Norderstedter Hilfsorganisation will mit Kindergruppe kontinuierlich für den Nachwuchs im Ehrenamt sorgen

Norderstedt. Emelie hat bei der Rettung von Verletzten am meisten Spaß gehabt. Julia erinnert sich gern an die Übung im alten Rettungstunnel, und Joey erinnert sich noch gut daran, wie er gemeinsam mit den anderen Kindern einen Lastwagen über den Hof gezogen hat. „Mit der Seilwinde ging das toll“, sagt der Achtjährige. Joey und die anderen Kinder wissen mehr über Rettung und Einsätze in Notlagen als manche Erwachsene. Alle zwei Wochen treffen sich die Jungen und Mädchen beim Technischen Hilfswerk (THW) in Norderstedt und verbringen einen aufregenden Nachmittag miteinander.

THW-Minis heißt die Gruppe für Sechs- bis Neunjährige, die auf Dauer für Nachwuchs in der Hilfsorganisation sorgen. Die freiwilligen Feuerwehren und andere Helfer beginnen erst im Jugendalter, Jungen und Mädchen für ihre Organisationen zu gewinnen. Das Norderstedter THW will bereits die Kinder für die ehrenamtliche Arbeit begeistern.

„Für uns gehören die THW-Minis zur Nachwuchsgewinnung“

„Wir sind als Pilotprojekt vor drei Jahren damit gestartet“, sagt THW-Helferin Claudia Dieckvoss, die gemeinsam mit zwei Kollegen die Minis betreut. „Jetzt machen immer mehr Ortsverbände mit.“ Im Kreis Segeberg sind die Norderstedter Helfer jedoch die einzigen, die ein Programm für Kinder im Grundschulalter im Angebot haben. Zwölf Kinder machen mit, und der Bedarf ist groß. Inzwischen müssen Dieckvoss und ihre Kollegen eine Warteliste führen und denken darüber nach, eine zweite Mini-Gruppe zu gründen.

„Für uns gehören die THW-Minis zur Nachwuchsgewinnung“, sagt Claudia Dieckvoss. Der Anteil der Jungen in der Gruppe ist hoch, zehn von zwölf Mitgliedern sind Jungen. Auch ihre eigenen Söhne sind dabei. „Die interessieren sich besonders für die Technik“, sagt sie.

Helm und Spezialhandschuhe sind für den Nachwuchs Pflicht

Heute steht bei der Gruppe der Einsatz mit dem EGS auf dem Programm. Das Kürzel steht für Einsatzgerüstsystem und stellt die Kinder vor die Aufgabe, ein Gerüst zu bauen, das im Ernstfall als Plattform für die Helfer dienen soll. Das Prinzip ist dasselbe wie im Handwerk: Aus Einzelteilen wird das EGS von unten nach oben zusammengesteckt. Die Teile bestehen aus Metall. sodass viele Kinderhände gleichzeitig zupacken müssen. Joey schwingt den Zimmermannshammer, um die Verriegelungen zu fixieren. Helm und Spezialhandschuhe sind für den Nachwuchs Pflicht, um Verletzungen zu verhindern. Alle Kinder tragen Einsatzkleidung und sind als THW-Helfer zu erkennen. Die THW-Helfervereinigung hat die Kleidung besorgt.

Spielerisch, aber mit echten Einsatzmitteln lernen die Kinder erste handwerkliche und theoretische Grundlagen für die THW-Arbeit der Großen. Dazu gehört es, „Verletzte“ zu tragen, sich an Leitern zu gewöhnen und Nägel ins Holz zu schlagen. „Wir haben auch schon eine Erste-Hilfe-Ausbildung gemacht“, sagt Claudia Dieckvoss. Neben dem Wissen, das sich die Kinder spielerisch aneignen, erfahren sie, dass sie ihre Aufgaben nur im Team bewältigen können.

Als weiteren Programmpunkt planen die Betreuer außerdem, Helfer einzuladen, sie echte Einsätze hinter sich haben. Das Norderstedter THW schickt regelmäßig Fachleute in Krisengebiete, um humanitäre Krisen zu bewältigen. Dazu gehören aktuell Einsätze in Jordanien und im Irak, wo in Lagern Hunderttausende Menschen Zuflucht vor dem Bürgerkrieg in Syrien gesucht haben.

Auch das Norderstedter Deutsche Rote Kreuz (DRK) setzt inzwischen auf die Nachwuchsgewinnung im Grundschulalter. Seit acht Wochen treffen sich einmal pro Woche sieben Kinder. Auch eine Jugendgruppe hat sich neu etabliert. Die Kinder- und Jugendarbeit lag lange Zeit brach, jetzt will das Rote Kreuz in Norderstedt seine Arbeit mit jungen Menschen wieder aufleben lassen. „Wir fangen gerade erst wieder an“, sagt Vorstandsmitglied Sabine von Hardenberg.

Auch beim Kreisfeuerwehrverband sind Kindergruppn ein Thema

Auch die Norderstedter Feuerwehren wollen sich künftig verstärkt um die Kleinen kümmern, um langfristig den Nachwuchs sicherzustellen. „Wir haben das erkannt und arbeiten an einem Konzept“, sagt der stellvertretende Gemeindewehrführer Matthias Huhn. Bislang können Kinder bei der Feuerwehr erst im Altern von zehn Jahren einsteigen. Dann steht ihnen die Jugendfeuerwehr offen.

Auch beim Kreisfeuerwehrverband sei die Gründung von Kindergruppen ein großes Thema, sagt Huhn. „Das ist eine gute Sache.“ Auch die Jugendfeuerwehrwarte hätten großes Interesse signalisiert. Doch noch sei das Projekt nicht spruchreif.