des Clips werden bis zu drei weitere Feuerwehren oder Hilfsorganisationen nominiert, die ebenfalls binnen 24 Stunden ein Kalt-Wasser-Video ins Internet stellen müssen. Schaffen es die Helfer nicht, müssen sie diejenigen, von denen sie vorgeschlagen wurden, zum Grillfest einladen und 112 Euro an den Verein Paulinchen überweisen.

Wie im Schneeballprinzip werden inzwischen täglich mehrere Hundert Filme hochgeladen, die meisten sind zwischen zwei und sechs Minuten lang. Einige sind kunstvoll gefilmt und geschnitten und mit Musik unterlegt, andere eher laienhaft gedreht. Aber Spaß, das ist zu sehen, haben alle Beteiligten.

Der Landesfeuerwehrverband ist nicht amüsiert. Er betrachtet „mit Sorge“ eine Entwicklung, die „bedenkliche Ausmaße“ angenommen habe, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung des Verbandes und der Hanseatischen Feuerwehrunfallkasse. Eine „Cold Water Challenge“ gehöre gewiss nicht zu den gesetzlichen Aufgaben der Feuerwehr, teilt Verbandssprecher Holger Bauer mit. „Es handelt es sich um eine reine Spaß-Veranstaltung, die am ehesten als Jux, Gaudi oder Klamauk anzusehen ist. Im Unfallversicherungsrecht ist dies dem privaten Bereich zuzuordnen und steht demzufolge nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.“ Der Feuerwehrverband und die Feuerunfallkasse befürchten einen Imageschaden und bremsen den Spaß: „Die Feuerwehren als öffentliche Einrichtung beschädigen damit ihr professionelles Ansehen, welches durch gute Arbeit 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr mühselig erarbeitet wird.“ Wehrführern sollen derartige Aktionen unterbinden.

Für Aussagen dieser Art hat Kreiswehrführer Peter Gloyer wenig Verständnis. Er empfindet die Aktionen der Wehren nicht als ehrenrührig, solange keine Personen gefährdet würden und kein technisches Gerät eingesetzt werde. „Diese Filme zeigen den Bürgern, dass Ehrenamt auch Spaß machen kann, und Grillfeste dienen ja auch der Kameradschaftspflege. Die Feuerwehren brauchen dringend Nachwuchs, da passt es nicht, wenn dieser Spaß verboten wird.“

Garstedts Wehrführer Norbert Berg, der sich in wenigen Tagen als Norderstedter Gemeindewehrführer zur Wahl stellt, ist weniger begeistert. Er schließt sich der Sichtweise des Feuerwehrverbandes an und will die Angelegenheit intern besprechen. Am Tage der Aufnahmen war er nach eigenen Angaben nicht in Norderstedt, er übernimmt aber die Verantwortung für den ungewöhnlichen Einsatz. „In Norderstedt sind wir durch mit diesem Thema, weitere Maßnahmen wird es nicht geben.“ Norbert Scharf, Wehrführer in Harksheide, ist in dem Clip seiner Wehr nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören: Er erläutert, im Wasser stehend, den Sinn der Aktion. Er könne die Kritik des Verbandes nachvollziehen, aber für ihn habe der gute Zweck der Aktion im Vordergrund gestanden. Immerhin: Die Harksheider Feuerwehrleute sammelten 250 Euro, die dem Verein Paulinchen übergeben werden.

Der Vereinsvorstand von Paulinchen ist erfreut und bedankt sich per Facebook bei den Spendern. „Ich bin froh, dass sich so viele an der Aktion beteiligen“, sagt Vorsitzende Adelheid Gottwald. Rund 3200 Euro seien bisher zusammengekommen. Das Geld werde für Präventionsmaßnahmen eingesetzt.