Der Norderstedter Bildhauer Jürgen Gaedke präsentiert seine neuen Arbeiten auf der Schlossinsel

Norderstedt/Barmstedt. Jürgen Gaedke bringt Granitblöcke zum Schweben. Zumindest optisch meistert der Norderstedter Bildhauer, der beim achten Skulpturenpark auf der Barmstedter Schlossinsel im Kreis Pinneberg am Pfingstwochenende annähernd 20 neue Arbeiten präsentieren wird, das Paradox, allen physikalischen Gesetzen zum Trotz ausgerechnet dem Inbegriff von erdenschwere Flügel wachsen zu lassen. Viele seiner tonnenschweren Skulpturen bezaubern durch ihre Leichtigkeit und Eleganz.

Zu seinen Lieblingsformen zählen große steinerne Skulpturen, die er aus ganzen Granitblöcken schlägt. „Balance“ nennt Gaedke die auf ihrer bauchigen Rundung ruhenden Werke, die vier starke Männer gerade tragen können. „Aber ein Kind kann sie mit einer Hand bewegen“, sagt der Bildhauer. „Ich möchte Leichtigkeit und Schwere miteinander in den Dialog setzen.“

Deutlich kleiner kommt ein anderes Paradebeispiel seiner Begabung daher: Den feinen, ästhetischen Kern unter einer profanen, auf den ersten Blick eher unansehnlichen Steinoberfläche freizulegen. „Schutzengel“ hat Gaedke, der 2008 für seine Kunst mit dem Kulturpreis des Kreises Segeberg ausgezeichnet wurde, die Skulptur genannt. Er hat einen Gneis so behauen und poliert, dass es aussieht, als breite der Stein zu beiden Seiten eines fast schneeweißen Torsos seine schwarzen, weiß gemaserten Flügel aus. Dabei hat Gaedke dem Stein nicht etwa eine Flügelform mit Hammer und Meißel aufgezwungen, sondern hat sich in behutsamer Annäherung von der Form und Maserung des Gneis’ leiten lassen.

Weiche, fließende Formen sind typisch für Gaedkes Arbeiten. „Mir ist die Harmonie des Steins wichtig“, sagt er. Tagelang bearbeitet er seine Objekte intensiv. Zwischen dem stumpfgrauen Gneis und dem schwarz-weiß schimmernden „Schutzengel“ beispielsweise liegen unzählige Arbeitsgänge. Vom ersten versuchsweisen Geradeschleifen mit einem Diamantaufsatz bis zum abschließenden Feinstschliff. Vom groben 40er-Blatt bis zur 600er-Körnung dürfe er keine Stufe auslassen, sonst gelinge das Ergebnis nicht, sagt Gaedke. Wenn er in seinem Atelier klopft, schleift und tüftelt, vergisst er die Zeit. „Diese Arbeit ist immer wieder spannend. Ich habe eine unheimliche Freude am Stein.“ Dabei gestaltet sich die Beziehung zu Granit und Co. gelegentlich schwierig. „Stein ist viel empfindlicher als beispielsweise Holz“, sagt Gaedke. Stein ist spröder. Um zu testen, ob die Arbeit an einem Stein sich lohnt, schleift Gaedke deshalb zuerst immer eine Seite glatt, um feinste Haarrisse zu erspüren. Kippt eine Steinskulptur um, zerbricht sie wesentlich leichter als eine Arbeit aus Holz. Das gilt insbesondere für die hohen Stelen, die in diesem Jahr den Schwerpunkt der Skulpturen bilden, die Gaedke in Barmstedt zeigen wird.

Der Norderstedter zählt zu den wenigen Künstlern, die die Malerin Karin Weißenbacher, Inhaberin der Barmstedter Galerie III und Organisatorin der einzigartigen Kunstveranstaltung, Jahr für Jahr eingeladen hat. „Jürgen Gaedke ist von Anfang an immer dabei, weil er nicht nur für eine hohe künstlerische Qualität steht, sondern jedes Jahr konsequent neue Schwerpunkte setzt“, sagt die Galeristin.

Eröffnet wird der Skulpturenpark am Sonnabend, 7. Juni, um 13 Uhr. Geöffnet ist der Park jeweils von 10 bis 18 Uhr, am Sonnabend von 13 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.