Margitta Neumann macht seit elf Jahren Politik in Henstedt-Ulzburg. Sie hat sich damit auch ein Stück Heimat geschaffen

Margitta Neumann steht im Flur der neuen Kinderkrippe an der Beckersbergstraße. Das Gebäude ist schlicht, in Modulbauweise errichtet. Alles erinnert mehr an einen Pappkarton. „Natürlich hätten wir mit mehr Geld aufwendiger bauen können“, sagt sie. Aber sie ist mit dem Bau in dieser Weise durchaus zufrieden. Das ist Alltagsgeschäft für Kommunalpolitiker: Kompromisse sind an der Tagesordnung, viele Entscheidungen richten sich an der finanziellen Lage des jeweiligen Ortes aus. Im Falle der Kinderkrippe, die direkt hinter dem maroden Altbau des einstigen Mehrgenerationenhauses errichtet wurde, zeigt sich, was geschieht, wenn Städte und Gemeinden schnell handeln müssen, um die Vorgaben des Bundes zu erfüllen: Der gesetzliche Anspruch auf Kindergartenplätze hat zur Folge, dass ganz schnell auch unansehnliche, rein funktionale Kindergartenbauten entstehen, die an die schlichten und heute stark kritisierten Schulbauten vergangener Jahrzehnte erinnern. Betrachter ahnen, dass es sicher Eltern gibt, die ihre Kinder mit eher gemischten Gefühlen in ein solches Haus schicken. Das Rad zurückdrehen, kann auch Margitta Neumann nicht. Sie weiß immerhin: Die Mitarbeiter geben sich alle Mühe mit den Kindern und werden es auch schaffen, die tristen Räume ansehnlicher zu gestalten und zu beleben.

Für ihre Arbeit muss sie auch einen großen Teil ihres Privatlebens opfern

Margitta Neumann, Jahrgang 1954, ist seit 2003 mit einer kurzen Unterbrechung Gemeindevertreterin in Henstedt-Ulzburg. Sie ist mittlerweile stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und als Mitglied des Kinder- und Jugendausschusses kann sie die Zukunft ihres Wohnortes maßgeblich mitgestalten. Diese Arbeit macht ihr Spaß, aber dafür muss sie auch einen beträchtlichen Teil ihres Privatlebens opfern. „An drei Abenden in der Woche bin ich in der Regel unterwegs“, sagt die Mutter von zwei erwachsenen Kindern, die schon lange nicht mehr bei ihren Eltern leben. Gemeindevertretersitzungen, Fraktions- und Ausschusssitzungen, dazu gelegentliche informelle Gespräche, Besuche oder Repräsentationspflichten. Es kommt eine Menge zusammen.

Aber das ist natürlich nicht alles. Denn Gemeindevertreter müssen auch Hausaufgaben machen. Einarbeiten in die aktuellen Vorgänge, Akten und Vorlagen lesen. „Das mache ich jeden Tag“, sagt Margitta Neumann, die im Hauptberuf Diplom-Chemikerin ist. Dicke Briefumschläge von der Gemeindeverwaltung gibt es heute nicht mehr, weil es durch die moderne Technik andere Möglichkeiten gibt. Für die Kommunalpolitiker gibt es ein spezielles Intranet, das Außenstehenden nicht zugänglich ist. Wer will, kann sich Unterlagen und Vorlagen natürlich selbst ausdrucken, aber davon ist Margitta Neumann längst abgerückt. Sie hat sich, wie so viele, einen Tablet-PC gekauft – auf eigene Kosten natürlich –, um alles abzuspeichern, was kommt und zum richtigen Zeitpunkt alles abzurufen, was nötig ist. Das bedeutet: Das Tablet ist immer dabei, wenn sie in den Sitzungsräumen Platz nimmt. Diese technischen Geräte gehören längst zum Alltag in der Kommunalpolitik.

Wenn eigene Ideen erfolgreich umgesetzt werden, freut sie sich

Die Arbeit als Gemeindevertreterin ist also vielschichtig und bisweilen sehr umfangreich. „In der Regel erdrückt mich diese Arbeit nicht, aber es gibt durchaus Tage, an denen mehrere Termine und Aufgaben gleichzeitig bearbeitet werden wollen“, sagt Margitta Neumann, die deshalb für sich beschlossen hat: „Ich muss Wichtiges von nicht ganz so Wichtigem trennen.“ Andererseits ist ihr aber auch klar, dass sie viel über Themen lernt, mit denen sie sich sonst wohl kaum beschäftigt hätte. Spielgeräte für Kinderkrippen zum Beispiel – davon hatte sie früher keine Ahnung, heute weiß sie eine Menge darüber. Und die CDU-Politikerin sieht auch nicht nur die Arbeit, die täglich auf sie zukommt. „Man bekommt ja auch eine Menge zurück, ich lerne dadurch zum Beispiel viele Menschen kennen.“ Wenn eigene Ideen tatsächlich erfolgreich umgesetzt werden, freut sie sich. Die Aktion „Jugend im Rathaus“, gerade wieder erfolgreich veranstaltet, ist zum Beispiel „ihr Kind“. Margitta Neumann hatte die Idee und überzeugte ihre Fraktion und die anderen Fraktionen mit viel Enthusiasmus von der Notwendigkeit, Schulklassen direkt im Rathaus mit der Kommunalpolitik vertraut zu machen.

Lernen musste sie auch, dass sie selbst oder ihre Fraktion nicht mit jeder Idee eine Mehrheit finden kann. „Es ist natürlich manchmal traurig, wenn bestimmte Dinge nicht durchkommen, aber politische Diskussionen müssen sein.“ Sie findet es auch ganz in Ordnung, wenn es innerhalb der eigenen Fraktion unterschiedliche Standpunkte gibt. Überhaupt hält sie von ihrer Fraktion viel. Es sei „eine gute Truppe“, die gute Sacharbeit leistet und in der sich gegenseitig geholfen werde. Und Entscheidungen würden gemeinsam und nicht von zwei Leuten an der Spitze getroffen. „Wir arbeiten wirklich gut zusammen.“ Vor Abstimmungen informiert sie sich gründlich. Sie besichtigt bestimmte Dinge, geht in die eigene Verwaltung und scheut auch nicht davor zurück, sich in anderen Orten zu informieren.

Ohne Verständnis des Ehepartners ließe sich ein Ehrenamt nicht betreiben

Das ehrenamtliche Engagement wurde ihr praktisch in die Wiege gelegt. Die Eltern brachten sich ein, die Brüder sind ehrenamtlich aktiv. Sie selbst entschied sich 2003 für die Kommunalpolitik und hat sich damit auch, wie sie sagt, „ein Stück Heimat“ geschaffen. Aber ohne Verständnis des Ehepartners ließe sich ein Ehrenamt mit einem solch hohen Aufwand nicht betreiben. Margitta Neumann freut sich, dass ihr Ehemann die Last mitträgt. Gelegentlich begleitet er sie, manchmal ist er für seine Frau auch „die Stimme des Bürgers“, auf die es sich zu hören lohnt. Gelegentlich hört sie von ihrem Mann auch mal einen „Spruch“, wenn die politische Arbeit mal wieder etwas zu viel wird. „Aber das ist dann eher spaßig gemeint.“

Viel Geld gibt es nicht für diese zeitaufwendige Tätigkeit

Ehrenamt bleibt übrigens Ehrenamt – viel Geld gibt es nicht für diese zeitaufwendige Tätigkeit: Margitta Neumann erhält 25 Euro pro Sitzung, aber davon gehen 250 Euro pro Jahr an die örtliche CDU. Unter dem Strich bleibt also kaum etwas übrig. Aber schließlich hat sie sich ja auch nicht aus finanziellen Gründen für die politische Tätigkeit in ihrer Wohngemeinde entschieden. Um mit der Politik Geld zu verdienen, müsste sie Abgeordnete auf höherer Ebene sein. Im Land- oder Bundestag zum Beispiel. Aber das war für sie nie eine Option: „Hier bin ich gut aufgehoben.“

Alle Folgen der Serie finden Sie im Internet unter www.abendblatt.de/serie