Das Theater Pur glänzt im Festsaal mit der Inszenierung der Komödie „Biografie: Ein Spiel“ von Max Frisch

Norderstedt. Eine Komödie? Eine tragische Komödie? Auf jeden Fall nicht eines jener Boulevard-Stücke, die nur das Zwerchfell strapazieren. Das wäre auch so gar nicht der Stil des Norderstedter Amateurtheaters Pur. Obwohl: Auch das kann Spaß bringen, so ein Stück mit viel Türenschlagen über die Bretter zu treiben. Spaß brachte aber auch die Inszenierung von Max Frischs Komödie „Biografie: Ein Spiel“ des Theaters Pur im Festsaal am Falkenberg. Der Autor hat das Stück ausdrücklich als Komödie bezeichnet.

Nach seinen Parabeln wollte Frisch den Zufall und seine Zwischenfälle thematisieren. Das ging erst einmal schief, wie auch der Autor registrierte, denn er schrieb das 1967 entstandene Stück 17Jahre später um. Viel besser wurde es nicht, denn es hat allein durch die Thematik zu viele Wiederholungen. Die Schicksalsfrage lautet: Ändert sich mein Leben und wenn ja, wie, wenn ich anders reagiert hätte? Die Frage ist müßig, niemand kann das probieren und von der Antwort profitieren. Daran krankt das Stück und wird somit für viele Regisseure zur Falle.

Sven Boldt vom Theater Pur hat es trotzdem gewagt, so wie er es auch wagte, Anne Frank in „Das Tagebuch der Anne Frank“ mit einem blonden Mädchen zu besetzen. Diesmal hat der Regisseur das Stück und seinen Autor verstanden. Und auch die Längen durch die steten Szenen-Wiederholungen in Kauf genommen. Das zieht sich, doch wer als Toter testen will, wie sein Leben anders verlaufen wäre, wenn – muss einige Szenen mehrfach spielen.

Boldt lässt das Schauspiel-Team an der langen Leine, und die Spieler entwickeln das Frisch-Konstrukt eng verzahnt zu einem doch sehenswerten Stück Theater, lassen auch alberne Passagen nicht aus, sondern treiben sie ins Skurrile. Der Tote ist Hannes Kürmann. Christian Lentfer spielt diese Durchschnittstype mal verstört, mal aufmüpfig, mit Selbstironie und Selbstzweifeln. Mit einer scheinbar inneren Ruhe lässt er die Regie-Anweisungen des Totenreich-Regisseurs Ralf Janz über sich ergehen und die Allüren der Assistentinnen, leicht überdreht gespielt von Nadine Chiara Carstensen und Yvonne Fröhlich. Beide schlüpfen auch versiert in die Rollen einer Putzfrau, von Kommissarinnen, einem frechen Jungen, einer Braut.

Hannes’ Herausforderung ist allerdings Ehefrau Antoinette. Wie wäre sein Leben verlaufen, wenn er sie damals, nach der Party, rausgeworfen hätte? Oder erschossen hätte? Lentfer reibt sich an diesem Leben, dieser Frau so intensiv, dass das Publikum mitleidet. Kathrin Clasen gibt eine unterkühlte Antoinette, eine selbstbewusste Frau mit frigide wirkenden Anmach-Attacken. Sie gehört ebenso wie Ralf Janz, Christian Lentfer und Nadine Carstensen zur ersten Liga beim Pur.

Bühnenbeherrschend neben Lentfer ist Ralf Janz, ein Vollblut-Schauspieler. 1995 begeisterte er beim Neuen Theater Norderstedt in „August, August, August“ von Pavel Kohut, viele Bravourstücke folgten, zuletzt sein innig gespielter Pater Lorenzo in „Romeo und Julia“ beim Theater Pur. Für Janz ist die Rolle des Regisseurs ein Bonbon, dürfte er doch alle Klischees bedienen. Doch gerade in dieser Freiheit lauern Gefahren. Doch Janz tariert seinen Part klug aus. Er wird weder zur Knallcharge, noch spielt er sein Team an die Wand. Dafür pult er einen Kernsatz genüsslich über die Rampe: „Warum nicht Yoga? Das machen viele Leute, die an einer banalen Biografie leiden.“

Aufführungen: Sonnabend, 31. Mai, und Sonntag, 1.Juni, jeweils von 19 Uhr an im Festsaal am Falkenberg, Langenharmer Weg 90, in Norderstedt. Karten zu 7,50 Euro, Jugendliche fünf Euro, gibt es im Vorverkauf, unter Telefon 040/60941757 und an der Abendkasse.