In Henstedt-Ulzburg beginnt eine neue Ära. Interview mit Stefan Bauer, der als neuer Bürgermeister vereidigt wird

Henstedt-Ulzburg. Am heutigen Freitag beginnt eine neue Ära in der Großgemeinde Henstedt-Ulzburg. Der parteilose Stefan Bauer wird von der stellvertretenden Bürgermeisterin Elisabeth von Bressensdorf zum neuen Bürgermeister der Gemeinde ernannt und von Bürgervorsteher Uwe Schmidt vereidigt.

Seinen Dienst tritt Stefan Bauer, der die Bürgermeisterwahl in Henstedt-Ulzburg im März überraschend mit absoluter Mehrheit gewonnen hat, allerdings erst am 1. Juni an. Das Hamburger Abendblatt sprach mit dem 44 Jahre alten Henstedt-Ulzburger, der noch bis Ende des Monats offiziell als Polizeioberrat in der Hansestadt Hamburger tätig ist. Zurzeit hat er Urlaub und bereitet sich intensiv auf seine neue Aufgabe vor.

Hamburger Abendblatt:

Sie sind im März zum Bürgermeister gewählt worden. Hat sich Ihr Leben seitdem verändert?

Stefan Bauer:

Tatsächlich wenden sich bereits seit der Wahl viele Bürger mit Problemen, aber auch Vorschlägen an mich. Beim Einkaufen, Sport oder Spaziergang werde ich angesprochen, praktisch also in allen Lebenssituationen. Ich werde verstärkt gegrüßt, und noch immer bekomme ich Glückwünsche zu meiner Wahl. Wenn ich nach Hause kommen, will ich den Bürgermeister aber vor der Tür lassen. Eine Abgrenzung halte ich für meine Familie und mich für sehr wichtig.

Hat sich Ihr Blick auf den Ort verändert?

Bauer:

Als Bürgermeister ist man gefühlt immer im Dienst, in diesem Ausmaß hatte ich es nicht erwartet. Aber gerade durch die zahlreichen Gespräche mit den Menschen aus unserem Ort habe ich auch einen so tiefen Einblick in den Ort bekommen, wie ich ihn früher nicht für möglich gehalten habe – und dabei hat sich mein Eindruck verstärkt, dass Henstedt-Ulzburg, trotz kleiner Probleme, eine tolle Gemeinde ist.

Wie bereiten Sie sich auf Ihre künftige Aufgabe vor?

Bauer:

Ich bin bereits ein- bis zweimal pro Woche im Rathaus und führe dort Gespräche mit der amtierenden Bürgermeisterin und den Abteilungsleitern und Abteilungsleiterinnen. Ich habe Einblick in meinen künftigen Terminkalender. Außerdem besuche ich viele Ausschusssitzungen, beschäftige mich mit der Gemeindeordnung und den geltenden Satzungen.

Werden die Termine bereits mit Ihnen abgestimmt?

Bauer:

Teilweise ja, einige werden unter Vorbehalt angenommen. Im nächsten halben Jahr werde ich mit großer Intensität von meiner neuen Aufgabe eingenommen. Von meiner Familie habe ich mich für diese Zeit auch schon stückweise abgemeldet.

Wie gehen Sie damit um?

Bauer:

Ich bin bereit, es konsequent und positiv anzugehen. Es ist für mich eine Berufung: Entweder man lebt es oder lässt es.

Haben Sie Gespräche mit anderen Bürgermeistern geführt?

Bauer:

Ja, ich habe mich bei Bürgermeisterkollegen schlau gemacht und gefragt, wie sie arbeiten. Auch in den Nachbarkreisen habe ich mit Bürgermeistern Gespräche geführt. Es haben sich sogar Verantwortungsträger von sich aus bei mir gemeldet, um ihre Beratung und Unterstützung anzubieten.

Haben Sie sich ein festes Konzept für Ihre Arbeit im Rathaus festgelegt?

Bauer:

Ich habe eine Marschroute. Dazu gehört auch, dass ich im Rathaus von Tür zu Tür gehen werde, um alle Mitarbeiter persönlich kennenzulernen. Bis zur Sommerpause will ich das schaffen. Antrittsbesuche bei den Nachbarbürgermeistern, auch bei den ehrenamtlichen Bürgermeistern im Einzugsbereich von Henstedt-Ulzburg, sind ebenfalls vorgesehen. Im Übrigen werde ich meine Arbeit objektiv angehen, auch wenn von der Politik gelegentlich Kritik an der Verwaltung geübt wird, wenn bestimmte Dinge aus Sicht der Politiker nicht oder nicht zeitig genug angepackt werden. Ich werde prüfen, ob die vorhandenen Ressourcen ausreichen und auf die Machbarkeit achten. Veränderungsprozesse in der Verwaltung wird es nur in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern geben, auch wenn ich in der Konsequenz die Entscheidung treffe. Denn Verantwortung ist nicht teilbar.

Sie werden Bürgermeister, obwohl keine Fraktion sie gewollt hat. Haben Sie Angst vor politischem Gegenwind?

Bauer:

Da ich für die Politik zum Zeitpunktpunkt der Entscheidungsfindung als Bürgermeisterkandidat nicht zur Verfügung stand, ist es Spekulation, ob die Fraktionen mich gewollt haben. Es kommt sicher der Zeitpunkt, an dem eine Anspruchshaltung mir gegenüber deutlich gemacht wird. Wenn zum Beispiel entsprechende Beschlüsse verspätet umgesetzt werden, muss ich mit Kritik rechnen. Mein Plus ist es aber, dass ich völlig unvoreingenommen gegenüber der Politik und der Verwaltung und mit objektivem Auge an meine Arbeit gehe. Kritik gäbe es auch, da bin ich mir sicher, wenn ich Kandidat einer bestimmten Fraktion gewesen wäre.

Sie sind auch mit dem Slogan angetreten, die Verwaltung den Bürgern näher zu bringen. Wie wollen Sie das anpacken?

Bauer:

Ab September wird es eine Bürgermeister-Sprechstunde geben, außerdem werde ich eine Veränderung der Rathaus-Öffnungszeiten prüfen. Allerdings muss ich zunächst sehen, ob genügend Personal vorhanden ist, um das zu leisten.

Sind Sie noch offiziell im Polizeidienst?

Bauer:

Ja, bis Ende Mai habe ich Urlaub. Dann bekomme ich meine gesetzliche Kündigung, das Beamtenverhältnis in Hamburg erlischt.

Können Sie zur Polizei zurückkehren, wenn Ihre Amtszeit als Bürgermeister nach sechs Jahren ausläuft und Sie nicht wiedergewählt werden?

Bauer:

Es besteht die Möglichkeit, zur Polizei zurückzukehren. Dafür habe ich eine Zusage.

Sind Sie vor der Vereidigung aufgeregt?

Bauer:

Die Anspannung und Aufregung hat sich gelegt. Ich werde Lampenfieber haben, aber wohl nicht sehr aufgeregt sein. Von Woche zu Woche verspüre ich aber eine größere Vorfreude.

Werden Sie ihre Rede im Bürgerhaus frei halten oder gibt es ein Manuskript?

Bauer:

Diese Rede habe ich ausformuliert, ob ich mich dann wirklich eng daran halte, entscheide ich spontan.

Sind Sie eigentlich ein geübter Redner?

Bauer:

Vor einem vertrauten Personenkreis kann ich aus dem Bauch heraus eine Rede halten. Je größer und fremder der Personenkreis ist, desto mehr Vorbereitung benötige ich.