Nachdem Jugendliche im Willy-Brandt-Park einen Mann überfielen, steht nun die Jugendsozialarbeit im Fokus

Norderstedt. Die Menschen im Norderstedter Stadtteil Garstedt können sich ein bisschen sicherer fühlen: Nach einem Raubüberfall im Willy-Brandt-Park hat das Amtsgericht Norderstedt Haftbefehl gegen einen 16-jährigen Jugendlichen wegen Wiederholungsgefahr erlassen. Der Norderstedter wird von der Ermittlungsgruppe Jugend der Kriminalpolizei als Intensivtäter eingestuft und hat bereits zahlreiche Straftaten begangen. Die Ermittler prüfen jetzt, ob er für eine Serie von Raubüberfällen verantwortlich ist, die er gemeinsam mit Komplizen begangen hat.

Wie berichtet, hatte die Polizei den 16-Jährigen und einen weiteren 17-jährigen Jugendlichen in der Nacht zum Dienstag nach einem Raub im Park festgenommen. Der Haupttäter hatte einen 18-Jährigen mit einer Spielzeugwaffe bedroht, die täuschend echt aussah. Die jungen Männer zwangen ihr Opfer, zu einem Geldautomaten zu gehen und dort Geld abzuheben. Außerdem raubten sie einen MP3-Player. Kurz nach der Tat entdeckte die Polizei die Räuber auf dem U-Bahnhof Richtweg; die Beute und die Waffe wurden sichergestellt.

Auf das Konto des Täters und seiner Freunde könnten etliche Fälle gehen

„Wir prüfen jetzt, ob der Festgenommene für weitere Taten infrage kommt“, sagt Polizeisprecherin Silke Westphal. Mehrere, bislang nicht aufgeklärte Taten könnten auf das Konto des Intensivtäters gehen. Ebenfalls überprüft werden zwei weitere Norderstedter Jugendliche, die gemeinsam mit dem 16-Jährigen Überfälle begangen haben. Unter anderem werden die Ermittler die Täterbeschreibungen vergleichen.

In den vergangenen Monaten haben Unbekannte in Norderstedt mehrere Menschen überfallen und beraubt. „Es war besonders in Garstedt eine Menge los“, sagt ein Beamter. Folgende Überfälle könnten auf das Konto des 16-Jährigen und seiner Komplizen gehen:

Im April bedrohen ein junger Mann und zwei Mädchen an der Coppernicusstraße drei Jugendliche (14, 15, 16 Jahre) und zwingen sie, ihre Mobiltelefone herauszugeben. Im selben Monat raubt ein Unbekannter einer 20-jährigen Norderstedterin an der De-Gasperi-Passage die Handtasche. Der Täter, der mit vier Begleitern unterwegs war, hatte die Frau nach einem Besuch in der Diskothek Alptraum angesprochen und verfolgt.

Am 9. Dezember 2013 rauben drei junge Männer an der Straße Lütjenmoor einem 58-jährigen Fußgänger Geld, seine Jacke, eine Uhr und ein Handy. Zuvor wurde der Mann mit einem Messer bedroht. Ebenfalls im Dezember wurde in der De-Gasperi-Passage eine 52-Jährige Opfer eines Räubers. Der Täter riss ihr eine Goldkette vom Hals und flüchtete über den Willy-Brandt-Park in Richtung Lütjenmoor.

Bereits ein Jahr zurück liegt ein Raubüberfall an der Quickborner Straße in Höhe des Dreibekenwegs. Drei junge Männer fordern von einem 33-Jährigen Geld und schlagen auf ihn ein. Sie entkommen mit einem geringen Geldbetrag, der 33-Jährige wird leicht verletzt.

Die auffällige Häufung der Fälle von Jugendkriminalität im Bereich des Herold-Centers in Garstedt macht die Norderstedter Stadträtin und zuständige Dezernentin für die Jugendarbeit in Norderstedt nachdenklich. „Wir sollten diese Fälle zum Anlass nehmen, die Situation zu analysieren und uns fragen, ob wir hier gut genug aufgestellt sind“, sagt Anette Reinders.

Mit Michael Schlichtung starb die prägende Figur der Straßensozialarbeit

Die Straßensozialarbeit in Garstedt übernehmen im Auftrag der Stadt die Fachkräfte vom „Lichtblick“ in der Schalom-Kirchengemeinde am Willy-Brandt-Park. Doch das Team vom „Lichtblick“ muss in diesen Wochen einen schweren Verlust bewältigen. Leiter Michael Schlichting starb überraschend im März an einer schweren Krankheit. Er prägte die Straßensozialarbeit in Garstedt über Jahrzehnte und hinterlässt eine große Lücke.

Derzeit müssen zwei Sozialarbeiterinnen die Lage am Herold-Center im Blick behalten. „Wir wissen, dass in den letzten Monaten viel los war. Doch die Jugendlichen sind hoch mobil und im gesamten Stadtgebiet unterwegs. Und wir sind derzeit nur zu zweit und kommen kaum hinterher“, sagt eine der Mitarbeiterinnen vom „Lichtblick“.

„Michael Schlichting ist schwer zu ersetzen. Das Team muss sich jetzt erst mal neu finden“, sagt Anette Reinders. Die Stadt stelle die Jugendarbeit derzeit auf das Prinzip der Sozialraumorientierung um. „Nicht in Einrichtungen auf die Jugendlichen warten, sondern die Kinder- und Jugendarbeit dorthin verlagern, wo die Jugendlichen sind“, sagt Reinders.

Dabei müssten nicht nur das Herold-Center, Spielplätze und andere Örtlichkeiten in der Stadt erschlossen werden, sondern auch zunehmend der virtuelle Raum. „Jugendliche suchen heute Treffpunkte, an denen sie mobiles Internet vorfinden. Wir müssen versuchen, die Jugendlichen auch über diese neuen Medien zu erreichen“, sagt Reinders.

Die Täter aus dem Willy-Brandt-Park müssten jetzt schnell spüren, was es bedeutet, gegen die Gesetze verstoßen zu haben. „Mit dem schnellen Zusammenspiel von Polizei, Jugendgericht und Staatsanwaltschaft sind wir hier in Norderstedt außerordentlich gut aufgestellt“, sagt die Dezernentin Anette Reinders.