35 Männer und Frauen die bis 1954 die Volksschule an der Niendorfer Straße besuchten, schwelgten bei einem Klassentreffen in Erinnerungen

Norderstedt. „Jetzt seid doch mal leise, sonst schreibe ich euch gleich an die Tafel! Das ist ja wie zu Schulzeiten.“ Brigitte Pommerening blickt amüsiert in die Runde ihrer ehemaligen Klassenkameraden, die ausgelassen über mitgebrachte Poesiealben und alte Fotos diskutieren, anstatt ihrer Begrüßungsrede zu folgen. Die Stimmung ist genauso heiter, wie ich es von den Klassentreffen kenne, die ich mit meinen Mitschülern veranstalte. Alte Freunde tauschen sich über Geschehnisse aus der Zeit aus, in der sie sich nicht gesehen haben, und kurzweilige Anekdoten aus den Tagen, an denen noch die Schulbank gedrückt wurde, werden zum Besten gegeben. Man isst, man schwelgt in Erinnerungen, kurzum: Man hat viel Spaß.

Der einzige Unterschied ist, dass es gerade einmal ein Jahr her ist, dass ich mein Abitur bestanden habe, während die 35 Männer und Frauen, die sich im Restaurant Mendoza am Ochsenzoll zusammengefunden haben, das Jubiläum „60 Jahre Schulentlassung“ feiern. Von 1946 bis 1954 besuchten sie die Volksschule an der Niendorfer Straße in Garstedt und sehen sich nun das erste Mal seit mehreren Jahren wieder. „Dich habe ich erkannt, du hast dich auch gar nicht verändert“, begrüßt Manfred Brockmüller einen alten Schulfreund, wobei mir verraten wird, dass generell die Damen leichter wiederzuerkennen seien als die Herren. Bartwuchs und der ein oder andere spätere Wachstumsschub – vor allem im Bauchbereich – lassen die Knaben von einst nämlich manchmal ganz anders aussehen als noch zu Schulzeiten.

Die Idee zu der Jubiläumsfeier kam Brigitte Pommerening Mitte März. „Ich dachte mir, wir müssen mal wieder ein Treffen organisieren, denn 60 Jahre Schulentlassung – das ist ja nun wirklich etwas.“ Daher rief sie Gisela Thiel an, die sofort begeistert von dem Vorschlag war. Und so setzten sie sich in einem Café im Herold-Center zusammen. Gemeinsam suchten sie ein Restaurant in der Nähe ihrer ehemaligen Schule aus, gingen die Adressliste durch, die bei jedem der fünf bisherigen Klassentreffen, zuletzt im Jahr 2005, auf den neuesten Stand gebracht worden war, und schickten Einladungen raus. Dass letzten Endes 35 ihrer ehemaligen Mitschüler zusagten, ist ein großer Erfolg für die beiden Organisatorinnen.

Zu dem feierlichen Anlass hat Brigitte Pommerening einige Erinnerungen aus der Schulzeit aufgeschrieben, an denen sie ihre Mitschüler teilhaben lässt, als diese ihr schließlich die gewünschte Aufmerksamkeit schenken. Während alle Anwesenden im Raum den Erzählungen nickend zustimmen oder eifrig Ergänzungen anbringen, erfahre ich von einer Zeit, in der unter ganz anderen Verhältnissen unterrichtet wurde, als ich es gewohnt bin. Mädchen und Jungen besuchten einige Jahre lang getrennte Klassen, Schreiben lernte man auf Schiefertafeln, und der Rohrstock war ein täglicher Begleiter. Man hatte Angst oder zumindest großen Respekt vor den Lehrern, und Strafarbeiten bestanden daraus, mehrere Seiten aus einem Reclamheft abschreiben zu müssen. „Die Klassen waren so voll, dass wir teilweise in die Turnhalle ausgelagert wurden“, erklärt mir Gerhard Ahrens, weshalb ich ein schlechtes Gewissen bekomme, dass ich mich jemals über meine Schulzeit beschwert habe.

Dennoch kann ich jedem im Raum ansehen, dass er gerne an damals zurückdenkt. „Erinnert ihr euch noch an Hermann Timmermann, der auf Geheiß von Herrn Klinger den Rohrstock holen sollte, nicht wiederkam und einfach nach Hause ging?“ Großes Gelächter folgt, und ich merke, dass meine Generation nicht die einzige ist, die sich den einen oder anderen Scherz erlaubt hat. Spätestens als Gerhard Ahrens laut in die Runde ruft, dass das Beste an der Schulzeit sowieso die Sommerferien waren, stelle ich fest, dass sich zumindest an der Einstellung gegenüber der Schule über die Jahre nichts geändert hat.

Und wer weiß – vielleicht sitze ich in 59 Jahren auch einmal mit meinen ehemaligen Klassenkameraden zusammen und feiere.

Die Schulabgänger aus dem Jahre 1954 ziehen am Ende des Abends jedenfalls eine durchweg positive Bilanz. „Das war das beste Klassentreffen, das wir jemals veranstaltet haben!“