Staatsanwaltschaft Itzehoe wirft 21-Jährigem, der seine Eltern mit einem Hammer angriff, versuchten Totschlag vor

Norderstedt/Quickborn. Fünf Monate nach der Bluttat von Quickborn hat die Staatsanwaltschaft Itzehoe Anklage gegen den Norderstedter Levin S. erhoben. Dem 21-Jährigen wird versuchter Mord sowie gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Laut Anklage schlug er in seinem Quickborner Elternhaus mit einem Zimmermannshammer immer wieder auf seinen Vater Peter, 64, und seine Mutter Ute S., 56, ein. Während der Vater lebensgefährliche Verletzungen erlitt, kam die Mutter mit weniger schweren Blessuren davon.

„Der Angeklagte schlug seinem Vater von hinten mit dem Zimmermannshammer auf den Kopf“, sagt Oberstaatsanwalt Uwe Dreeßen. Aufgrund der potenziell lebensbedrohenden Behandlung und den schwerwiegenden Verletzungsfolgen sei eine Anklage wegen versuchten Totschlags erfolgt, und zwar in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Im Fall der Attacke auf die Mutter sei die Anklagebehörde nur von gefährlicher Körperverletzung ausgegangen, so Dreeßen weiter.

Das Familiendrama hatte sich am ersten Sonnabend des Jahres 2014 in der schmucken Wohnsiedlung an der Dorfstraße in Quickborn-Renzel abgespielt und große Bestürzung in der Eulenstadt ausgelöst. Ute S. hatte gegen 16.20 Uhr noch selbst über die Nummer 112 Hilfe rufen können. Sie schilderte der Elmshorner Rettungsleitstelle, dass sie und ihr Mann von ihrem Sohn mit einem Hammer attackiert worden seien und dringend ärztliche Hilfe benötigten. Die ersten Einsatzkräfte von Polizei und Rettungsdienst, die wenig später an der Doppelhaushälfte im Friesenstil eintrafen, fanden das Ehepaar schwer verletzt im Gebäude vor.

Beide erlitten aufgrund der Attacke erhebliche Kopfverletzungen. Levin S. war geflüchtet, die Polizei löste sofort eine Großfahndung nach ihm aus. Der junge Mann wurde fünf Stunden nach der Bluttat in seiner Wohnung in Norderstedt festgenommen. Er hinterließ bei den Vernehmungen durch Beamte der Mordkommission Itzehoe einen wirren Eindruck. „Der Beschuldigte wurde daraufhin vorläufig in der Psychiatrie untergebracht“, bestätigt Dreeßen. Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe soll sich der 21-Jährige dort auch noch zum jetzigen Zeitpunkt befinden.

In Boulevardmedien war nach der Bluttat spekuliert worden, der Norderstedter könnte seine Eltern im Drogenwahn angegriffen haben. Seine Sucht hatte offenbar mehrfach zu Auseinandersetzungen in der Familie geführt. So soll Levin S. mehrfach seine Eltern bestohlen haben, um sich von dem Geld Rauschmittel kaufen zu können.

Der 21-Jährige lebte nicht mehr im Haus der Eltern in Quickborn, sondern in einer kleinen Wohnung in Norderstedt. Diese gehört jedoch den Eltern des Angeklagten. Der soll über Weihnachten einige Tage im Elternhaus verbracht haben. In dieser Zeit kam es nach Abendblatt-Informationen bereits zu einem heftigen Streit zwischen Levin S. und seinen Eltern. Und dieser Zoff soll dann laut der Aussage des Beschuldigten das Motiv für den tätlichen Angriff gewesen sein.

Levin S. wuchs in Quickborn auf, ging auch dort zur Schule. In seiner Jugend war er in vielen örtlichen Vereinen aktiv. Er spielte Tennis und war Mitglied im Schützenverein Quickborn-Renzel, für den er auch bei mehreren Jugendmeisterschaften antrat. Inzwischen gehört er diesen Vereinen nicht mehr an.

Der Polizei ist der junge Mann als Drogenkonsument bekannt. Dabei ging es jedoch eher um weiche Drogen wie etwa Cannabis. Auch kleinere Straftaten wie Diebstähle soll er in den vergangenen Jahren begangen haben, um an Geld zu gelangen.

Was genau zu seinem Ausraster am 4. Januar geführt hat, muss nun die Jugendkammer des Landgerichts Itzehoe klären. Weil die Tat einige Tage vor dem 21. Geburtstag des jungen Mannes passierte und Reifeverzögerungen bei dem Täter nicht auszuschließen sind, will die Staatsanwaltschaft das mildere Jugendstrafrecht zur Anwendung bringen. Es sieht eine Höchststrafe von zehn Jahren vor. Ob am Ende des Verfahrens tatsächlich eine Haftstrafe gegen den jungen Mann ausgesprochen wird, ist fraglich. Eine große Rolle spielt die Schuldfähigkeit des Angeklagten. Dies wird ein psychiatrischer Sachverständiger beurteilen müssen. Eventuell steht auch eine weitere Unterbringung in der Psychiatrie zur Debatte.

Das ist jedoch nicht das vorrangige Ziel der Staatsanwaltschaft. Sie hat kein Unterbringungsverfahren, sondern ein reguläres Strafverfahren gegen den Norderstedter angestrengt. Damit ist klar, dass eine Schuldunfähigkeit zur Tatzeit offenbar nicht vorlag. Wann der Prozess beginnen wird, steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest.